In der vergangenen Ausgabe von Foto-Frisch haben wir Ihnen ganz schön viel zugemutet. Eine Fotoreise durch halb Europa. Deshalb halten wir uns im Wonnemonat Mai zurück. Eine kleine Auswahl handverlesener Fotokunst-Tipps gibt es aber dennoch:
Marilyn Minter: Chewing Green, 2008
C-Print 150 x 218 cm
© Marilyn Minter. Courtesy Salon 94, New York
Noch viel zu unbekannt ist in Deutschland das fotografische Werk Marilyn Minters, das bis zum 12. Juni in den Deichtorhallen Hamburg zu sehen ist. Die Schau stellt ihre Fotoarbeiten erstmals umfangreich vor Bilder hyperrealistischer Nahaufnahmen, die Glamour und Schönheit mit einer kritischen Haltung verbinden: Denn es ist auch die Welt der künstlichen Körperbilder, die Trennung des realen und medialen Körpers, welche die amerikanische Fotokünstlerin und Diane Arbus-Schülerin stets zum Thema macht. Eine verführerische und verstörende Schau der Ausstellungshöhepunkt in diesem Monat. (Siehe auch: Verführerisch, verstörend.)
Am Rande des Fotografischen ist womöglich auch diese Neuigkeit interessant: Die Stiftung Bauhaus Dessau hat im April eine neue Zeitschrift vorgestellt, die sich schlicht „bauhaus“ nennt und sich den klassischen Fragen der Moderne ebenso widmet wie den Gestaltungsaufgaben der Gegenwart. Ein wundervoll gestaltetes neues Magazin, das gerade jene interessieren wird, die sich auch für Fragen rund um Städtebau und Architektur erwärmen. Die Erstausgabe widmet sich unter anderem dem Titelthema „Künstler/artist“ und enthält Essays von Torsten Blume, Christian Hiller, Olaf Nicolai, Philipp Oswalt und weiteren Autoren.
Chris Killip, aus der Serie „Seacoal“
Es gibt eine lange Tradition in der britischen Sozialreportage und Chris Killips Serie „Seacoal“ gehört zu den bedeutendsten Zeugnissen auf diesem Feld. Ein Klassiker aus den frühen achtziger Jahren noch bis zum 15. Mai zu sehen im Museum für Photographie in Braunschweig. Wir schreiben das Jahr 1983. In Lynemouth, an der nordenglischen Küste, leben eine Handvoll Menschen davon, aus dem Meer angeschwemmte Kohle zu sammeln und sie zu verkaufen. Chris Killip lebte mehr als ein Jahr dort an der Küste, in einem Caravan. Sein Blick ist der des humanistischen Fotografen. Zugetan ist er den Menschen, die ihre archaische Arbeit nicht ohne Stolz verrichten Empathie bestimmt seine fotografische Haltung. Seine in Schwarzweiß fotografierten Bilder scheinen aus einer früheren Epoche zu stammen, kaum aus der Thatcher-Ära so aus der Zeit gefallen wirken diese Fotografien. „An diesem Platz sind die Zeiten vertauscht, hat Chris Killip einmal gesagt. „Das Mittelalter und das zwanzigste Jahrhundert greifen ineinander.
© Daniela Finke: Gas Station, 2010
90 x 135 cm; Hybrid Photography – Pigment Print – Aludibond – Art Sec (Acryl Matt); Edition: 7
Und auf eine weitere Ausstellung möchten wir hinweisen. In der Fotogalerie f75 in Stuttgart ist Daniela Finkes Schau „Waking Night“ zu sehen Stadtansichten, welche die dargestellten Orte auf ihre Grundformen und -farben reduzieren. Es sind bildliche Vereinfachungen, Konzentrationen, die den Blick auf das Wesentliche lenken. Unschärfe, die den Blick schärft jetzt zu erleben in der von Wilfried Dechau initiierten Stuttgarter Galerie für Architekturfotografie.
Am Ende von Foto-Frisch steht eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen an dieser Stelle Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
Raïssa Venables: The Jesse James Room, Cimarron, NM, 2009
50,8 x 60,96 cm Archival Pigment Print 25 + 2AP
1.500,- EUR
Diesmal empfehlen wir eine junge Künstlerin der Berliner Galerie Wagner + Partner (hier im Porträt), über die wir schon mehrmals berichtet haben. Raïssa Venables zur Zeit etwa auch zu sehen im Rahmen der Gruppenausstellung „Herein! Fotografische Interieurs“ der DZ BANK Kunstsammlung arbeitet seit einigen Jahren schon an ihren fotografischen Räumen. Alles ist ein wenig verschoben hier es werden Bildräume eröffnet, die wir als unnatürlich und bedrohlich empfinden. Die Galerie bietet eine Edition der 1977 geborenen New Yorkerin in einer Auflage von 25 Exemplaren an. Der Preis des Abzugs „The Jesse James Room, Cimarron, NM“ aus dem Jahr 2009 ist 1500 Euro. Der Print hat die Größe 50,8 x 60,96 cm.
Übrigens: Wir freuen uns immer über Anregungen in Sachen Fotokunst. Bitte an: redaktion@photoscala.de oder info@marcpeschke.de.
(Marc Peschke)