Eastman Kodak rutscht im dritten Geschäftsquartal 2011 tiefer in die roten Zahlen. Bislang gibt es keine Einnahmen aus dem groß angekündigten Patentverkauf. Stattdessen benötigt der Konzern Notkredite und wendet sich „vertrauensvoll“ an Hedgefonds:
Das dritte Geschäftsquartal 2011 (Juli bis September) bringt bei Eastman Kodak keine Besserung Kodak Reports 3rd Quarter 2011 Results, Steady Progress in Transformation (PDF-Datei). Der Quartalsumsatz sinkt gegenüber dem Vorjahr um 17 % auf 1,46 Mrd. US-Dollar (ca. 1,06 Mrd. €). Der Vorjahresumsatz enthält allerdings auch Einnahmen aus der Lizenzvergabe (210 Mio. US-Dollar = ca. 152 Mio. €). Werden diese herausgerechnet, sinkt der Umsatz um 5 %. Der operative Verlust hat sich mit 222 Mio. US-Dollar (ca. 161 Mio. €) mehr als verfünffacht.
Dennoch beschwört Kodak-Vorstandschef Antonio Perez (links im Bild) auch weiterhin das erfolgreiche Einleiten der Kehrtwende allein, die Quartalszahlen erzählen eine andere Geschichte.
Der Geschäftsbereich „Consumer Digital Imaging Group“ (Digitalkameras, Drucker, Videokameras, digitale Bilderrahmen) erzielt mit 408 Mio. US-Dollar (ca. 296 Mio. €) rund 39 % weniger Umsatz als im Vergleichsquartal. Kodak betont, dass sich der Umsatz um 53 Mio. US-Dollar (ca. 38,5 Mio. €) verbessert habe, wenn die Lizenzeinnahmen aus dem Vorjahr unberücksichtigt bleiben. Diesen Umsatzzuwachs schreibt Kodak vor allem den starken Verkäufen von Tintenstrahldruckern zu. Der Geschäftsbereich muss aber einen Quartalsverlust in Höhe von 90 Mio. US-Dollar (ca. 65 Mio. €) ausweisen.
Der Bereich „Graphic Communications Group“ (Business-Lösungen im Druckbereich, Scanner, Bildverarbeitung) erzielt mit 665 Mio. US-Dollar (ca. 483 Mio. €) einen leicht verbesserten Quartalsumsatz. Aber auch dieser Geschäftsbereich schreibt mit 55 Mio. US-Dollar (ca. 40 Mio. €) einen operativen Verlust.
Der Umsatzeinbruch bei „Film, Photofinishing and Entertainment Group“ ist auch weiterhin nicht gestoppt. Die Umsätze fallen um 10 % auf 389 Mio. US-Dollar (ca. 283 Mio. €). Der operative Gewinn sinkt auf 15 Mio. US-Dollar (ca. 11 Mio. €). Interessanterweise handelt es sich bei diesem Geschäftsbereich mit dem „antiquarischen“ Filmgeschäft um den Einzigen, der einen Gewinn erzielen kann.
Die Kassenlage hat sich bei Kodak verschlechtert. Die Barmittel (so genannte „cash and cash equivalents“) betragen 862 Mio. US-Dollar (ca. 626 Mio. €). Damit hat sich der Kassenbestand innerhalb eines Jahres fast halbiert. photoscala hatte bereits anlässlich des zweiten Geschäftsquartals auf die Problematik des „Geldverbrennens“ und einer sinkenden Kreditwürdigkeit hingewiesen: Kodak ohne Unternehmensvision: Patentausverkauf steht bevor. Nun soll Kodak Agenturmeldungen zufolge mit mehreren Hedgefonds über Notkredite in Höhe von bis zu 900 Mio. US-Dollar (ca. 655 Mio. €) mit einer Laufzeit von vier bis sechs Monaten verhandeln. So lange die Einnahmen aus den angedachten Patentverkäufen ausbleiben, muss der Konzern andere Finanzierungswege suchen.
