Nachdem zahlreiche japanische Kamerahersteller im März von den Auswirkungen des Erdbebens in Japan getroffen wurden, leiden die Kamerawerke von Nikon und Sony in Zentral-Thailand derzeit unter den Wassermassen, die sich Richtung Meer schieben:

Seit dem vergangenen Juli hat sich aufgrund der starken Regenfälle im gebirgigen Norden Thailands der Wasserspiegel der Flüsse und Stauseen dramatisch erhöht. Waren die dadurch ausgelösten Überflutungen zu Beginn ein eher regionales Problem, das in ähnlicher, wenn auch geringerer, Form jedes Jahr um diese Jahreszeit auftaucht, so haben sie inzwischen Teile des industriellen Kerns von Thailand erreicht. Im direkten Umland der ehemaligen Hauptstadt Ayutthaya, die knapp 70 Kilometer nördlich von Bangkok liegt, wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche Zweigwerke japanischer Hersteller aus dem Automobil- und Elektroniksektor errichtet. Allein der Rojana Industrial Park beherbergt knapp 200 Fabriken mit etwa 90.000 Beschäftigten. Aufgrund eines Dammbruchs in unmittelbarer Nähe des Rojana Industrial Parks wurden dort am vergangenen Wochenende offensichtlich alle Fabriken von den Wassermassen erreicht.

Inzwischen (11.10.2011) liegt auch eine Meldung von Nikon vor, dass die Nikon (Thailand) Co., Ltd., im Rojana Industrial Park in der Provinz Ayutthaya überflutet sei. Die Fertigung sei seit dem 6. Oktober eingestellt und derzeit seien die ersten Stockwerke aller Gebäude überflutet und die Ermittlung der Schäden noch im Gange. Welche Auswirkungen die Überflutung auf den weiteren Geschäftsgang und die Lieferfähigkeit habe, sei derzeit noch offen.

Man erwartet jetzt von der thailändischen Regierung, dass der Industrial Park so schell wie möglich wieder entwässert wird. Zur Erhöhung der Fließgeschwindigkeit im Chao Praya, dem Hauptfluss, der derzeit auch Bangkok bedroht, hat die Regierung alle verfügbaren Schiffe angewiesen, im Fluss vor Anker zu gehen und mit höchster Motorleistung den Wasserabfluss zu beschleunigen. Nicht auszuschließen ist bei einem derartigen Manöver jedoch, dass der durch die Schiffsbewegungen hervorgerufene zusätzliche Wellengang die Sandsackbarrieren beschädigt.

Das ebenfalls in der Provinz Ayutthaya gelegene Werk von Sony, in welchem die NEX- und die SLT-Kameras gefertigt werden, ist bislang (Stand 10.11.2011) offensichtlich nicht direkt von der Flut betroffen. Die Dämme im Umfeld des Hi-Tech-Parks von Ayutthaya, in welchem das Sony-Werk liegt, würden das Industriegebiet derzeit noch schützen. Zu Beginn der vergangenen Woche war die Produktion im Sony-Werk nach Aussagen von Sony in Japan noch nicht behindert. Da inzwischen jedoch praktisch alle Straßen in der Region unterbrochen sind und weder Züge noch Busse fahren, können weder Zulieferer noch Mitarbeiter die Fabriken derzeit problemlos erreichen.

Welche Zulieferer von der Flut direkt betroffen sind, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Und da im Hinterland derzeit die Schleusen mehrerer Dämme geöffnet wurden, damit diese unter der Last des Wassers nicht kollabieren, muss für die kommenden Tage mit weiter steigenden Wasserspiegeln gerechnet werden. Selbst die heutige Hauptstadt Bangkok muss mit stärkeren Überflutungen rechnen. Durch den seit Jahren anhaltenden Bauboom, und die mit dem Bau der vielen Wolkenkratzer verbundenen Grundwasserabsenkungen, sinkt die Stadt, die derzeit zwischen 1 und 2 Meter über dem Meeresspiegel liegt, kontinuierlich ab und wurde in den vergangenen Jahren jeden Herbst durch große Mengen an Sandsäcken vor dem Schlimmsten bewahrt.

