Das Auge ist ein einsamer Jäger

Unter dem Motto „The Eye Is a Lonely Hunter: Images of Humankind“ widmet sich das 4. Fotofestival Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg noch bis zum 6.11.2011 nichts weniger als „den wichtigsten Fragen und Herausforderungen, denen die Menschheit heute gegenübersteht“:

 
 
 
 
 

Die beiden Kuratorinnen Katerina Gregos und Solveig Helweg Ovesen bzw. das Festival wollen dabei Positionen präsentieren, „die in der Schnittmenge zwischen Dokumentar- und Kunstfotografie angesiedelt sind und die sowohl ein starkes visuelles Moment als auch ein feines Gespür für soziopolitische Zusammenhänge kennzeichnet.“

Wobei die Veranstalter folgende Fragen in den Raum stellen:

• Wie lauten einige der wichtigsten Fragen und Herausforderungen, denen die Menschheit heute gegenübersteht und wie werden sie dargestellt?
• Wie übermittelt die heutige Fotografie ethnografisches und anthropologisches Wissen vor dem Hintergrund postkolonialer Diskurse?
• Und wie könnte ein Porträt der Menschheit im Jahr 2011 aussehen?

Die Antworten will das 4. Fotofestival Mannheim_Ludwigshafen_Heidelberg geben.
 

 
Dabei wollen die Macherinnen und die Ausstellungen „eine Wiederherstellung des Wahrheitsanspruchs der Fotografie“ erreichen. Und diesbezüglich sei ja nicht die Frage, ob das Bild konstruiert sei oder real, sondern in welcher Weise die Begrifflichkeiten von „wahr“ und „authentisch“ das fotografische Abbild prägen und wo sie sich überhaupt manifestieren – Im Auge des Betrachters, in dem des Fotografen, oder in den Augen beider? Katerina Gregos und Solvej Helweg Ovesen wollen die Frage nach dem potentiellen Wahrheitsanspruch der Fotografie zu neuem Leben erwecken: Die These, dass das von der Kamera erzeugte „Wissen als Empfindung oder Emotion“ als wahr gilt, soll anhand der Festivalbeiträge zur Diskussion gestellt werden soll.

Welche These man, zugegeben etwas flapsig formuliert, auch so verstehen kann: Egal, ob die Fotografie das Wahre oder Falsche zeigt, ob ungestellt oder manipuliert – Hauptsache, Fotograf und / der Betrachter glauben an das zu Sehende.

Sehr viel poetischer formuliert als das Festival-Konzept ist der Festival-Titel: Inspiriert ist er vom Buch der amerikanischen Autorin Carson McCullers, „Das Herz ist ein einsamer Jäger“ (1940).
 

 
Die Ausstellungen im Einzelnen:
 

 
Rolle und Ritual
Die Ausstellung zeigt Dokumentationen von spirituellen wie theatralischen Ritualen und will dabei sowohl ihre äußere Erscheinung wie auch die sozialen Rollen und Codes, die in ihnen offenbar werden, aufzeigen.

Kunsthalle Mannheim
Friedrichsplatz 4
68165 Mannheim

Mitwirkende Künstler: Bani Abidi (Pakistan, 1971); Said Atabekov (Usbekistan, 1965); Peggy Buth (Deutschland, 1971); Marianna Castillo Deball (Mexiko, 1975); Philippe Chancel (Frankreich, 1959); Chieh-jen Chen (Taiwan, 1960); Husein & Hasan Essop (Südafrika, 1985); Peter Funch (Dänemark, 1974); Igor Grubic (Kroatien, 1969); Pieter Hugo (Südafrika, 1976); Panos Kokkinias (Griechenland, 1965); Kirstine Roepstorff (Dänemark, 1972); Johan Spanner (Dänemark, 1974); 14. Clemens von Wedemeyer (Deutschland, 1974); Jeremy Shaw (Kanada, 1977)
 

 
Affekt und Wirkung von Politik
Diese Ausstellung will zeigen, wie Politik sich physisch auf den Menschen, seine Umgebung und auf gemeinschaftliche Orte auswirken kann. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf dem Vermächtnis des Kolonialismus und der Großmächte, auf den politischen Umbrüchen der Gegenwart und ihren Nachwirkungen, und auch auf den wirtschaftlichen Verflechtungen des Westens und der in den Entwicklungsländern entstehenden Wirtschaftsmächte.

ZEPHYR Raum für Fotografie der Reiss-Engelhorn-Museen
C 4.9
68159 Mannheim 

Mitwirkende Künstler: Sven Augustijnen (Belgien, 1970); Fouad Elkoury (Frankreich / Libanon, 1952); Vincent Meessen (Belgien / USA, 1971); Boniface Mwangi (Kenia, 1985); Panos Kokkinias (Griechenland, 1965); Bruno Serralongue (Frankreich, 1968); Taryn Simon (USA, 1975); Johan Spanner (Dänemark, 1974); Guy Tillim (Südafrika, 1962); Paolo Woods (Niederlande, 1971); Gohar Dashti (Iran, 1980)
 

