Die 1974 in Wiesbaden geborene Fotografin Andrea Diefenbach hat einen Hang zu „schweren“ Themen
Die ausgebildete Fotografin und Absolventin der Fachhochschule Bielefeld, deren Fotografien unter anderem im SZ Magazin, in Brand Eins, im Stern oder in Die Zeit erscheinen, veröffentlichte im Jahr 2005 ein Buch über die bisher unheilbare Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose nun ist ihr Band über „Aids in Odessa“ erschienen.
„Aids in Odessa“ ist ein Buch, das man kaum aus der Hand legen kann. Im Jahr 2006 fotografiert, stellt Diefenbach Frauen und Männer aus der Hafenstadt Odessa vor, die HIV-positiv sind. Die Ukraine, das ist bis heute wenig bekannt, ist das Land mit den meisten HIV-Neuinfektionen in Europa, was vor allem am rasant gestiegenen Drogenmissbrauch liegt. Nach Schätzungen leben in Odessa etwa 160 000 infizierte Menschen, das ist etwa jeder zehnte Einwohner in der Ukraine sind es etwa eine halbe Million.
Was zeichnet die Bilder Diefenbachs aus? Ist es die Stille, die in ihnen ist? Die Anteilnahme, die Empathie, mit der sich die Fotografin ihren Protagonisten nähert? Das Alltägliche, das in diesen Bildern steckt? Vielleicht ist es dies: „Es sind Bilder, die sichtbar machen, wie sehr Leid und Schmerz im gesamten Land um sich greifen. Um so zu fotografieren, muss man diesen Schmerz mitfühlen und das spürt man in jedem einzelnen Bild“ so der ukrainische Fotograf Boris Mikhailov im Vorwort zum jetzt erschienenen Buch.

Die Biografien sind unterschiedlich, doch die Krankheit eint sie alle. Da ist etwa Natascha, 23 Jahre, die zwei Kinder hat und sich vermutlich durch ungeschützten Sex als Prostituierte mit HIV infiziert hat. Schon einige Jahre spritzt sie verschiedene, oft unreine Drogen: eine blonde, junge Frau, die am Krückstock unter blühenden Bäumen spaziert, ihre Beine sind gelähmt. Ein leerer Blick aus einem Autobus, eine Umarmung, die Verzweiflung lindern soll, nicht lindern kann. Zwischen die Porträts mischt Diefenbach Bilder der Umgebung, Blicke in die Wohnungen der Betroffenen, zeigt ihr Umfeld: all die heruntergekommenen, schlecht ausgestatteten Krankenhäuser, das ganze kollabierte Gesundheitssystem im Postsozialismus. Eine unprätentiöse, sehr selbstverständlich komponierte Fotografie, die in warmen Farbtönen dem Elend ganz nah kommt, doch den Menschen ihre Würde lässt.

„Ich hatte keine Ahnung, ob ich das Ganze hinbekommen würde“, hat Diefenbach in einem Interview erzählt. „Ich wusste überhaupt nicht, was auf mich zukommen würde. Gleichzeitig hatte ich diesen Tatendrang, dass ich unbedingt erzählen wollte, was in diesem Land geschieht. Einige der Menschen habe ich eine Weile begleitet und vielen bin mit der Zeit sehr nahe gekommen. Drei von ihnen sind während meiner zweimonatigen Arbeit in der Ukraine gestorben. Das ganze Projekt hat mich wohl nachhaltig geprägt.“
Boris Mikhailov schreibt in seinem Vorwort, es seien ganz normale Menschen, die wir hier sehen würden. Menschen, die den Kampf gegen die Krankheit aufgenommen haben. Doch viele haben den Kampf schon verloren. So wie etwa Tanja, deren Schicksal Andrea Diefenbach noch über ihren Tod hinaus fotografiert hat. „Aids in Odessa“ ist ein trauriges, ein unsagbar trauriges Buch. Es schmerzt, so viel Leid zu sehen. Doch in die Traurigkeit mischt sich Mitgefühl. Aus Anteilnahme speist sich eine Art von Hoffnung.
(Marc Peschke)
Ausstellung:
Andrea Diefenbach: AIDS in Odessa
11. Januar bis 22. Februar 2009
ZEPHYR – Raum für Fotografie!
Mannheim
Buch:
Andrea Diefenbach
AIDS in Odessa (bei amazon.de)
Vorwort von Boris Mikhailov. Text von Andrea Diefenbach
Deutsch/Englisch
192 Seiten. 100 Abbildungen. Gebunden
Hatje Cantz 2008
ISBN 978-3-7757-2158-5
29,80 Euro
Totenruhe
„Eine unprätentiöse, sehr selbstverständlich komponierte Fotografie, die in warmen Farbtönen dem Elend ganz nah kommt, doch den Menschen ihre Würde lässt.“
Ach wirklich Frau Diefenbach?Wollen Sie im offenen Sarg begafft werden?Einfach mal die Kamera zu Hause lassen.Das gilt auch für Ihre Kollegen,die glauben unter dem Deckmäntelchen der Informationspflicht Alles und Jeden zeigen zu müssen.
Würde
Da gebe ich Ihnen nur zum Teil Recht, diese Fotografien sind sehr gut.
Ansonsten nehme ich an das Sie den Fernseher abschalten, Zeitungen und Zeitschriften beiseite legen um dies nicht sehen zu müssen. Die Bilder in den Zeitungen sind wesentlich schlimmer und fast nur „Sensationsgeil“.
Zeitungen müssen an den Kunden, dieses Buch wird nur von Interessierten gekauft.
Gruß Robert
P.s. wie ist Ihr Name?
