Thailand hat sich in den letzten Jahren zu einem der wichtigsten Standorte im Bereich der Fertigung elektronischer und feinmechanischer Produkte entwickelt. Unter anderem Festplatten- und Kamerahersteller setzen stark auf diesen Standort:
Nachdem wir in einem ersten Teil zum einen die Auswirkungen der Flutkatastrophe und zum anderen Thailands Weg zum Industriestaat geschildert hatten, wollen wir nun im diesem zweiten und letzten Teil ausgewählte Firmen vorstellen, die in Thailand fertigen lassen.
Western Digital
Western Digital Thailand (WD) beschäftigte im Jahre 2009 39.000 Mitarbeiter (Frauenquote: 90 %) in seinen beiden Werken in Bangpa-in (29.000 Beschäftigte) und Navanakorn (10.000 Beschäftigte). Aktuell soll sich die Zahl der Mitarbeiter um 2.000 reduziert haben. Die Ansiedlung von WD geht zurück auf die Übernahme der thailändischen Unternehmensteile des insolventen Zulieferers Ride Rite. Read-Rite Thailand Co. Ltd. verfügte über eine Fertigungsstätte im Bangpa-in Industrial Estate in der Provinz Ayutthaya und einen Standort bei Bangkok. Das von zwei ehemaligen Memorex-Mitarbeitern 1981 in Kalifornien gegründete Unternehmen hatte sich auf die Fertigung von Schreib-/Leseköpfen für Magnetbandmaschinen und Festplatten und die zugehörige Mechanik spezialisiert und 1991 die entsprechenden Abteilungen von Maxtor und Conner Peripherals in Malaysia übernommen. Im Jahre 2002 kam das Unternehmen in Schwierigkeiten, weil seine Schreib-/Leseköpfe in 40-GB-Laufwerken zu Ausfällen führten. Read Rite meldete Insolvenz nach Chapter 7 an und WD übernahm im Jahre 2003 die Fertigungsstandorte in Thailand. Im zweiten Quartal 2011 soll WD etwa 54 Millionen Festplatten aus seinen Standorten in Malaysia und Thailand versandt haben. Davon kamen 60 % aus Thailand.
Mit der Übernahme von Hitachi Global Storage kamen mit den Werken in Prachinburi (1997 gegründet) und Chonburi (2011 gegründet) zwei weitere Standorte in Thailand hinzu.
Seagate
Das Unternehmen kam 1988 ins Land und betreibt seit dieser Zeit das Werk Seagate Teparuk in der Provinz Samut Prakan, südlich von Bangkok. Mit stattlichen Steuerprivilegien ausgestattet, wurden die Aktivitäten in den Folgejahren deutlich ausgeweitet. Mit etwa 35.000 Beschäftigten war Seagate bis in die 1990er Jahre der größte industrielle Arbeitgeber Thailands. Ein Teil der Fertigungsanlagen waren damals im Bereich der heutigen Kernstadt von Bangkok angesiedelt. Noch vor der Asienkrise entschloss sich Seagate, die meisten bisherigen Arbeitsplätze, deren Steuerprivilegien ausgelaufen waren, aufzugeben und startete mit staatlicher Unterstützung den Aufbau einer neuen Fertigung im Nordosten. Die Tatsache, dass das Werk in Korat als Neuinvestition gefördert wurde, obwohl die Zahl der Seagate-Mitarbeiter in Thailand durch diese Maßnahmen auf ein Drittel reduziert wurde, war damals im Lande nicht unumstritten. Seagate Korat in Nakhon-Ratchasima wurde 1996 gegründet und stellt neben einzelnen Bauteilen auch komplette Festplatten her. Im automatisierten Teil der Produktion soll alle vier Sekunden eine Festplatte montiert werden. Derzeit sind am Standort in Teparuk über 11.000 Mitarbeiter und in Korat 1.800 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 70 Ingenieure.
In Thailand stellte Seagate zuletzt 50 Millionen Festplatten pro Jahr her. Seagate will nach eigener Aussage die Aktivitäten in Thailand in den Bereichen Forschung und Entwicklung zu erweitern. Im Jahre 2006 entschied man sich jedoch für die Verlagerung der anstehenden Neuinvestitionen in Höhe von 40 Milliarden Baht ins Nachbarland Malaysia. Grund dafür war unter anderem, dass Thailand die Verlängerung der Steuerfreiheit von sieben auf 15 Jahre nicht zugestehen wollte und Malaysia offensichtlich bessere Standortkonditionen bot.
