Foto Alphonse Mucha: Paul Gauguin am Harmonium in Muchas Atelier, Paris, um 1893/94Ab heute, und noch bis Januar 2011, ist im Museum Ludwig, Köln, die Ausstellung „La Bohème“. Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts zu sehen, die der fotografischen Inszenierung der Idee der Boheme nachspürt. Wir sehen Franz von Lenbach, Pablo Picasso, Paul Gauguin, und viele andere:

 
 
 

Foto Marie-Alexandre Alophe: Caricature. La gloire et le pot-au-feu, Paris 1858

Marie-Alexandre Alophe: Caricature. La gloire et le pot-au-feu, Paris 1858. Übermalte Fotografie, 20,9 x 16,6 cm. Bibliothèque nationale de France Paris

Presseinformation vom Museum Ludwig:

„La Bohème“. Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts

25.09.2010 – 9.1.2011

Der französische Autor Henri Murger prägte 1851 in seinen „Scènes de la Vie de Bohème“ das Bild vom Künstler als Außenseiter, der im bürgerlichen Zeitalter in romantischer Armut lebt. Die Boheme, heiter verklärt und durch Puccinis Oper vollends popularisiert, war für Murger ein Durchgangsstadium: „Die Bohème ist die Vorstufe des Künstlerlebens, sie ist die Vorrede zur Akademie, zum Hospital oder zum Leichenschauhaus.“ Der Begriff wurde zum Synonym für den Künstler des 19. Jahrhunderts, der einem anonymen Markt ausgesetzt war und frei von Zwängen, aber auch ohne den Schutz der Höfe seine Leistungen verkaufen musste. Mitten in die Zeit der Entstehung der Boheme-Legende zur Untermauerung künstlerischen Selbstbewusstseins fiel die Erfindung der Fotografie. Inwieweit sich die schillernde Lebenseinstellung auch in den fotografischen Inszenierungen von Künstlern spiegelt, untersucht diese Ausstellung im Museum Ludwig. Sie verfolgt die Idee der Boheme in fotografierten Darstellungen, Szenen und Inszenierungen.

 

Foto Anonym: Der Schauspieler Désiré als Jupiter, der sich in eine Fliege verwandelt hat, Paris, um 1865

Anonym: Der Schauspieler Désiré als Jupiter, der sich in eine Fliege verwandelt hat, Paris, um 1865. Carte-de-Visite, Albuminpapier. Museum Ludwig Köln

 
Der Bogen spannt sich von frühesten Daguerreotypien über die markanten Portraits von Nadar bis zu den opulenten Künstlerfesten der 1920er Jahre. So inszenierte etwa Louis Alphonse de Brébisson um1842 eine Gruppe musizierender und malender Freunde als Inbegriff einer romantischen Künstlergemeinschaft der Boheme. Felix Tournachon, genannt Nadar, war nicht nur führendes Mitglied der Pariser Boheme, sondern schuf auch legendäre Portraits seiner Freunde und Zeitgenossen. Genial war ebenso die Zusammenarbeit von David Octavius Hill und Robert Adamson, deren Gruppenaufnahmen wie „Edinburgh Ale“ das Ziel hatten, sich selbst in die Nähe der künstlerischen Boheme zu rücken. Historienspiele und sogenannte „Lebende Bilder“ erzählen vom Verkleidungsaufwand unter anderem auf Künstler- und Akademiefesten des 19. Jahrhunderts. Von David Wilkie Wynfield, einem präraffaelitischen Fotografen, wie Julia Margaret Cameron, werden zahlreiche poetische Inszenierungen nach historischen Vorlagen gezeigt.
 

Foto Carl Rudolf Huber (zugeschrieben): Gruppenbild mit Franz von Lenbach, Hans Makart, Adolf Gnauth, Leopold Carl Müller und Georg Ebers anlässlich ihrer Ägyptenreise 1875/76

Carl Rudolf Huber (zugeschrieben): Gruppenbild mit Franz von Lenbach, Hans Makart, Adolf Gnauth, Leopold Carl Müller und Georg Ebers anlässlich ihrer Ägyptenreise 1875/76. Albuminpapier. Sammlung Dietmar Siegert
 
 
Foto Jean Cocteau, Picasso und Paquerette in der Rotonde, Paris 12. August 1916

Jean Cocteau: Paquerette, Marie Vassilieff, Pablo Picasso, Paris am 12. August
1916. Silbergelatine, 17,6 x 25,8 cm. Musée Carnavalet/Roger-Viollet, Paris
 
 
Foto Theodore Lux Feininger: Mitglieder der Bauhauskapelle, Dessau, um 1928

Theodore Lux Feininger: Mitglieder der Bauhauskapelle, Dessau, um 1928. Silbergelatine, 9×12 cm. Copyright: T. Lux Feininger. Bauhaus-Archiv Berlin

 
Paris blieb jedoch die Metropole der Kunst und Künstler, und so sind es um 1900 die Selbstinszenierungen der Künstler aus Montmartre und Montparnasse, etwa Modigliani und Picasso, die vom Stilwillen der Dargestellten zeugen. Auch die Sozialfigur des Dandys ist im französischen Milieu des 19. Jahrhunderts entstanden. Schillernde Beispiele sind die Selbstdarstellungen der Piktorialisten wie Alfred Stieglitz oder Frank Eugene Smith. Die skurrilen Verkleidungen des Schriftstellers Pierre Loti und die Atelierszenarien eines Alphonse Mucha wurden vom französischen Flair ebenfalls maßgeblich inspiriert. Einen besonderen Akzent bilden die Fotografien von Ernst Ludwig Kirchner, in denen die Selbststilisierung mit psychologisierender Innenschau verknüpft wird. Opulent und phantasievoll sind die Künstlerfeste der 1920er Jahre; gezeigt werden Beispiele aus dem Malkasten Düsseldorf, aus Köln, Hamburg, und vom Bauhaus in Weimar und Dessau, fotografiert von bedeutenden Fotografen wie August Sander oder T. Lux Feininger.
 
 
Ausstellung:
„La Bohème“. Die Inszenierung des Künstlers in Fotografien des 19. und 20. Jahrhunderts
25.09.2010 – 9.1.2011
Museum Ludwig
Heinrich-Böll-Platz
50667 Köln

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag (inkl. Feiertage): 10 – 18 Uhr
Jeden ersten Donnerstag im Monat: 10 – 22 Uhr
Montags geschlossen
 

Foto Alphonse Mucha: Paul Gauguin am Harmonium in Muchas Atelier, Paris, um 1893/94

Alphonse Mucha: Paul Gauguin am Harmonium in Muchas Atelier, Paris, um 1893/94. Silbergelatine, 24 x 18 cm. Mucha Foundation, Prag

 
(thoMas)