So weist Kodak denn auch vorsorglich auf noch ausstehende Einnahmen aus den Patentrechtsverletzungsverfahren gegen Apple und Research in Motion hin (s. S. 31: Quarterly report pursuant to Section 13 or 15(d) of the Securities Exchange Act of 1934).
Der Konzern erhöht seine Verlustprognose für das laufende Geschäftsjahr auf 400 bis 600 Mio. US-Dollar (ca. 290 Mio. bis 440 Mio. €).
Zeitraum | Konzernumsatz in Mio. $ | Operativer Gewinn in Mio. $ | siehe auch: |
Jan. März 2008 | 2.093,0 | -81,0 | |
April Juni 2008 | 2.485,0 | -18,0 | Kodak sieht sich auf dem richtigen Weg |
Juli Sept. 2008 | 2.405,0 | 147,0 | Kodak mit deutlichem Gewinnzuwachs |
Okt. Dez. 2008 | 2.433,0 | -133,0 | Kodak stürzt im zweiten Halbjahr 2008 ab |
Gesamtjahr 2008 | 9.416,0 | -85,0* |
* Kodak meldet 120 Mio. $ Verlust, die sich aber rechnerisch nicht ergeben; hier kann es zu nachträglichen Verschiebungen in der Rechnungslegung gekommen sein. |
Jan. März 2009 | 1.477,0 | -360,0 | Kodak verdreifacht den Quartalsverlust |
April Juni 2009 | 1.766,0 | -191,0 | Kodak sitzt in der Verlustzone fest |
Juli Sept. 2009 | 1.781,0 | -111,0 | Kodak; ein Schatten vergangener Jahre |
Okt. Dez. 2009 | 2.582,0 | 430,0 | Kodak-Patente mindern Kodak-Verluste |
Gesamtjahr 2009 | 7.606,0 | -232,0 | |
Jan. März 2010 | 1.933,0 | 119,0 | Kodak wieder mit Quartalsgewinn |
April Juni 2010 | 1.569,0 | -167,0 | Eastman Kodak – zurück in der Verlustzone |
Juli-Sept. 2010 | 1.758,0 | -43,0 | Eastman Kodak: Millionen-Einnahme durch Lizenzgeschäft |
Okt.-Dez. 2010 | 1.927,0 | 33,0 | Eastman Kodak: Lizenzeinnahmen rückläufig – Digitalgeschäft schrumpft |
Gesamtjahr 2010 | 7.187,0 | -58,0 | |
Jan.-März 2011 | 1.322,0 | -249,0 | Kodak: Fehlendes Lizenzgeschäft rächt sich |
April-Juni 2011 | 1.485,0 | -179,0 | Kodak ohne Unternehmensvision: Patentausverkauf steht bevor |
Juli-Sept. 2011 | 1.462,0 | -222,0 |
Siehe auch: Geschäftsberichte lesen und verstehen
(agün)
Manchen Firmen
ist halt nicht zu helfen – da fährt der Hedgefond drüber … :-/
Hört sich bei den
Spezialisten in Bilanzen lesen und interpretieren an, als ginge es hier um Pillepalle. Der Konzern macht immer noch einen Umsatz von mehreren Milliarden pro Jahr. Wenn ich das richtig sehe, mindestens auf Augenhöhe mit Panasonic oder Sony, wenn nicht sogar höher. Allein der Wert einzelner Unternehmensbereiche dürfte für Hedgefonds ziemlich interessant sein.
Was sich allerding schon recht deutlich ablesen lässt, ist, dass die schiere Größe derartiger Unternehmen sich immer schwieriger steuern lässt. Dazu kommt noch die Fantasielosigkeit der Unternehmensführung gepaart mit der Angst um wirklichen Absturz, der keinerlei echte Innovation mehr zulässt. Bzw. ist dann kein Kapital mehr da, der Zukäufe von Innovationsträgern erlaubt. Eine etwas fatale Spirale nach unten. Vermutlich wird über kurz oder lang einer oder mehrere Hedgefonds das Sagen haben und die einzelnen profitablen Teile gewinnbringend wieder aufbauen, während unprofitable Teile dann mehr oder minder sang- und klanglos verschwinden. So ist das eben.
