„Think while you shoot! „Denk nach, wenn Du abdrückst!“. Der Leitsatz von Martin Munkácsi klingt einfach, doch Munkácsi wusste, was Fotografie ist: harte Gedankenarbeit. Aber die lohnte sich für den 1896 geborenen Ungarn. Er war der am besten bezahlte Fotojournalist im Berlin der Zwanziger:

Martin Munkácsi: „Knipsen um jeden Preis“, Long Island, New York 1935
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Martin Munkácsi: „Mit hundert Kilometer“, Ungarn 1929
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Jetzt zeigt das Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern eine Retrospektive des 1986 geborenen Ungarn, der eigentlich Márton Mermelstein hieß und zu einem der bedeutendsten Modefotografen des 20. Jahrhunderts aufsteigen konnte. Die Karriere begann in Budapest als Sportreporter, später veröffentlichte Munkácsi in Berliner Zeitungen und Zeitschriften seine ersten größeren Fotoreportagen. Nach der Emigration des jüdischen Ungarn in die USA im Jahr 1934 begann der legendäre Aufstieg bei „Harper’s Bazaar“ und „Life“.

Martin Munkácsi: „Der schöne Herbst: die letzten warmen Sonnenstrahlen“, um 1929
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Auch in seiner Arbeit als Modefotograf war Munkácsi stets ein wenig Sportreporter geblieben: Dynamik und Schnelligkeit ist ein wichtiges Kennzeichen seiner Arbeit, ungewöhnliche Bildausschnitte und Kompositionen bestimmen sein Werk. Er tat viel für seine Bilder, raste mit dem Rennwagen, hängte sich an Kronleuchter, kroch unter Tische alles für das Bild. „Wie kaum ein Fotograf vor ihm wusste Munkácsi um die Schönheit der Bewegung“, hat Brigitte Werneburg einmal über ihn geschrieben.
Auch als Reisereporter war Munkácsi erfolgreich. Er fotografierte in der Türkei, England, Italien, Ägypten und auch in Liberia, wo er 1930 eines seiner berühmtesten Bilder fotografiert hat: „Drei Jungen laufen in die Brandung des Tanganyika-Sees“, eine Ikone der Fotografie, die Henri Cartier-Bresson 1977 in einem Brief an Munkácsis Tochter so kommentierte: „Plötzlich begriff ich, dass es der Fotografie möglich ist, die Ewigkeit zu erreichen durch den Moment. Es ist die einzige Fotografie, die mich beeinflusst hat. In diesem Bild ist eine solche Intensität, eine solche Lebensfreude, ein solches Wunder, dass ich noch heute von ihm fasziniert bin.“

Martin Munkácsi: „Jungen laufen in die Brandung des Tanganyika-Sees“, Tanganyika, um 1930
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Munkácsi konnte alles fotografieren, nannte sich selbst „Mädchen für alles“, reüssierte auf jedem Gebiet. In Hollywood fotografierte er Katherine Hepburn, Marlene Dietrich oder Fred Astaire. Seinen Bildern ist oft etwas inne, was nur wenige Modefotografen ins Bild rücken konnten: die Freude an der Bewegung, die natürliche Eleganz des Körperlichen, Alltäglichkeit und Frische.
Munkácsi preist als Fotograf das Leben als etwas Besonderes. Er ist ein Bildermacher ungezwungener Lebensfreude. Am Strand von Long Island fotografierte Munkácsi für „Harper’s Bazaar“ Modelle in ihren Badeanzügen aber nicht statisch, sondern laufend, rennend und springend. „This was never done before“, erinnerte sich Chefredakteurin Carmel Snow später.
Jetzt ist die große Retrospektive „Martin Munkácsi. Think while you shoot“ im Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern in München zu sehen. Präsentiert werden rund 280 Werke.
(Marc Peschke)

Martin Munkácsi: „Marlene Dietrich an Bord der S.S. Normandie“, 1936
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Martin Munkácsi: „Peignoir in a soft Breeze“, USA 1936
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Ausstellung:
Martin Munkácsi: Think while you shoot
23. Februar bis 22. Mai 2011
Kunstfoyer der Versicherungskammer Bayern
Maximilianstrasse 53
80538 München
Täglich 9 bis 19 Uhr
Buch:
F. C. Gundlach (Hrsg.)
Martin Munkacsi (bei amazon.de)
Steidl Verlag
Sprache: Deutsch
ISBN: 978-3-86930-248-5
48 Euro
Erscheinungsdatum: März 2011

Martin Munkácsi: „Kathy and Hepburn“, 1940er Jahre
© Estate of Martin Munkacsi / Lester Nafzger, Woodstock
Erinnert an
Lartigue. Koinzidenz? Zeitgeist? Merkwürdig.