Vergleiche hinken mitunter, meint der Photoindustrie-Verband e.V. (PIV). So könne trotz vieler iPhone-Fotos auf flickr keine Rede davon sein, dass Smartphones Digitalkameras ablösen. Doch auch die Interessenvertretung der deutschen Fotobranche vergleicht Äpfel mit Birnen:

Der Photoindustrie-Verband nimmt wohl die macnotes-Meldung iPhone 4 zeitweise meist genutzte Kamera bei flickr zum Anlass, auf hinkende Vergleiche hinzuweisen (siehe auch die gesamte Meldung weiter unten):

So wurde die Meldung auf macnotes, dass das iPhone 4 zeitweise die meistgenutzte Kamera bei flickr war, auch dahingehend interpretiert, dass Smartphones die Kameras ablösen. Dass dem so nicht ist, zeigen die Abverkaufszahlen. Weltweit verkaufte sich das iPhone 4 inzwischen über 10 Millionen Mal. Der Absatz von allen verkauften Spiegelreflexkameras lag weltweit in 2010 bei 13,9 Millionen, wie GfK und Photoindustrie-Verband berichteten. (Quelle: PIV)
 

Grafik

Die aktuelle flickr-Grafik zu den meistbenutzten Kameras

 
Das iPhone 4 ist seit Ende Juni 2010 im Handel, die laut PIV 10 Mio. Stück wurden also innerhalb eines Jahres verkauft. Dem stehen 13,9 Mio. DSLRs im Jahr 2010 gegenüber – ein einzelnes Smartphone-Modell verkauft sich demnach fast genauso gut wie alle Spiegelreflexkameras zusammen. Laut Apples Geschäftsbericht wurden allein im 2. Geschäftsjahres-Quartal 2011 (Jan. – März 2011) insgesamt 18,65 Millionen iPhones verkauft, wobei Apple die Modell-Verkaufszahlen (iPhone 3, 4) nicht weiter aufschlüsselt. Aber das bedeutet, dass pro Jahr deutlich mehr iPhones verkauft werden (nämlich rund 70 Mio. Stück) als Systemkameras.

Nun ist das iPhone ja nicht das einzige Smartphone auf dem Markt; Apples Marktanteil liegt bei knapp 20 %: das heißt, in einem Quartal – in nur drei Monaten also – werden weltweit um die 100 Mio. Smartphones verkauft. Aufs Jahr gerechnet bedeutet das, dass rund 100x (einhundert Mal!) so viele Smartphones wie Spiegelreflexkameras verkauft werden.

So viel zu Vergleichen.

Dabei besteht zu dem Aktionismus eigentlich gar kein Anlass, wie folgende Grafik zeigt:
 

 
Noch nie wurden so viele Kameras verkauft wie zu digitalen Zeiten. Unbestätigte Zahlen sagen mir, dass zu analogen Hochzeiten weltweit rund 70 Mio. analoge Kameras jährlich verkauft wurden. Digitalkameras überschreiten mittlerweile regelmäßig die 100-Millionen-Marke; der Anteil der Systemkameras liegt dabei bei rund 10 %. Knapp gefasst heißt das, dass seit etlichen Jahren sowohl immer mehr Systemkameras als auch immer mehr Smartphones verkauft werden. Die beiden Segmente nehmen sich also ganz offensichtlich gegenseitig nichts weg. Was auch nicht weiter verwunderlich ist: Das Smartphone ist, wenn schon, dann vor allem Konkurrenz für die digitale Kompaktkamera.

Warum der Photoindustrie-Verband die iPhone- mit Spiegelreflex-Verkaufszahlen vergleicht, erschließt sich mir nicht. Nichts gegen das iPhone – aber eine Konkurrenz für Systemkameras ist es nun wirklich nicht.

