Viele kennen sie, etliche nutzen sie, die sogenannten Party-Portale – jene Webseiten also, die über Veranstaltungen lokaler Stadtfeste, Clubs und Bars berichten. Und dabei die Gäste fleißig fotografieren. Doch dürfen die das?

Der Grund für die stetige Zunahme solcher Seiten liegt wohl auf der Hand: Neben der Ankündigung angesagter Events können dort auch Fotos der jeweiligen Veranstaltung – meistens nach vorheriger Gratisregistrierung – betrachtet werden. Beim Stöbern durch das virtuelle Fotoalbum hoffen viele, auf einen gelungenen Schnappschuss zu stoßen, und so ein Andenken an den verbrachten Abend zu erhalten.

So weit so gut. Doch wie sieht die Sache aus, wenn Personen ungewollt auf solchen öffentlichen Fotoalben landen? Was passiert, wenn die einmal fotografierte Person auf einmal gar nicht mehr in der Öffentlichkeit stehen will oder zumindest nicht in der dargestellten Form? Nicht selten erkennen sich Personen auf „Massenaufnahmen“ wieder, etwa wenn der Fotograf die gesamte Tanzfläche einer Diskothek ablichtet. Es mag auch durchaus vorkommen, dass Personen lediglich aufgrund reichlichen Biergenusses ihr Einverständnis zu einem Portrait-Schnappschuss geben. Die Folgen solcher Fotos dürften hin und wieder für einen bitteren Nachgeschmack und reichlich Kopfweh sorgen.

Folgerichtig haben sich erste Streitigkeiten ergeben, die den Weg vor Gericht unvermeidbar gemacht haben.

Aufgrund eines entsprechenden Sachverhalts hat das Amtsgericht Ingolstadt am 03.02.2009 ein interessantes Urteil gefällt und entschieden, dass die Veröffentlichung von Massenaufnahmen (Diskofotos) nur mit Einwilligung der Abgebildeten zulässig sind, wenn diese darauf erkennbar sind. Lesenswert ist die Entscheidung schon deshalb, weil sie beispielhaft auf die betroffenen Rechte und gegenseitigen Interessen abgebildeter Personen, von Fotografen und der publizierenden Webseite eingeht und gegeneinander abwägt. Die Argumente beider Seiten können im Übrigen verallgemeinert werden und auf ähnliche Fälle übertragen werden.

Vorbringen des Abgebildeten

Der fotografierte Kläger machte im Verlaufe des Verfahrens geltend, dass er weder vor noch nach Anfertigung der Fotos anlässlich des Besuchs der genannten Veranstaltung am 14.11.2008 befragt worden sei, ob er mit der Anfertigung und Veröffentlichung der Bilder einverstanden sei. Er habe nicht bemerkt, dass er fotografiert wurde; die Bilder seien folglich ohne sein Wissen auf der Webseite der Beklagten veröffentlicht worden. Er sei erstmals Ende November 2008 von Bekannten auf die betreffenden Fotos angesprochen worden.

Die Veröffentlichung der vorgelegten Bilder sei daher rechtswidrig. Bereits die Herstellung eines Bildes ohne seine Einwilligung sei grundsätzlich unzulässig. Er habe auch nicht damit rechnen müssen, dass die Bilder ohne seine Einwilligung in der Diskothek erstellt und anschließend auf einer Webseite veröffentlicht werden.

Argumente der Websitebetreiber

Die beklagte Betreiberin der Webseite erwiderte, dass zu ihrer Berichterstattung bereits seit Jahren die Bildberichterstattung mit Fotos aus verschiedenen Diskotheken in Deutschland gehöre. Mit der Einführung von Digitalkameras sei es ohnehin üblich geworden, dass in Diskotheken fotografiert wird, sowohl seitens der Presseorgane wie auch von Privatpersonen. Diese Fotos würden auf einer Vielzahl von Portalen veröffentlicht. Es gäbe kaum eine öffentliche Party in München, auf der nicht fotografiert werde. Damit müsse jeder Partygast rechnen. Die Fotografen würden dabei nicht heimlich auftreten, sie fotografierten gerade im Hinblick darauf, Aufmerksamkeit für ihr Medium zu wecken und mit den abgelichteten Personen zu interagieren.

Die Fotografen seien stets angehalten, den abgelichteten Personen eine sogenannte Hand-Out Karte mit einem Hinweis auf die Veröffentlichung im Internetportal des Seitenbetreibers zu übergeben; zudem würden die Fotografen im Hinblick auf die mit der Erstellung von Fotografien verbundenen Rechte und Pflichten sowie die Persönlichkeitsrechte der abgebildeten Personen geschult. Sie würden von den Inhabern der Website verpflichtet, um Zustimmung nach § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) zu fragen und auf die Veröffentlichung der Lichtbilder hinzuweisen.

