Die schöne neue Welt der Online-Fotoagenturen verspricht schnelles Geld und großen Erfolg – aber auch das Gegenteil kann eintreten: der Fotograf macht sich seinen Markt und seine Preise kaputt

Schöne Fotos zu machen, stimmungsvolle Momente einzufangen, sie im Nachhinein sogar zu verfeinern, das ist für viele Fotografen bereits die „halbe Miete“. Im wörtlichen Sinne sind diese Errungenschaften jedoch weit weniger als die halbe Miete, sofern sich nicht die geeignete Verwertungsform findet. Da sich mehrere Millionen mehr oder weniger versierte Fotografen regelmäßig mit dieser Problematik beschäftigen, ist mittlerweile eine große, kaum noch zu überblickende Anzahl an sogenannten Online-Fotoagenturen entstanden. Deren Hauptzweck liegt im wesentlichen in der geldwerten Vermarktung von Schnappschüssen und echten Fotowerken. Dem einstellenden Fotografen werden hierfür (vermeintlich) üppige Gebühren nach bestimmten Merkmalen und Kriterien in Aussicht gestellt, die – sofern das Publikum die Werke zu schätzen weiß – ein Leben lang ausgezahlt werden können.

Dass diese Aussichten oft zu überschnellen Entscheidungen führen, die sowohl der einzelnen Fotografie, als auch der gesamten Fotobranche erheblichen Schaden zufügen können, erkennen indes nur wenige.

Das Prinzip der Online-Fotoagenturen

Wer gute Bilder schnell bekannt machen und in bare Münze umwandeln möchte, kann dies auf einer der zahlreichen Online-Fotoagenturen tun (vgl. etwa istockphoto.com, polylooks.de, fotolia.de, goodbild.com, fotosearch.de).

Gemeinsam ist allen Anbietern die erfolgsabhängige, provisionsähnliche Auszahlung der Lizenzgebühren, wobei ihr Wert und deren Auszahlungsfrequenz je nach Anbieter häufig und deutlich variieren kann. Häufig werden Bilder in verschiedenen Größen und Qualitätsskalen angeboten, die zu erzielende Lizenzgebühr dementsprechend gestaffelt.

Die Einstiegspreise sind für die Erwerber bei kleinsten Formaten sehr günstig (ab etwa 1,- Euro), so dass in diesen Fällen auch die erhoffte Lizenzgebühr nicht über einem Betrag von etwa 10-20 Cent liegen wird. Größere Einnahmen kann sich der Urheber des Werkes dadurch ausbedingen, dass er eine erweiterte oder sogar exklusive Lizenz einräumt. Hierbei wird dem Erwerber des Rechts die weitere geschäftliche Verwendung des Bildes eingeräumt bzw. wird ihm (so die AGB der meisten Agenturen) die alleinige Nutzung eingeräumt.

Aufgrund der steigenden Anzahl an Online-Agenturen, sowie wegen der Entstehung völlig kostenloser Bilddatenbanken, neigen die Nutzungsgebühren zu stetigem Sinken. Durch die zudem steigende Nutzerzahl steigt auch die Auswahlmöglichkeit von potentiellen Lizenz-Käufern, was den zu erwartenden Umsatz wiederum deutlich schmälert.

Urheberrechtliche Rahmenbedingungen des Online-Bildermarktes

Um diese Entwicklung und deren Folgen richtig einzuschätzen, sollte jeder Fotograf auch die urheberrechtlichen Rahmenbedingungen beachten, die bei der Einstellung in eine solche Online-Datenbank vorgegeben sind.

Nachfolgend sind der Klarheit halber nur einige der betroffenen Rechte aufgeführt, deren Bedeutung auch bei der Nutzung von Online-Bildagenturen stets berücksichtigt werden sollte.

Vervielfältigungsrecht

Nach § 16 Urheberrechtsgesetz hat der Urheber das ausschließliche Recht, sein Werk zu vervielfältigen. Er kann dies allerdings auch grundsätzlich jedem anderen erlauben bzw. verbieten. Dieses Recht wird nicht zuletzt durch die Einräumung des Rechts zum Download betroffen. Bei erweiterten und erst Recht bei der Gewährung von exklusiven Lizenzen begibt sich der Schöpfer eines Bildes der Möglichkeit, eine ungehinderte und unkontrollierte Vervielfältigung zu unterbinden. Dies kann – gerade bei künstlerisch wertvollen Fotografien – zu einem raschen Wertverfall und einer inflationären Verbreitung führen. Dies kann anfangs gewollt sein. Zu einem späteren Zeitpunkt kann das Werk jedoch mit Sicherheit nicht mehr angemessen vermarktet werden.

