Foto Andrew Phelps, 2010Neue Einblicke in das Ferienland Tirol bieten derzeit eine Ausstellung und ein Fotobuch; initiiert von der „Tirol Werbung“. Sieben Fotografen wurden eingeladen, das „Land im Gebirg‘“ neu zu sehen – der Landschaft neu zu begegnen. Keine einfache Aufgabe, denn kaum eine Ferienregion wurde dermaßen durchfotografiert wie der österreichische Alpenraum – eine „zur Ikone erstarrte Landschaft“:

Das Ergebnis des ungewöhnlichen Projekts ist jetzt in einer Ausstellung und einem von Wolfgang Scheppe herausgegebenen Buch zu sehen. Das Projekt nennt sich „SIGHT-_SEEING“: Bilder, die sich querstellen zu den touristischen Werbefotografien, zum Reklame-Image aus Schneegipfeln, Lederhosen, Stubenmusik und Speck-Knödel.
 

Foto Andrew Phelps, 2010

Andrew Phelps, 2010

 
Die Fotografen Michael Danner, Dominik Gigler, Monika Höfler, Jörg Koopmann, Verena Kathrein, Andrew Phelps und Matthias Ziegler haben unterschiedliche Bildsprachen, doch alle sind sie Grenzgänger zwischen angewandter und künstlerisch-freier Fotografie. Ihr Aufgabe war nicht einfach, so Kurator Scheppe: „Der kritische Konsument zweifelt die geschönten Katalog-Bilder an, im Kopf hat er bereits sein Bild vom Sehnsuchtsort kreiert. Die Aufgabe für die Fotografen war, mit zeitgenössischer Ästhetik Bilder zu erschaffen, die einen neuen Blick auf Tirol dokumentieren und einem kritischen Konsumenten gerecht werden.“

„Uns geht es darum, unsere Bildsprache zu erneuern. Das Herz jeder Kampagne ist das Bildarchiv“, so fügt Josef Margreiter, Geschäftsführer der „Tirol Werbung“, an. Und so findet man überraschend wenig Sonne auf diesen Bildern, sondern auch Düsteres: wolkenverhangene Wälder, dunkle Landschaftsbilder, gefunden zwischen Lechtal und Osttirol. Freilich: Es ist schwer, ganz neue Bilder zu finden. Manches hat man so schon gesehen, die Darstellungen des bäuerlichen Lebens etwa.
 

Foto Dominik Gigler, 2010

Dominik Gigler, 2010
 
 
Foto Andrew Phelps, 2010

Andrew Phelps, 2010
 
 
Foto Michael Danner, 2010

Michael Danner, 2010
 
 
Foto Monika Höfler, 2010

Monika Höfler, 2010

 
 
Foto Verena Kathrein, 2010

Verena Kathrein, 2010

 
Doch die Qualität der gezeigten Bilder überzeugt. Viele machen Lust, nach Tirol zu fahren, die Geschichte zu entdecken und selbst auf die Suche nach Motiven zu gehen. Überhaupt ist es ja so, wie es Ernst Bloch geschrieben hat: „Der Reisende erblickt in der Fremde nur mehr das persönlich mitgebrachte Wunschbild von ihr.” Das heißt: Wir sehen in Reisebildern, was wir in ihnen sehen wollen.

Natürlich sind es oft die Berge, welche die Fotografen in den Fokus rücken. Berge, Felsmassive, Baumgrenzen – sie waren der Auslöser des Tourismus in Tirol, der schon im späten 19. Jahrhundert einsetzt. Und auch die Alpen fangen die sieben Fotokünstler mit klarem, offenen Blick ein, der Nüchternheit über Klischees des Erhabenen stellt. So entstanden auch Bilder, welche die Untiefen der Gegend – den Verkehr, den Massentourismus und die Umwandlung der Natur in künstliche Landschaft – deutlich vor Augen führen. Eine mutige Kampagne, die wir dringlich zur Nachahmung empfehlen.

(Marc Peschke)
 
 
Ausstellung:
SIGHT-_SEEING. Bildwürdigkeit und Sehenswürdigkeit.
Bis 19. März 2011
BTV Stadtforum
6020 Innsbruck

Titel Sight-_Seeing - Bildwürdigkeit und Sehenswürdigkeit

Montag bis Freitag 11 bis 18 Uhr, Samstag 11 bis 15 Uhr

SIGHT-_SEEING wird vom 19.04. bis 16.05.2011 auch im Künstlerhaus Wien zu sehen sein.

Buch:
Sight-_Seeing (bei amazon.de)
Bildwürdigkeit und Sehenswürdigkeit in Tirol oder Entscheidungen zum Bild der touristischen Landschaft
Hrsg. Wolfgang Scheppe, Texte von Gero Günther, Walter Klier, Wolfgang Scheppe, Fotografien von Michael Danner, Dominik Gigler, Monika Höfler, Verena Kathrein, Jörg Koopmann, Andrew Phelps, Matthias Ziegler
Hatje Cantz Verlag 2011
192 Seiten, 188 Abb., davon 183 farbig
22,20 x 29,20 cm, gebunden
ISBN 978-3-7757-3018-1
€ 35,00, CHF 49,90

Siehe auch:
Sight-Seeing
Tirol Werbung GmbH