Toshiba Storage Device
Toshiba kam im Jahre 2009 mit der Übernahme der Festplattenabteilung von Hitachi, zu dem auch die ehemalige IBM-Festplattenabteilung zählte, in den Besitz einer thailändischen Fertigungsstätte für Festplatten. Aus Fujitsu (Thailand) Co., Ltd. (FTC) wurde Toshiba Storage Device (Thailand) Co, Ltd.(TSDT). Das Werk befindet sich in der Navanakorn Industrial Estate Zone in Pathumthani. Beschäftigt werden in dem Werk, das sich auf die Fertigung von 2,5“-Festplatten konzentriert, im Normalbetrieb 3.900 Mitarbeiter.
Nikon
Nikon verfügt im Rojana Industrial Estate über insgesamt vier Werke und hat dort die Produktion der DSLR-Kameras unterhalb der D 700 und die Fertigung zahlreicher Wechselobjektive angesiedelt. Auch die Sonnenblende zum 1-Nikkor-30-110-mm-Objektiv, das in China produziert wird, kommt aus Thailand. Die thailändischen Werke sind inzwischen der größte Fertigungsstandort der Kameraabteilung von Nikon. Nikon beschäftigt in Ayutthaya in normalen Zeiten etwa 8000 Mitarbeiter, davon etwa die Hälfte direkt und die anderen als Leiharbeiter.
Wie die englischsprachige thailändische Tageszeitung „The Nation“ im Juli 2007 meldete, erhielt Nikon für seine knapp 520 Millionen Baht teuere Erweiterung im Rojana Industrial Park eine nicht näher beschriebene Steuerbefreiung durch das Board of Investment (BOI), weil man sich durch diese Erweiterung mehr als 5.000 neue Arbeitsplätze versprach.
Sony
Sony hat mit dem Werk von Sony Technology Thailand Co., Ltd. im Hi Tech Industrial Estate in Bang Pa-In inder Provinz Ayutthaya und dem Sensor-Packaging-Werk der Sony Device Technology (Thailand) Co., Ltd. in Bangkadi zwei Standorte in Thailand, in denen Produkte für die Fotobranche hergestellt werden. Das Werk in Ayutthaya zählte früher zur Sony Siam Industries Co., Ltd. und produzierte TV-Geräte und verwandte Produkte, bevor es für die Produktion der SLT-Systemkameras mit feststehendem Spiegel und der Nex-Kameras sowie die Fertigung von Objektiven umgerüstet wurde.
Im Sommer 2010 erhielt Sony BOI-Privilegien für die Erweiterung seiner fototechnischen Produktion in Thailand. Das Investitionsvolumen soll 2,6 Milliarden Baht betragen. Sony will jährlich 2,1 Millionen Kameras, 2,73 Millionen Objektive und 2,2 Millionen Zubehörteile produzieren. Als Standort für die Investition wird der Ban Wa Industrial Estate angegeben. Bei Ban Wa handelt es sich um eine andere Schreibweise für den Hi Tech Industrial Estate.
Zulieferer für die Hersteller von elektronischen und fototechnischen Produkten
Handelte es sich bei den ersten Ansiedlungen von Herstellern elektronischer Produkte noch um reine Monatgebetriebe, die aus dem Ausland gelieferte Komponenten zu Baugruppen oder fertigen Produkten zusammenfügten, so hat sich schon in den 1990er Jahren die Fertigungstiefe im Land zügig erhöht. Zu den Festplattenherstellern wie Seagate kamen im Laufe der Jahre Bauteileproduzenten wie Read Rite, die Schreib-/Leseköpfe für Festplatten produzierten. Zu Beginn der Industrialisierung mussten selbst Leiterplatten importiert werden. Hier etablierten sich zuerst kleine Zulieferer wie Microline Research im Bangkoker Stadtteil Lardprao, die von lokalen Elektronik-Herstellern gegründet wurden und mittelständische Kunden versorgten. In der Folge der großen Investitionen aus den USA und Japan wurden dann auch Zweigwerke internationaler Leiterplattenhersteller errichtet.
Im Jahre 2003 überstieg der Wert der in Thailand produzierten Leiterplatten den Betrag von 700 Millionen USD. Mit der Ansiedlung weiterer Leiterplattenfabriken ist Thailand derzeit dabei, den dritten Rang im asiatischen Leiterplattenmarkt einzunehmen. Um diese Entwicklung würdigen zu können, muss man wissen, dass Leiterplatten nicht nur in IT-Produkten und Kameras zum Einsatz kommen, sondern auch im Automobilbereich. Und in diesem Sektor hat sich Thailand, und hier vor allem das Eastern Seabord südöstlich von Bangkok, inzwischen zu einem der wichtigsten weltweiten Fertigungsstandorte für PKWs entwickelt. So hat Toyota die gesamte Pickup-Produktion nach Thailand verlagert. Auch andere japanische Hersteller setzen auf die Fertigung in Thailand, sei es in eigenen Werken oder bei lokalen Lohnfertigern, die von hier aus den Weltmarkt beliefern. Kamen in der Automobilfertigung ursprünglich eher einfache, einlagige Leiterplatten zum Einsatz, so werden heute in Thailand praktisch alle Arten von Leiterplatten produziert, die im Fahrzeugbau zum Einsatz kommen. Der Automotive-Bereich ist heute für etwa 40 % der Leiterplattenproduktion in Thailand verantwortlich.