Kodak kann es den Leuten nicht recht machen
die von Fotografie nichts verstehen.
Schleichender Exitus
I see black für den ehemaligen gelben Riesen!
Tja, Kodak hätte bei seiner
Tja, Kodak hätte bei seiner Kern-Kompetenz, dem Film, bleiben sollen. Dann wären die Gewinne höher und die Zukunft rosiger.
Dann
wär’ halt der Exitus schon früher eingetreten …
Na wer’s glaubt
[quote=Der Spanier. Viva.]Tja, Kodak hätte bei seiner Kern-Kompetenz, dem Film, bleiben sollen. Dann wären die Gewinne höher und die Zukunft rosiger.[/quote]
Genau diese Kern-Kompetenz ist ja das Problem und die paar Sensoren für die Leica’s!
Traurig
»Interessanterweise handelt es sich bei diesem Geschäftsbereich mit dem „antiquarischen“ Filmgeschäft um den Einzigen, der einen Gewinn erzielen kann.«
Seltsam. Wie wäre es denn, wenn man die Filmsparte aus dem Unternehmen ausgliederte? Dann blieben ein gesundes Film-Kodak, ein Unternehmen, das wahrscheinlich hunderte Familien ernährt und ein hirntotes Digital-Kodak. Dann wäre es auch egal wenn der digitale Teil bankrott geht – er reißt wenigstens nicht das Filmgeschäft mit in den Tod.
Film-Kodak
Wenn ich den analogen Teil auf Verschleiss fahren kann und keine Rueckstellungen fuer Maschinenreparaturen etc. benoetige,weil ich nach dem Motto “Wenn aus, dann aus” arbeiten kann, lassen sich Gewinne viel leichter realisieren.
Die Probleme bei Kodak liegen eher darin, dass die kaum noch wissen, was sie koennen und wie sie die Kunden begeistern koennten
Hospes
Sehr interessant.
Zahlen, die für sich sprechen. In allen 3 Geschäftsbereichen.
[quote=Kodak]Consumer Digital Imaging Group (Digitalkameras, Drucker, Videokameras, digitale Bilderrahmen) 408 Mio. US$ Umsatz, 90 Mio. US$ Verlust im Quartal.[/quote]
Da schlägt wohl der Rückgang niedergelassener Passbildfotografen durch. Die hatten immer 3 Knipskameras, 2 Feldstecher und ein paar analoge Bilderrahmen im Schaufenster. Jetzt halt digital. Uralte gewachsene Geschäftsbeziehungen, man hat ja früher das Filmmaterial bei Kodak bezogen. Dummerweise gibt es digitale Knipskameras längst beim Lebensmitteldiskonter am Wühltisch und der kann von den Margen billiger Chinamassenware besser leben. Die letzten Kameras, die Kodak selbst gebaut hat, hiessen Retina, wenn ich mich recht erinnere.
[quote=Kodak]Graphic Communications Group (Business-Lösungen im Druckbereich, Scanner, Bildverarbeitung) 665 Mio. US$ Umsatz, 55 Mio. US$ Verlust im Quartal.[/quote]
Dass man in diesem Bereich mit dem Namen Kodak kein Geld verdienen kann, deutet doch auf unternehmerische Unfähigkeit hin. Auch wenn für viele Printmedien die fetten Jahre vorbei sind und damit auch für die Ausrüster der Brotkorb höher hängt. Das ist aber eine Herausforderung, mit der viele Branchen fertig werden mussten.
[quote=Kodak]Film, Photofinishing and Entertainment Group 389 Mio. US$ Umsatz, 15 Mio. US$ Gewinn im Quartal.[/quote]
Interessant, dass der gute alte Film noch das meiste Geld bringt, aber das dürften eher Gewinnzahlen sein, hinter welchen man eine Großbäckerei vermuten würde. Aber immerhin noch genügend Marktpotential für ein paar solide Mittelbetriebe, um das Geschäft aus der Konkursmasse weiter führen zu können.