 
Außenprojekt von Beat Streuli
Für die fotografische Installation auf dem Alten Messplatz fotografierte der Schweizer Künstler Beat Streuli im Juli in Mannheim; insbesondere auch auf dem Alten Messplatz selbst. Die Veranstalter dazu: „Die Präsentation auf großformatigen Plakatwänden bricht den musealen Ausstellungskontext des Fotofestivals auf und bringt die Fotos an den Ort ihrer Entstehung zurück. Die Passanten werden mit einem Darstellungsformat konfrontiert, das sie aus der Werbung kennen und gleichzeitig sind diese Porträts irritierend anders, denn hier wird kein Produkt beworben.“

Alter Meßplatz
68169 Mannheim
 

 
Ökologische Kreisläufe
Hier will das Fotofestival das Verhältnis des Menschen zu seiner natürlichen Umgebung erkunden; die Landschaftsfotografien in der Ausstellung „Ökologische Kreisläufe“ wollen ein visuelles Bewusstsein für die Auswirkungen der unkontrollierten menschlichen Eingriffe in die Natur und ihre Ressourcen, den Teufelskreis von Produktion und Konsum schaffen; aber auch die Tendenz zu einem neuen ökologischen Bewusstsein und einer neuen ökologischen Verantwortlichkeit aufzeigen.

Wilhelm-Hack-Museum
Berliner Strasse 23
67059 Ludwigshafen

Mitwirkende Künstler: Ravi Agarwal (Indien, 1958); Florian Maier-Aichen (Deutschland, 1973); Olaf Otto Becker (Deutschland, 1959); Edward Burtynsky (Kanada, 1955); Chieh-Jen Chen (Taiwan, 1960); Geert Goiris (Belgien, 1971); Nicu Ilfoveanu (Rumänien, 1975); Gulnara Kasmalieva und Muratbek Djumaliev (Kirgisistan, 1960 & 1965); Panos Kokkinias (Griechenland, 1965); Aglaia Konrad (Österreich, 1960); Boris Mikhailov (Ukraine, 1938); . Yang Yongliang (China, 1980); Philippe Chancel (Frankreich, 1959)
 

 
Das alltägliche Leben
Die Ausstellung handelt von der fotografischen Erkundung des alltäglichen Lebens – seiner Organisation, Durchführung und „Personalisierung“ und damit von allen Aufgaben, die Menschen bewältigen müssen. „Wie durchleben wir die tagtäglichen Handlungen, Notwendigkeiten und Routinen? Wie ersinnen wir Strategien, mit denen wir den Alltag bewältigen?“

Kunstverein Ludwigshafen
Bismarckstrasse 44-48
67549 Ludwigshafen

Mitwirkende Künstler: Sofia Burchardi & Plamen Bontchev (Dänemark / Bulgarien 1981 & 1980); Peter Funch (Dänemark, 1974); Francesco Giusti (Italien, 1969); Alexandros Georgiou (Griechenland, 1970); Jacob Holdt (Dänemark, 1947); Rinko Kawauchi (Japan, 1972); Panos Kokkinias (Griechenland, 1965); Tris Vonna-Michell (UK, 1982); Paolo Woods (Niederlande, 1971); Marie-Jose Burki (Schweiz, 1960); Cao Guimaraes (Brasilien, 1965)
 

 
Lebenskreisläufe
Die Fotografien der Ausstellung „Lebenskreisläufe“ wollen „die existenziellen, biografisch wesentlichen Momente, die unsere persönliche Erfahrung von der Welt beeinflussen und schließlich bestimmen“ erfassen und durchdringen; nämlich das große Glück und das schmerzliche Leid. In den Mittelpunkt gestellt sind die sogenannten „Übergangsrituale“: Hochzeitszeremonien, Begräbnisse, …

Heidelberger Kunstverein
Hauptstrasse 97
69177 Heidelberg

Mitwirkende Künstler: Mac Adams (Wales, 1943); Köken Ergun (Türkei, 1976); Agnes Geoffray (Frankreich, 1968); Jacob Holdt (Dänemark, 1947); Rinko Kawauchi (Japan, 1972); Panos Kokkinias (Griechenland, 1965); Heta Kuchka (Finnland, 1974); Barbara Metselaar Berthold (Deutschland, 1951); Ryan Mcginley (USA, 1977); Boris Mikhailov (Ukraine, 1938); Fiona Tan (Indonesien / Niederlande, 1966); Simon Fujiwara (UK, 1982); . Torbjørn Rødland (Norwegen, 1970); Jeremy Shaw (Kanada, 1977)
 

 
Einzelausstellung Roger Ballen
Roger Ballen zeigt das Leben der südafrikanischen und armen, auch weißen, Bevölkerung, auch auf dem Land. Und Außenseiter, am Rande der Gesellschaft und außerhalb lebend. Unbedingt sehenswert; siehe auch: Die abstruse Armut des Herzens.

Sammlung Prinzhorn
Voßstrasse 2
69115 Heidelberg
 

 
Einzelausstellung Tobias Zielony
Seit mehr als 10 Jahren beobachtet und dokumentiert Tobias Zielony das nächtliche Leben in den Vorstädten in Deutschland, Polen, Kanada, den USA, Frankreich und Italien. Seine Serie „Vele“ etwa handelt von einen Sozialbaukomplex im Norden Neapels: Le Vele („die Segel“) wurde noch vor der Fertigstellung von Familien der Mafia besetzt und ist heute zum Drogenumschlagplatz der Stadt geworden.

halle02/Kunsthalle
Güteramtsstraße 2
69115 Heidelberg
 

(thoMas)