Foto Gisèle Freund, Selbstporträt mit Kamera, Mexico City, 1950Gisèle Freund zählt nicht nur zu den wichtigsten Fototheoretikern des vergangenen Jahrhunderts, sie hat auch fotografiert: „Ich hatte weder den Anspruch, Kunstwerke zu schaffen, noch neue Formen zu erfinden, sondern sichtbar zu machen, was mir am Herzen lag: der Mensch, seine Freuden und Leiden, seine Hoffnungen und Ängste.“

 
 
 
 
 

Foto Gisèle Freund, Selbstporträt mit Kamera, Mexico City, 1950

Gisèle Freund, Selbstporträt mit Kamera, Mexico City, 1950
Schwarzweißfotografie, Silbergelatine-Abzug
© Courtesy Sammlung Dr. Marita Ruiter, Galerie Clairefontaine, Luxemburg

Gisèle Freund

FOTOGRAFIE

Einhundert, zum Teil handsignierte Fotografien von Gisèle Freund (1908–2000), die zu den wichtigsten Fotografinnen und Fototheoretikerinnen ihrer Zeit gehört, erzählen in der Kunsthalle Jesuitenkirche eine Geschichte voller Glück und Leid. Dabei stehen längst vergangene Ereignisse sowie wie die Porträts der intellektuellen Avantgarde der 40er bis 70er Jahre des 20. Jahrhunderts im Fokus der Kamera. Schillernder und gleichermaßen unmittelbarer als jedes Boulevardmagazin es schildern könnte, vermitteln die Fotografien die unterschiedlichsten Eindrücke: von interessant und reizvoll über lasziv-verrucht bis hintergründig und abgründig. Der Betrachter wird zum Voyeur und lässt sich ein auf ein Tête-à-Tête mit berühmt-berüchtigten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts.

Porträtaufnahmen von Simone de Beauvoir, James Joyce und Virginia Woolf, von Philosophen wie Jean-Paul Sartre und Künstlern wie Marcel Duchamp, Frida Kahlo und Henri Matisse verliehen Freund das Image einer „Porträtistin des Geistes“. Viele der berührenden Charakterstudien sind in Farbe aufgenommen und oft die einzig existierenden Farbbilder der Porträtierten. Dabei verzichtete sie auf jegliche Art von Retusche. In einem teilweise schonungslosen Realismus sprechen die Gesichter eine eigene Sprache. Gerade Schriftsteller reizten sie, da nicht ihre Person, sondern ihre Schriften im Vordergrund stehen. Die schon früh politisch aktive Gisèle Freund kommentierte mit ihrer Kunst jedoch auch kritisch die Ereignisse ihrer Zeit und verursachte etwa mit ihrer Reportage über die legendäre First Lady Argentiniens, Evita Perón, 1950 einen Skandal, der zu einer diplomatischen Krise zwischen Argentinien und den USA führte.
 

Foto Gisèle Freund, Simone de Beauvoir, Paris 1948

Gisèle Freund, Simone de Beauvoir, Paris 1948
Farbfotografie, Chromogener Farbdruck
© Courtesy Sammlung Dr. Marita Ruiter, Galerie Clairefontaine, Luxemburg
 
 
Foto Gisèle Freund, Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, Saal der Mutualité, Paris 1935

Gisèle Freund, Internationaler Schriftstellerkongress zur Verteidigung der Kultur, Saal der Mutualité, Paris 1935
Schwarzweißfotografie, Silbergelatine-Abzug
© Courtesy Sammlung, Dr. Marita Ruiter, Galerie Clairefontaine, Luxemburg

 
Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Sammlerin Dr. Marita Ruiter (Galerie Clairefontaine, Luxemburg) entstand, zeigt die bedeutendsten Werke einer der großen Frauen des 20. Jahrhunderts, die sich selbst ihr Lebtag dagegen gewehrt hat, als Künstlerin angesehen zu werden. Die promovierte Soziologin, die eine bis heute gültige Arbeit zur Geschichte und Theorie der Fotografie verfasste, „war nie der Meinung, Photographie sei Kunst“. Doch die zahlreichen schwarz-weißen und frühen Farbaufnahmen, die eine ganz eigene Ästhetik voll dumpfer Farbigkeit versprühen, vermitteln genau das Gegenteil: nämlich die künstlerische Qualität ihres fotografischen Blicks, Ereignisse und Personen so unmittelbar einzufangen, wie wir sie sonst nie gesehen hätten.
 
 
Ausstellung:
Gisèle Freund – Fotografie
5. November 2011 bis 1. Januar 2012

Kunsthalle Jesuitenkirche
Pfaffengasse 26
63739 Aschaffenburg

Museen der Stadt Aschaffenburg

Öffnungszeiten: Di 14 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 17 Uhr, Mo geschlossen
Am 24., 25. und 26.12. sowie am 31.12. 2011 und am 1.1.2012 ist die Ausstellung geschlossen.

Eintritt:
4,00 €, erm. 3,50 €
Öffentliche Führungen: Jeden Sonntag um 11 Uhr, jeden Dienstag um 19 Uhr
Familienführungen: „Vom Schnappschuss zur Fotokunst – vom Mensch zur Ikone“
Sonntag, 27. November 2011 um 15 Uhr, Sonntag, 11. Dezember 2011 um 15 Uhr, Dienstag, 27. Dezember 2011 um 15 Uhr

Frauenführungen mit Kaffee und Gespräch:
Mittwoch, 16. November 2011 um 10 Uhr, Mittwoch, 30. November 2011 um 10 Uhr, Mittwoch, 14. Dezember 2011 um 10 Uhr, Mittwoch, 28. Dezember 2011 um 10 Uhr

Führungen auf Anfrage: Tel. +49(0)60 21 – 3 86 88 66
 

Foto Gisèle Freund, Kind eines Arbeitslosen, England, 1936

Gisèle Freund, Kind eines Arbeitslosen, England, 1936
Schwarzweißfotografie, Silbergelatine-Abzug
© Courtesy Sammlung Dr. Marita Ruiter, Galerie Clairefontaine, Luxemburg

 
(thoMas)