Starre Leiterplatten werden heute von mehreren Firmen hergestellt, darunter KCE Electronics Public Company Limited in Lat Krabang/Bangkok . die etwa 3200 Mitarbeiter beschäftigen und auch eine eigene Fertigung für die benötigten Vormaterialien haben. Auch die 1987 gegründete Elec & Eltek Thailand (EETH), eine Tochter der Elec & Eltek International Company Limited (E&E), ursprünglich aus Hongkong und heute mit Sitz in Singapur und seit 2004 Teil der Kingboard Chemical Holdings Ltd., produziert starre Leiterplatten. Mit der zum Konzern zählenden Pacific Insulating Material (Thailand) Ltd. hat das Unternehmen Zugriff auf eine eigene Produktion der benötigten Vormaterialien.
Toei Denshi (Thailand) Co., Ltd. in Chonburi ist ein weiterer Hersteller von Leiterplatten. Das Unternehmen zählt zur japanischen Kyoden Co.,Ltd. Die PCB Center Co., Ltd. im Saha Pat Industrial Park in Sriracha in der Provinz Chonburi geht zurück auf die 1989 erfolgte Gründung durch den Unternehmer James Loh aus Hongkong und zählt heute die Saha Patthana Inter-Holding, die Bangkok Bank und die finnische Aspocomp zu ihren Eigentümern, wobei vor allem der finnische Anteil in den letzten Jahren stark schwankte.
Flexible Leiterplatten werden in Thailand von einer Tochter der US-amerikanischen Innovex , der Nippon-Mektron-Tochter Mektec Manufacturing Corporation (Thailand) Ltd., / MMCT und PCTT, einer Tochter der japanischen Fujikura Corporation, produziert. Alle drei Hersteller haben zusätzlich zur Leiterplattenproduktion auch weitere Fertigungsschritte übernommen. So bestückt Mektec flexible Leiterplatten im Flip-Chip-Verfahren mit ungehäusten Dies (das sind die unverpackten Silizium-Bausteine) für alle verbliebenen Festplattenhersteller. Die PCTT Ltd. verfügt in Thailand über insgesamt vier Fertigungsstätten; die Muttergesellschaft Fujikura Corporation darüber hinaus über acht weitere Tochterunternehmen im Lande. Die genaue Aufteilung der Fertigungsschritte zwischen den einzelnen Konzerntöchtern lässt sich von außen praktisch nicht ermitteln und verändert sich abhängig von der jeweiligen Auslastung der Fertigungsstätten permanent.
Ursprünglich als reine Fertigungstochter der taiwanesischen Delta Electronics, Inc. gegründet, hat das im Süden Bangkoks angesiedelte Unternehmen Delta Electronics (Thailand) PCL die Fertigungstiefe kontinuierlich erhöht und fertigt heute von Leiterplatten über externe Netzteile komplette elektronische Geräte für Dritte und unter der Eigenmarke Innergie.
Verlagerung der Fertigungsbetriebe in den Norden und Nordosten
Aufgrund der besseren Infrastruktur wurden viele Elektronikfabriken anfänglich innerhalb eines Radiuses von etwa 100 km um Bangkok angesiedelt. Die zunehmend verbesserte Infrastruktur im Land ermöglicht inzwischen auch eine stärkere Dezentralisierung.
So hat die US-amerikanische Innovex mit einer Produktionsstätte in der Nähe von Bangkok (Joint Venture mit der thailändischen Hana Microelectronics) begonnen und betreibt heute die Hauptfertigung in einem eigenen Werk im Northern Region Industrial Estate in Lamphun, 30 km südlich von Chiang Mai im Norden des Landes.
Auch Unternehmen wie die Benchmark Electronics ( Thailand ) Public Company Limited mit dem thailändischen Hauptsitz im Hi-Tech Industrial Estate in Bang Pa-In in der Provinz Ayutthaya betreibt heute ein weiters Werk in Nakhon Ratchasima. Auch die Panasonic Electric Works (Thailand) Co., Ltd. in Navanakorn haben inzwischen mit der Panasonic Electric Works (Khon Kaen) Co., Ltd. einen weiteren Fertigungsstandort „up-country“, wie in Thailand alle Gebiete außerhalb der Hauptstadtregion genannt werden.
