Foto: Kirill Golovchenko16.000 Schiffscontainer auf der grünen Wiese: die Chanel-No.5-Flasche gibt es hier für 3 Dollar, Nike-Turnschuhe für 25 Dollar. Mit Sinn für Humor und einem Faible für skurrile Alltagsästhetik erkundet Kirill Golovchenko in „7km – Field of Wonders“ den größten Markt Europas:

16.000 Schiffscontainer stehen hier auf der grünen Wiese. Hier, im Epizentrum des post-sowjetischen Handelsalltags, auf dem größten Marktplatz Europas, sieben Kilometer vor den Toren von Odessa. Eine ganz eigene Welt aus Container-Straßen, auf einer Fläche von 700.000 qm: Einer der größten Märkte der Welt, Tagesumsatz 20 Millionen US-Dollar, 10.000 Zwischenhändler, die hier kaufen, um wieder zu verkaufen. Insgesamt 60.000 Menschen arbeiten hier hart – unter bisweilen frühkapitalistischen Arbeitsbedingungen. Das sind die Fakten dieses so sonderbaren Ortes auf dem ehemaligen Gelände einer Müllverbrennungsanlage – und der in Mainz lebende Kirill Golovchenko, geboren 1974 in Odessa, hat die Bilder dazu. Sein Buch „7km – Field of Wonders“ ist vor ein paar Monaten im Snoeck-Verlag erschienen: eines der ungewöhnlichsten Fotobücher dieser Tage.
 

Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko
 
 
Foto: Kirill Golovchenko

 
Wenn Barbara Klemm – eine Förderin des Fotokünstlers – sagt, er bringe Ordnung in das Chaos, so ist das nicht ganz richtig. Denn vor allem stellt er das Chaos dieses Marktes dar, findet bunte, ungesehene, skurrile Bilder dafür: die Warenlager, die Verkäufer, die Zwischenhändler, all die Zelte und Pavillons, die Waren auch, Spielzeug, Schuhe, Haushaltsgeräte, Kosmetik, CDs, Elektronik, Autos, Kleidung, all das zeigen seine Bilder: grelle Bestandsaufnahmen dessen, welche Blüten die freie Marktwirtschaft in den Ländern der ehemaligen Sowjetunion heute so treibt.

Ein wenig des Witzes von Martin Parr steckt in diesen Bildern, auch der Geist der Pioniere der amerikanischen Farbfotografie, doch vor allem offenbart das Buch einen sehr eigenen Blick auf die Dinge: Da wechseln Porträts ab mit Architekturaufnahmen, scheinbar belanglose Waren-Stillleben mit intimen Blicken auf die Menschen, die hier arbeiten. Golovchenko ist ein Fotograf, dem Anteilnahme nicht fremd ist. Seine Bilder offenbaren einen humanistischen Blick, gepaart mit einem Sinn für Humor und einem Faible für skurrile Alltagsästhetik. Eine echte Entdeckung!

(Marc Peschke)
 
 
Buch:
Kirill Golovchenko
7km – Field of Wonders (bei amazon.de)
Snoeck Kunstbuchverlag. Köln 2009
144 Seiten
ISBN-13: 978-3940953315
29,80 Euro

Ausstellung:
Dokumentarfotografie Förderpreise 07/08
Bis 25. April 2010
Stadtgalerie im Elbeforum Brunsbüttel