Wir testen im Laufe dieser Woche fünf lichtstarke Superweitwinkel mit 24 mm Brennweite; zu Preisen zwischen 550 und 5000 Euro. Eine breite Spanne – und spannend ist auch die Frage, ob und wie Preis und Qualität im Verhältnis stehen:

Für diesen Testzyklus haben wir uns auf Kleinbild-Brennweiten von 24 mm bis 90 mm und auf wirklich hohe Lichtstärken zwischen 1:1,2 und 1:2 festgelegt – die Creme dé la Creme der Festbrennweiten in diesem Brennweitenbereich sozusagen. Nachdem viele Tests und eigene Erfahrungswerte nahelegen, dass gute Zoomobjektive heute keinesfalls mehr schlechter sind als Festbrennweiten, bleibt den Festbrennweiten zur Rechtfertigung nurmehr die Brennweiten-Besschränkung (die Festlegung auf eine Brennweite kann den Blick fürs Motiv weiten) – und vor allem die Lichtstärke.

Foto vom AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED

Beginnen werde ich mit der Brennweite 24 mm. Die anderen Brennweiten folgen dann in unregelmäßiger Folge im Laufe der kommenden Wochen. Aber eins sei schon vorweggenommen: Nach vielen Objektiven, vier Gehäusen und Hunderten von Aufnahmen kann ich sagen: ich habe einige positive Überraschungen und keine einzige wirkliche Enttäuschung erlebt. Darunter auch besonders gute Objektive, aber kein einziges Objektiv war so, dass ich es gerne und auch vorzeitig zurückgeben wollte.

Im Feld der Superweitwinkel hatte ich das AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED (Straßenpreis ca. 1800 Euro) und das Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro (Straßenpreis ca. 550 Euro) an der Nikon D3x, das Canon EF 1,4/24 mm L USM II (Straßenpreis ca. 1500 Euro) an der EOS 1Ds MkIII, das Carl-Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM (Straßenpreis ca. 1150 Euro) an der alpha 900 und das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. (4995 Euro) an der Leica M9 zur Verfügung.

Wobei sich durchaus die Frage stellt, wozu bei einem Weitwinkelobjektiv so eine hohe Lichtstärke nötig ist, kann ich doch einfach die ISO-Einstellung um zwei Stufen erhöhen und schon brauche ich keine 1,4 mehr als Anfangslichtstärke, sondern es genügt 2,8. Nun, im Prinzip ist das richtig und anfangs fielen mir auch keine Motive ein, die die Blende 1,4 unbedingt brauchen und die man andernfalls nicht oder kaum zu machen im Stande wäre (bei Portraitbrennweiten ist das ganz anders – aber das ist eine andere Geschichte …).

Foto vom Summilux-M 1:1,4/24 mm ASPH.

Wenn ich eine Anfangslichtstärke von 1:2 oder 1:2,8 und eine hervorragende optische Korrektion habe, dann beträgt der Unterschied zu 1,4 doch nur ein oder zwei Blendenstufen. Ob ich ISO 100 oder ISO 400 einstelle, macht praktisch keinen Unterschied (zumindest nicht bei den meisten neuen digitalen Spiegelreflexkameras). Aber was ist, wenn ich in einer bereits recht düsteren Umgebung noch fotografieren möchte? Etwa im Theater, im Konzert, bei einer Taufe oder Hochzeit, in der Kirche, wenn kein Blitz verwendet werden soll oder darf. Kommt da noch etwas Bewegung dazu, dann wird es mit 1:2 oder 1:2,8 als größter Blendenöffnung etwas eng bzw. die Verschlusszeit vielleicht doch zu lang – da beginnt man, die 1:1,4 zu schätzen. ISO 400 und 1,4 als größte Blendenöffnung, da bewältigt man auch noch Bewegungen im Dämmerlicht.

