Foto Sergey Bratkov In Hamburg ist noch bis Ende August 2010 eine große Werkschau des russisch-ukrainischen Künstlers Sergey Bratkov zu sehen – „sozialkritisch, politisch und gleichzeitig von Poesie durchdrungen“:

Presseinformation der Hamburger Deichtorhallen:

SERGEY BRATKOV – HELDENZEITEN
18.06. – 29.08.2010

HAUS DER PHOTOGRAPHIE

Das Haus der Photographie in den Deichtorhallen widmet dem russisch-ukrainischen Künstler Sergey Bratkov (*1960) in Kooperation mit dem Fotomuseum Winterthur eine große Werkschau. Mit ca. 130 Werken gibt die Ausstellung einen umfangreichen Einblick in das fotografische Schaffen Bratkovs seit Anfang der 1990er Jahre, das sozialkritisch, politisch und gleichzeitig von Poesie durchdrungen ist.
Die wilden, schrillen, manchmal an die Grenzen der Wahrheit und des guten Geschmacks reichenden Fotografien, Bildserien und Videos bilden den expressiven Kern seines produktiven und umfangreichen Schaffens. Eine direkte, teilweise schonungslose Darstellung des Alltags und des Zusammenlebens nach dem Niedergang der Sowjetunion zieht sich als roter Faden durch das Werk und mischt sich zu einem bisweilen schrillen Theater der neuen Realität.

 

Foto Sergey Bratkov    Foto Sergey Bratkov

Sergey Bratkov: Aus der Serie «Army Girls», 2000 (junge Soldatinnen). C-Print, 50×70 cm / Mickey Mouse; aus der Serie «Juvenile Dention», 2001 (Jugendhaft). Lambda Print, 120×90 cm
Courtesy Regina Gallery, Moskau

 
Der in der ukrainischen Industriestadt Kharkov aufgewachsene Bratkov legt in seinen Bildserien die ideologisch überkommenen Klischees der Sowjetzeit ebenso offen wie den neuen Habitus des kraftstrotzenden Ostkapitalismus. Seine dokumentarischen Porträtserien über Stahlarbeiter (Steelworkers, 2003), obdachlose Kinder (Glue Sniffers, 2000) oder Frauen mit Kinderwunsch (Princess, 1996) zitieren die Bildsprache des national gefärbten Sozialismus, indem sie den Menschen schablonenartig in Stereotype einzuordnen vorgibt.

Sergey Bratkov sucht in seinen »Heldendarstellungen« jedoch nicht die Konformität der Gruppe, hinter der sich das Individuum verstecken könnte. Vielmehr provoziert er mit seinen Fotografien die post- sowjetische Gesellschaft durch gezielte Grenzüberschreitungen von geschmacklichen und moralischen Tabus. In der ironischen und subjektiven Zuspitzung des Erlebten erfindet Sergey Bratkov eine neue Form des sozialen Realismus in fotografischen Bildern und demaskiert den kritischen Sozialismus als ideologisch überkommene Fiktion.
 

Foto Sergey Bratkov

Sergey Bratkov. Aus der Serie «My Moscow», 2003 (Mein Moskau). Lambda Print, 28 x 72 cm. Courtesy Regina Gallery, Moskau. © Sergey Bratkov

 
Siehe auch:
Neue Helden

Ausstellung:
Sergey Bratkov – Heldenzeiten
18. Juni bis 29. August 2010
Deichtorhallen Hamburg – Haus der Photographie
Deichtorstraße 1 – 2
20095 Hamburg
Öffnungszeiten im Haus der Photographie: Dienstag – Sonntag 11 – 18 Uhr, Donnerstag 11 – 21 Uhr (außer an Feiertagen)

Literatur:
Sergey Bratkov – Dog Days / Heldenzeiten (bei amazon.de)
192 Seiten, 91 Farb- und 41 S/W-Abbildungen, Format 20,5 x 26,5 cm, Hardcover
Verlag Scheidegger & Spiess
ISBN-13: 978-3858812186
45 Euro

Thomas Selig (Hrsg.)
Sergey Bratkov. Eine ausgewählte Werkübersicht 1989-2008 (bei amazon.de)
Gebundene Ausgabe. 208 Seiten. Etwa 240 Abbildungen
Verlag Scheidegger & Spiess 2008
ISBN-13: 978-3858812186
40 Euro
 

(thoMas)
 

Foto Sergey Bratkov

Sergey Bratkov: Aus der Serie «Sailors», 2001 (Matrosen). Lambda Print, 83×60 cm
Courtesy Regina Gallery, Moskau