Foto Georg RöbckeDie sogenannte „Heimatfotografie“ hat nicht gerade den besten Ruf. Bestenfalls Idyllen erwartet man von ihr, eher Schlimmeres: In der Zeit des Nationalsozialismus war sie ein Instrument der Propaganda: Nostalgische Bilder des Lebens auf dem Lande, pittoreske, bäuerliche Szenen sollten von der grausamen Wirklichkeit ablenken. Idylle war eine mediale Strategie. Doch in den vergangenen Jahren ist der Begriff der Heimat im Wandel

Heimat – nicht die Nation – wird in Zeiten der Globalisierung zunehmend wieder positiv besetzt. Nicht als Idylle soll sie mehr gelten, sondern – neu entdeckt und neu bewertet – als Ort des Individualismus, der Empathie, der Emotion und der Identität. Viele Romane etwa sind in den vergangenen Jahren erschienen, viele Filme gedreht worden, die ihren Ort der Handlung in Dörfern und Kleinstädten hatten.
 

Foto Georg Röbcke

Foto: Georg Röbcke (1863–1937)

 
Jetzt beschäftigt sich eine Ausstellung im Keramikmuseum in Staufen – in der Nähe von Freiburg – mit dem Thema: „Schwarzwald – Fotografen sehen ihre Heimat“ heißt sie und ist bis zum 21. Juni zu sehen. Ausgestellt werden Arbeiten aus der Sammlung des Badischen Landesmuseums: Bilder des Schwarzwalds und seiner Bewohner, angefertigt von ausnahmslos Schwarzwälder Fotografen. Exponate, die eine Zeitspanne von etwa hundert Jahren umfassen. Zu sehen sind schlichte Naturdarstellungen, Porträts, aber auch Dokumente des Alltags auf den einsamen Höfen. „Heimat“, so hat der Filmemacher Edgar Reitz einmal gesagt, „ist Geborgenheit, aber Heimat ist auch ein Gefängnis.“

Einer der Pioniere der Schwarzwald-Fotografie war Georg Röbcke (1863–1937), der um die Jahrhundertwende einer der wichtigsten Fotografen der Region war. Ihm gelangen hervorragende Porträts, aber auch sehr detaillierte Darstellungen von Landschaften und Schwarzwaldhöfen. Ganz dem Portrait des Bürgertums zugewandt hatte sich der Freiburger Fotograf Adolf Steinhäuser (1860–1928), dessen im Kohledruckverfahren entstandene Fotoarbeiten bisher kaum bekannt sind. Ganz anders dagegen Annemarie Brenzinger (1884–1968), die um 1910 die Großbauprojekte der Zementwarenfirma ihres Mannes dokumentierte.
 

Foto Alwin Tölle

Foto: Alwin Tölle (1906–1998)

 
Um 1950 ließ sich der Bildjournalist Alwin Tölle (1906–1998) im Hochschwarzwald nieder, der wie kaum ein anderer mit der Kamera bewahren wollte, was im Verschwinden war: die Welt der Holzschnitzer und Trachten, der Fronleichnamsprozessionen, Dorfschulen und Ochsengespanne. Schaute Tölle wehmütig auf die schwindenden Traditionen und Bräuche, so zeigte der 1925 geborene Hugo Beyer das moderne Freiburg der 50er, 60er und 70er Jahre. Der jüngste der gezeigten Fotografen ist der 1927 geborene Eugen Holdermann, dessen Landschaftsbilder, obzwar in den vergangenen Jahren entstanden, auf sonderbare Weise klassisch und zeitlos anmuten. Die Ausstellung mit etwa 100 Fotografien wird von einem qualitätvollen Katalogbuch begleitet.

(Marc Peschke)
 

Foto Eugen Holdermann

Foto: Eugen Holdermann

 

Titelabbildung Schwarzwald

Buch:
Badisches Landesmuseum Karlsruhe (Hrsg.)
Schwarzwald. Fotografen sehen ihre Heimat (bei amazon.de)
Texte von Elisabeth Haug und Harald Siebenmorgen
Edition Braus
Gebunden. 108 Seiten. 100 Abbildungen
ISBN 978-3-89466-282-0
29,90 Euro

Ausstellung:
Schwarzwald – Fotografen sehen Ihre Heimat
Bis 21. Juni 2009
Keramikmuseum Staufen
Wettelbrunner Straße 3
79219 Staufen
Telefon 07633-6721
Mittwoch bis Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 13 und 14 bis 17 Uhr