Die Frage jedenfalls, die seit Aufkommen der Fotohandys groß im Raum steht – „werden Fotohandys digitale Kompaktkameras überflüssig machen?“ – kann bis dato eindeutig mit „Nein“ beantwortet werden. Wenn allerdings die Optik-, Zoom- und Autofokus-Fähigkeiten der Kameramodule weiter zulegen (und warum sollten sie das nicht?), dann besteht für Smartphone-Besitzer bald kein Grund mehr, sich eine Einsteiger-Digitalkompakte zuzulegen.
 
 
Die Pressemitteilung vom Photoindustrie-Verband e.V. zu dem Thema:

Hoch lebe die Fotografie

Vergleiche gehören richtig interpretiert

Vergleiche hinken mitunter und erst recht dann, wenn man ein einzelnes Kameramodell dem iPhone 4 und den damit gemachten Aufnahmen gegenüberstellt. So wurde die Meldung auf macnotes, dass das iPhone 4 zeitweise die meistgenutzte Kamera bei flickr war, auch dahingehend interpretiert, dass Smartphones die Kameras ablösen. Dass dem so nicht ist, zeigen die Abverkaufszahlen. Weltweit verkaufte sich das iPhone 4 inzwischen über 10 Millionen Mal. Der Absatz von allen verkauften Spiegelreflexkameras lag weltweit in 2010 bei 13,9 Millionen, wie GfK und Photoindustrie-Verband berichteten. Betrachtet und vergleicht man die Anzahl der gemachten Aufnahmen, dann auch nur eines einzelnen SLR-Kameramodells, mit denen des iPhone 4, so wird deutlich, wie intensiv einzelne Kameramodelle genutzt werden. Nur, wenn die Meldung von macnotes dahingehend interpretiert wird, macht der Vergleich Sinn.

Konkurrenz zwischen Smartphones und Kameras liegt schon aufgrund der unterschiedlichen Anwendungsgebiete übrigens nicht vor, auch, wenn Smartphones mit der eingebauten Kamera über Fotofunktionen verfügen. Weniger im Bewusstsein verankert ist, wie sehr Smartphones den Foto- und Imagingmarkt bereichern und zusätzliche Impulse, aber auch Wertschöpfungen garantieren. So entdecken viele Verbraucher die Liebe und die Notwendigkeit der Fotografie über Smartphones. Das Ergebnis ist der Kauf einer Kamera. Der Mensch strebt stets nach Höherem und so ist die Anschaffung einer Kamera die logische Schlussfolgerung. Hinzu kommen neue Wirtschaftszweige, wie beispielsweise die Anbieter von Apps, die wiederum für Wertschöpfung, auch für die Foto- und Imagingindustrie, sorgen. Jedes verkaufte Smartphone garantiert nicht nur ein Mehr an Bildern, sondern auch potenzielle Kunden für die Foto- und Imagingbranche. 1.000 Klicks in der Sekunde allein in Deutschland gehören der Vergangenheit an. Mit jeder verkauften Kamera, aber auch mit jedem verkauften Smartphone, erhöht sich die Anzahl der Aufnahmen. Hoch lebe die Fotografie. (PIV)

Über Photoindustrie-Verband e.V.: Der Verband mit Sitz in Frankfurt ist die Interessenvertretung der Foto- und Imagingindustrie in Deutschland wie auch weltweit. Das Verbandskürzel P I V steht für Photo Imaging Verband. Der PIV sieht sich als Dienstleister im Sinne der Absatzförderung im Amateur- und Profimarkt und veröffentlicht hierzu regelmäßig Marktdaten. Mit seinen rund 60 Mitgliedern vertritt der PIV mehr als 90 Prozent des Umsatzes des Foto- und Imaging-Marktes in Deutschland. Der PIV ist Mitveranstalter der photokina World of Imaging, in Köln. Die erste photokina fand 1950 statt. Die 32. Weltmesse des Bildes wird im Kölner Messegelände vom 18. bis 23. September 2012 stattfinden. Der Photoindustrie-Verband e.V. ist der Gesellschafter der Prophoto GmbH, deren Geschäftszweck die Förderung der Fotografie und der photokina vornehmlich in Presse, Hörfunk, Fernsehen und den neuen Medien ist.
 

(thoMas)