Mittel der Gestaltung, aber auch zu beachten, ist die geringe Schärfentiefe bei 1:1,4. Es ist richtig: die ist bei einem 24 mm ziemlich groß, aber bei Offenblende 1,4 ist der Bereich der optimalen Schärfe trotz der kurzen Brennweite nicht sehr tiefgehend. Bei 1:1,4 und einer Einstellentfernung von 10 m sind es etwa 7-19 m, die als „scharf“ im Sinne des traditionell erlaubten Durchmessers des Zerstreuungsscheibchen fürs Kleinbildformat gelten. Bei Blende 2,0 sind es bereits etwa 6-29 m und bei 2,8 immerhin etwa 5-144 m. Wenn man allerdings näher an das Objekt kommt, wird der Schärfebereich recht gering: zum Beispiel ist bei einem Objektabstand von 1 m bei Blende 1,4 nur ein Bereich von +/- 4 cm scharf im Sinne der Definition des Zerstreuungsscheibchens bei einem Bildformat von 24×36 mm.

Nachdem wir nun wissen, warum man eine lichtstarke 24er Weitwinkelbrennweite brauchen könnte, möchte ich in den folgenden Artikeln der Frage nachgehen, wie gut die einzelnen Objektive sind. Es war jedenfalls sehr interessant, diese hochgeöffneten Weitwinkelobjektive zu testen und auszuprobieren. Was auf Anhieb auffällt, das sind Größe und Gewicht dieser Objektive – teuer, groß und schwer. Auffallen ist im Preis inklusive. Mit einer Ausnahme: das Summilux-M 1,4/24 mm für die Leica M9, das in einer eigenen Klasse spielt und auf das ich noch näher eingehen werde. (Die Abbildungen – links das AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED; rechts das Summilux-M 1,4/24 mm Asph. – sind annähernd im gleichen Maßstab gehalten, im Versuch, die unterschiedlichen Größen zu zeigen.)

Bei den Testcharts haben alle Objektive bei ganz offener Blende in jeder Hinsicht erkennbare Schwächen außerhalb des Mittenbereichs gezeigt. Das wundert mich nicht, denn eine so weit geöffnete Blende schreit geradezu nach Restfehlern chromatischer und systematischer Art.

Damit halte ich Sie für heute nicht länger auf, aber wohl auf Spannung, denn ab morgen gibt es jeden Tag um 15:15 Uhr einen Objektivtest, bis dann am kommenden Samstag Nachmittag alle fünfe durch sind.

(Georg N. Nyman)
 
 
Artikelserie – Lichtstarke 24er im Test:
Einleitung – Lichtstarke 24er im Test (lesen Sie gerade)
Canon EF 1,4/24 mm L USM II (ab 24.5.2011 um 15:15 Uhr online)
AF-S Nikkor 1,4/24 mm G ED (ab 25.5.2011 um 15:15 Uhr online)
Sigma 1,8/24 mm EX DG Makro (ab 26.5.2011 um 15:15 Uhr online)
Sony Carl-Zeiss Distagon T* 2,0/24 mm SSM (SAL24F20Z) (ab 27.5.2011 um 15:15 Uhr online)
Leica Summilux-M 1,4/24 mm Asph. (ab 28.5.2011 um 15:15 Uhr online)
 
 
Anmerkung der Redaktion: Es ist weder unsere Art, Seiten zu schinden, noch Klickstrecken zu bauen oder Artikel über mehrere Seiten auszubreiten, auf dass die vermeintliche Zugriffs- und Klickrate steige (Bilderstrecken sind für sowas sehr beliebt – das katapultiert die Seitenaufrufe nach oben). In diesem Fall haben wir uns aber entschlossen, die einzelnen Objektivtests auch in einzelne Artikel zu verpacken, weil das a) doch eine ganze Menge Grafiken und Auswertungen sind (allein morgen werden es so an die 20 Grafiken werden), und es b) so hoffentlich leichter verdaulich wird und weil c), wer sich nur für ein bestimmtes Objektiv interessiert, das auch schneller in Überschrift und Text und via Suche wiederfindet.