Neben Thailand ist auch Vietnam von den Hochwässern betroffen. Informationen über die Situation des Werkes von Pentax Ricoh Imaging in Thach Ban Village bei Hanoi liegen derzeit nicht vor.
 
 
Aktuelle Meldungen zu den Überschwemmungen in Südostasien:
The Nation
Bangkok Post

(CJ)
 

Nachtrag (14.10.2011):

Nachdem am Morgen des 13. Oktober ein Deich am Hi-Tech Industrial Estate im Bang-Pa-Distrikt der Provinz Ayutthaya gebrochen ist, musste auch dieses Industrieareal evakuiert werden. Die Fluten des Chao Praya wälzen sich jetzt auch in diesen Industriepark mit seinen 148 Fabriken und etwa 50.000 Beschäftigten. Das Wasser im Hi-Tech Industrial Estate hat inzwischen eine Höhe von einem Meter erreicht und die ursprünglich geplanten Versuche, die Lücke im Deich mit per Helokopter eingeflogenen Containern abzudichten, wurde verworfen, da die Strömung inzwischen zu stark geworden ist.

Die Autobahn (Phaholyothin Road) von der nördlich Bangkok gelegenen Stadt Rangsit in der Provinz Pathum Thani in Richtung Ayutthaya wurde inzwischen gesperrt, da sie teilweise überflutet ist. Damit ist auch das Werk der Nidec Copal (Thailand) Co., Ltd. im Navanakorn Industrial Estate in Klongnueng/Klongluang in der Provinz Pathumthani von der Außenwelt abgeschnitten. Hier werden Verschlüsse und Fassungsteile für Objektive produziert. Das thailändische Werk von Ricoh befindet sich in Rayong (Eastern Seabord), etwa 140 km östlich von Bangkok und dürfte von den Fluten nicht direkt betroffen sein.

Für die gefluteten Fabriken besteht neben den reinen Wasserschäden nun auch die akute Gefahr von Plünderungen und damit verbundenen mutwilligen Zerstörungen. Im Land hält sich hartnäckig das Gerücht, dass alle ausländischen Investoren gegen Hochwasser und seine Folgen versichert seien. Für thailändische Flutopfer scheint es solche Policen offensichtlich jedoch nicht zu geben. Da der durch die Produktionseinstellung verursachte Arbeitsausfall sich für die Beschäftigten, deren Häuser jetzt zumeist auch von den Fluten betroffen sind, als direkter Lohnausfall auswirkt, scheint der Anlass für die Plünderungen wenig verwunderlich.

Derzeit besteht nur noch geringe Hoffnung, dass die Wassermassen des Chao Phraya zügig ins Meer finden, die Hauptstadt Bangkok verschonen, und dass die Überschwemmungen in Zentral-Thailand bald zurückgehen. Für das kommende Wochenende wird für den Golf von Thailand eine Springflut erwartet, die den Abfluss der Wassermassen weiter behindern wird. Um wenigstens die inneren Stadtbereiche von Bangkok trocken zu halten, soll das Wasser nun durch die westlichen und östlichen Stadteile von Bangkok geleitet werden. Dennoch besteht auch für den Innenstadtbereich inzwischen die Befürchtung, dass ein Wasserstand von 20 bis 30 Zentimeter auf den Straßen erreicht wird. Mit großer Wahrscheinlichkeit werden sich einzelne Bewohner von Krokodilfarmen in den nächsten Tagen über ihr vergrößertes Revier freuen und zumindest als Gerücht die Stadt unsicher machen. Und wer die Farbe und den Geruch der Klongs (Kanäle) in Bangkok kennt, kann sich vorstellen, was in den nächsten Tagen auf die Straßen gespült wird.

Bis die insgesamt noch 16 Milliarden Kubikmeter Wasser, die durch das Nadelöhr bei Bangkok in den Golf von Thailand fließen müssen, ihren Weg gefunden haben, dürfte noch mindestens ein Monat vergehen. Vorher ist auch an Aufräumarbeiten in den derzeit schon über 900 überspülten Fabriken im Land nicht zu denken. Ist die Flut dann überstanden, wird sie auch bald wieder vergessen sein; zumindest bis 2012.