Ausstellungsrecht

Nach § 18 UrhG steht dem Urheber des Lichtbildwerkes auch ein Ausstellungsrecht, d.h. ein Recht zu, das Original oder Vervielfältigungsstücke öffentlich zur Schau zu stellen. Auch dies kann er anderen erlauben oder verbieten. Dieses für die Vermarktung von Fotografien äußerst wirksame Recht erlischt, sobald das Werk veröffentlicht wurde (§ 6 UrhG.). Bereits mit der Einstellung in die – öffentlich einsehbare – Datenbank einer Online-Fotoagentur wird dem Urheber das Recht, die öffentliche Ausstellung zu verbieten, unwiderruflich genommen. Damit wird es zwar nicht gemeinfrei (es kann also nicht von Jedem kostenfrei genutzt oder gewerblich weitervertrieben werden), aber es mindert oder verliert seinen spezifischen Wert.

Die „übliche Lizenzgebühr“

Gleichgültig, ob vertraglich vereinbart oder infolge einer eigenmächtigen Benutzung („Bilderklau im Internet“): der Urheber kann für die Einräumung von Nutzungsrechten eine Vergütung (sog. Lizenzgebühr) verlangen. Diese richtet sich im Falle vertraglicher Regelung nach den Bestimmungen der Parteien, die insoweit von ihrer Vertragsfreiheit Gebrauch machen.

Missachtet jemand das Urheberrecht des Fotografen und veröffentlicht oder verbreitet das Bild für eigene Zwecke ohne dessen Zustimmung, so kann der Urheber hierfür Schadensersatz von dem Verletzer fordern. Wie hoch der entsprechende Betrag im Ergebnis ausfällt, wird von Rechtsprechung und Fachliteratur nicht einheitlich beantwortet und ist stets auch eine Frage des Einzelfalls. Überwiegend wird hier eine fiktive Lizenzgebühr berechnet, die sich danach richtet, was bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer gewährt hätte.

Das Problem liegt vor diesem Hintergrund auf der Hand: Kein vernünftiger Lizenznehmer würde einen höheren Betrag als denjenigen entrichten, welcher von der Online-Fotoagentur (im Regelfall zwischen 1,- und 15,- Euro) gefordert wird. Daher dürfte es für den Fotografen, der seine Bilder bereits online anbietet, äußerst schwer werden, ein Gericht von einer höheren Gebühr (etwa nach den Tabellen der Verwertungsgesellschaft Bild/Kunst) zu überzeugen. Die wirtschaftlichen Unterschiede sind indes enorm.

Für die gesamte Branche bedeutet dies wiederum, dass Lizenzgebühren für Bilder – mit Ausnahme von ausgesprochenen High-End Fotografien – in Zukunft sicherlich nicht von Wachstum bestimmt sind. Vielmehr dürften sich langfristig die Vorgaben von Online-Fotoagenturen tendenziell durchsetzen und einen Foto-Billigmarkt entstehen lassen.

Ausweg § 32 UrhG?

Was ist nun zu tun, wenn ein zunächst eingestelltes Bild (aus unerfindlichen Gründen) plötzlich zu Weltruhm gelangt? Sind die mit der Fotoagentur vereinbarten 20 Cent Vergütung pro Download immer noch angemessen?

In solchen – wohlgemerkt seltenen – Fällen könnte die Bestimmung des § 32 UrhG helfen. Diese dient dem Schutz des Urhebers, der quasi in Unkenntnis seiner schöpferischen Kraft, ungünstige Vereinbarungen abschließt. Der § 32 UrhG gewährt dem Urheber einen Vertragsanpassungsanspruch soweit die vereinbarte Vergütung nicht angemessen ist.

Wie hoch die angemessene Vergütung ist, lässt sich in der Regel nach den hierfür einschlägigen Tabellen der VG Bild-Kunst ermitteln. Das Vorgehen gegen die Agenturen dürfte indes nicht immer leicht sein.

Fazit

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass die Einstellung in sogenannte Online-Fotoagenturen in jedem Falle wohl bedacht sein sollte. Die landläufige Meinung, wonach das Hochladen eines Bildes einen strategischen Markentingakt darstelle, der zur Bekanntheit und damit zur Wertsteigerung eines Bildes beiträgt, ist schlicht falsch.

Bei einfachen Schnappschüssen ohne jegliche geistige Schöpfungshöhe (Lichtbilder) kann dies weniger gravierende Folgen haben. Bei Bildern, die als Lichtbildwerke weitgehenden urheberrechtlichen Schutz genießen, bedeutet diese Vermarktungsart gleichzeitig einen sicheren Werteverfall. Dies gilt nicht nur für das einzelne Foto, sondern wegen des globalen Phänomens auch für die gesamte Branche der Kunstfotografie.

Nicht wenige Fotografien erlangten erst nach mehreren Jahren Ruhm und Wertschätzung. In der heutigen Zeit mag das vielleicht schneller gehen. Der Grad der Bewunderung dürfte durch die Einstellung in öffentlich zugängliche Online-Bild-Discounter jedenfalls nicht dazu beitragen.

(RA Alessandro Foderà-Pierangeli*)

* Der Autor ist Rechtsanwalt in Mainz mit Tätigkeitsschwerpunkt im Medienrecht / www.fodera-legal.de