Ausführungen des Gerichts

Das Gericht verurteilte die Seitenbetreiber zur Unterlassung der Veröffentlichung der Fotos des Klägers und stützten sich im Wesentlichen darauf, dass die Bilder den Kläger auf der Tanzfläche der von ihm besuchten Diskothek zeigten, wobei seine Person gut erkennbar im Vordergrund des Bildes positioniert sei. Eine Einwilligung hätten die Seitenbetreiber nicht dargetan. Schließlich sei auch kein konkludentes, also durch schlüssiges Verhalten kundgetanes, Einverständnis in die Aufnahmen seitens des Klägers zu erkennen.

Schlussfolgerungen für die Praxis

Das Urteil sollte für Betreiber von Partyportalen als Warnung dienen. Die aufgezeigten Mängel sollten sehr ernst genommen werden.

In Zukunft werden alle Betreiber solcher Seiten damit rechnen müssen, im Falle der Veröffentlichung von Schnappschüssen auf Unterlassung und eventuell Schadensersatz in Anspruch genommen zu werden. Dabei ist nun von folgenden feststehenden Grundsätzen auszugehen:

• Eine generelle Einwilligung in die Veröffentlichung von Bildern liegt – dies hat das Amtsgericht Ingolstadt hinreichend klar herausgearbeitet – in dem bloßen Betreten einer Diskothek nicht vor, auch wenn möglicherweise jedem Besucher bekannt sein dürfte, dass dort Fotografen verkehren, die die später veröffentlichten Fotos machen.

• Sogenannte Diskofotos sind weder dem Bereich der Zeitgeschichte zuzuordnen, noch fungieren die abgelichteten Personen lediglich als Beiwerk oder Teilnehmer einer Versammlung oder eines Aufzuges, sodass eine spätere Veröffentlichung nicht generell nach § 23 KUG zulässig ist.

• Auch „Massenaufnahmen“ können eine Person so stark individualisieren, dass eine unmittelbare Betroffenheit ihres Persönlichkeitsrechts gegeben ist.

Empfohlene Schutzmaßnahmen

Vor diesem Hintergrund bestehen drei Möglichkeiten, um das Risiko einer späteren Inanspruchnahme zu verringern:

Der sicherste Weg, wäre eine ausdrückliche, schriftlich fixierte Einwilligung jedes abgebildeten unmittelbar vor dem Schnappschuss. Dies dürfte allerdings aus mehreren Gründen nicht praktikabel sein: Erstens könnte auch dann eine Veröffentlichung mit dem Hinweis auf den – in Diskotheken nicht seltenen Fall – der Trunkenheit und folglich unwirksamen Einwilligung angegriffen werden. Zudem wäre die Einholung einer Unterschrift von sämtlichen Personen, die auf Massenfotos abgebildet werden, schlicht undurchführbar.

Die zweite, und für die Praxis praktikabelste Lösung, wäre die Anbringung deutlicher und gut lesbarer Hinweise am Eingang der betroffenen Lokale sowie auf etwaigen Eintrittskarten. Ganz sicher wäre man wohl nur, wenn man zusätzlich jeden Gast vor Eintritt eine Einwilligungserklärung unterzeichnen ließe.

Eine dritte, jedoch weniger zweckmäßige Alternative wäre die Entlohnung jeder abgebildeten und später veröffentlichten Person (wobei man über die Höhe der Vergütung sicher noch streiten könnte). In einem solchen Falle sieht § 22 Abs. 2 KUG vor, dass die Einwilligung als erteilt gilt, wenn der Abgebildete eine Entlohnung erhält. Eine angemessene Vergütung wäre zwar aufgrund werbefinanzierter Portale prinzipiell denkbar. Doch spätestens die Durchführung der Entlohnung dürfte angesichts der örtlichen Umstände und der Vielzahl der fotografierten Menschen nicht zumutbar sein. Im Falle von Massenaufnahmen dürfte im Übrigen eine Entlohnung im 3- bis 4-stelligen Eurobereich anfallen.

Fazit

Das Argument, jeder Gast wisse um die potentielle Veröffentlichung seiner Fotos, ist zwar nach zeitgemäßem Verständnis einleuchtend, vor Gericht dürfte es jedoch bis auf Weiteres keinen Erfolg bringen.

(RA Alessandro Foderà-Pierangeli)

Der Autor ist Rechtsanwalt in Mainz mit Tätigkeitsschwerpunkt im Medienrecht – www.anwalt-fuer-medienrecht.de