Die Flut hat die Fertigung in den zahlreichen Fabriken in diesem Jahr massiv in Mitleidenschaft gezogen, doch gehen viele Betroffenen davon aus, dass die Folgen mit dem kommenden Jahreswechsel, der in Thailand Mitte April stattfindet, nicht nur überwunden sind, sondern dass die für den Wiederaufbau der Fabriken notwendigen Investitionen, die meist aus dem Ausland kommen, für einen neuerlichen Wachstumsschub sorgen werden.
(CJ)
Siehe auch:
Thailands Bedeutung für die digitale Welt (Teil 1)
Hochwasser beeinträchtigt Kameraproduktion in Thailand
Hochwasser in Thailand: Produktionsausfälle bei Canon, Nikon und Sony
Die Flut in Thailand
Die Hälfte … Leiharbeiter…..
Wenn ich mir vorstelle das ich ein Produkt eines Sklavenhalters verwende der zusätzlich noch Steuer Befreiungen erhält weil er in eine schwach entwickelte Region „investiert“ hat, dann überlege ich ob ich meine bisherige Ausrüstung verkaufe und zu einem anständiger handelndem Unternehmen wechseln soll.
Das ist unanständiges Verhalten einem Schwächeren gegenüber. Ich hätte so etwas von Nikon nicht erwartet. Schon gar nicht wenn man bedenkt das sie ihre Produkte eher im oberen Preissegment an den Kunden bringen und vermarkten.
Sehr gut finde ich das photoscala die Fakten zusammengetragen hat. Ich muss euch loben, eine verständliche, neutrale Arbeit ohne Tendenzen und Beurteilungen. Klasse!
Zum Thema Leiharbeit
kannst Dich auch hier zu Lande umschaun: Vorzugsweise vielleicht in der Autoindustrie. Von der immer breiteren Prekarisierung der Arbeitsverhältnisse, bis hin zum beschämenden Hartz IV, spielt auch in Deutschland die Kapitalismusorgel rauf und runter.
Dem Land geht es doch durch
Dem Land geht es doch durch die Investitionen und Lohnzahlungen deutlich besser als je zuvor. Sicherlich sind die Löhne zu gering aber besser geringe Löhne als gar keine. Nur durch diese Steuerleichterungen schafft es das Land große Konzerne anzulocken und so die Wirtschaftskraft und den Wohlstand zu fördern. Besser beszahlt als auf irgendwelchen Reisfeldern ist die Arbeit in jedem Fall und das ist doch schon mal ein Gewinn im Vergleich zu vorher.
Nikon sollte in jedem Fall seine Fabriken in Entwicklungsländern aufbauen und dort Arbeitsplätze schaffen und nicht in reichen Industrieländern.
Die Hälfte … Leiharbeiter…..
“Ich hätte so etwas von Nikon nicht erwartet…”
Oh, wie süß – dann weine mal…
Und nicht vergessen (beim Frühstück z.B.) – dein Kühlschrank ist voll, wobei viele wo anders (in Afghanistan z.B.) nicht mal den Strom haben, geschweige schon einen Kühlschrank…
Und ich wette mit Dir, daß das was Du am Ende des Monats an Gehalt überwiesen bekommst, hast Du auch nicht verdient, nur ein Teil davon (!) vielleicht.
“…dann überlege ich ob ich meine bisherige Ausrüstung verkaufe und zu einem anständiger handelndem Unternehmen wechseln soll.”
Aha, und das wäre?????
-kopfschütteln-
Na klar…
[quote]Nikon sollte in jedem Fall seine Fabriken in Entwicklungsländern aufbauen und dort Arbeitsplätze schaffen und nicht in reichen Industrieländern.[/quote]
Schonmal in einem asiatischen “Industriegebiet” gewesen? Schaus dir mal an…Sofern es sich nicht nur um reine manuelle arbeiten handelt, ist die Migration vor allem pollution outsourcing. Nachdem Sie sich in Taiwan/Korea/(China) inzwischen schon nicht mehr alles erlauben können ab nach Indien/Indonesien/Thailand. Zurück bleibt verbrannte Erde im eigentlichen Sinn!
Und ja, es geht nur ums Geld – Nikon will nicht nur Geld mit seinen Produkten verdienen, sondern unverschämt viel! Denn als Philanthropen bräuchten sie ja nicht 50 % Leiharbeiter!
Einfältigkeit
Die einfältigen Kommentare passen zum einfältig formulierten Artikel und zum “Exportweltmeister” Deutschland…