Gast schrieb:
Ach wirklich
[quote=Gast]Ach wirklich Frau Diefenbach?Wollen Sie im offenen Sarg begafft werden?[/quote]
Wäre der Sarg sonst offen?
ohne je irgendetwas zu bewirken…
Ganz Recht haben Sie nicht, es hat bewirkt das Sie sich mit dem Thema befassen. Das werden andere auch und manch einer bewirkt eine Verbesserung der Situation. Ansonsten würde es uns heute auch nicht gut gehen mit Ihrer Einstellung.
Robert
Das wenigstens der einstieg in eine sinnvolle Diskussion
Da bin genau Ihrer Meinung.
Wegsehen ist genau so sinnlos, wie aktionsloses Hinsehen und führen von Salondiskussionen.
Wenn man sich aber seriös mit einer solchen Thematik beschäftigt, findet man meist auch einen Weg sich direkt zu engagieren.
Außer es gibt ein politisches Interesse, das ein solches Engagement nicht erwünscht ist. Wie es zum Beispiel in Afrika oft der Fall ist.
Da haben Sie in der Tat lediglich die Möglichkeit sich an humanitären Projekten finanziell zu beteiligen.
Die Frage nach dem „man“ ist recht einfach beantwortet. „Man“ ist eine Variable für jeden Einzelnen der sich betroffen fühlt.
Für diejenigen die sich nicht betroffen fühlen gilt es nicht und ich möchte das auch keinesfalls werten, ob sich jemand engagiert oder nicht.
Ich leite keinerlei Verpflichtung aus der zufälligen Tatsache in eine relativ privilegierte Situation hinein geboren zu sein ab.
Wenn Sie konkret Afrika ansprechen: Es gibt dort hinreichend Projekte zum Bau von Wasserleitungen.
Das ist dringend notwendig, wenn Sie helfen wollen, dass Frauen einen Großteil ihrer Zeit nicht damit verbringen müssen Wasser zu schleppen.
Diese Zeit geht allen anderen Tätigkeiten verloren, die helfen könnten die Länder zu entwickeln.
Dass Sie von hier aus nicht in die Gesundheitspolitik einzelner Länder eingreifen können ist klar.
Wenn das Problem Aids weggeleugnet wird, können Sie von hier aus keine Aufklärung betreiben. Sie können auch kaum direkt helfen.
Da nutzt aber auch ein Bildband nichts, außer die damit verdienten Gelder gingen zu einem gewissen Teil in die örtliche Aidshilfe.
Das Problem mit Aids in Osteuropa und Teilen Afrikas ist zum Teil die Armut und und zum anderen Teil die Ignoranz der politischen Führung
Das allerdings beginnt schon im Westen. Schreiben Sie doch dem Papst einen Brief was sie von seiner Aidspolitik halten.
Sie können auch Aidsinitiativen hier unterstützen, die Partnerschaften in diesen Ländern unterhalten.
Entweder, dass Sie einen Teil Ihrer Arbeitskraft unentgeltlich zur Verfügung stellen oder dass Sie Geld zur Verfügung stellen.
Informieren Sie sich über Aktionen die unsere Entwicklungshilfe durchführt und lassen sie Ihren Bundestagsabgeordneten wissen, was Sie davon halten.
Entziehen Sie Konzernen die einen Großteil ihrer Gewinne durch Ausbeutung unterentwickelter Länder erzielen die Unterstützung indem Sie deren Produkte meiden.
Alles kleine Dinge, die vielleicht nur einen geringen Beitrag bringen, aber immer noch mehr, als nur zuzusehen und betroffen zu sein.
Allerdings finde ich es auch nicht verwerflich gar nichts zu tun.
Falsch finde ich aber, sich zu empören und dennoch nichts zu unternehmen.
einen Hang zu schlechten Fotos.
Die 1974 in Wiesbaden geborene Fotografin Andrea Diefenbach hat einen Hang zu „schweren“ Themen und zu schlechten Fotos.
Unfassbar.
Schlecht??
Habe mir gerade die Webseite angeschaut, „schlecht“ ist da kein Foto! Anders (ohne Verschönerung) dargestellt sind die Bilder eben nicht jedermanns Sachen! Aber sogenannte, ich habe auch eine DIGI-Kamera;Bilder, gibt es genug (leider zuviel).
Gerne sehe ich mir Ihre Bilder an!
Robert Kalb
www.robertkalb.at
Mein Gott …
… nur noch blödes Gequatsche. Das Kommentarniveau auf photoscala sinkt weiter und weiter. Besorgt euch doch den „Leuchtturm“, den gibt es auf den Einkaufsstraßen in jeder anständigen Großstadt kostenlos und es sind viele schöne Bilder drin – und dazu gibt es Texte voller Harmonie, tolle Geschichten vom Paradies und einfache Antworten.
Mein Gott
Danke für den letzten Kommentar-
er spricht mir aus dem Herzen!
die niveaulosen Kommentare einzelner sind es was einem dieses Forum vergällt.
Fotografie ist bekanntlich subjektiv – aber von schlechten Fotos kann bei Diefenbach und anderen hier vorgestellten Publiszisten meist wirklich nicht sprechen.
aber vom bequemen Sessel aus laesst es sich ja leicht kritisieren…
Die positiven Kommentare sind auch nicht besser
So, oder so relativ unreflektiert.
Mir gefallen die Bilder auch nicht. Und zwar weil sie nichts Neues zeigen. Weder ästhetisch, noch technisch, noch inhaltlich.
Jeder, der nicht völlig von den Nachrichten abgeschnitten lebt, hat vermutlich mitbekommen, dass wir – als bürgerliche Mitte – in Deutschland in einer äußerst privilegierten Situation leben.
Daher ist es nicht überraschend, dass sich das in anderen Regionen anders verhält. Auch das Bildmaterial zeigt keine Neuheiten – alles schon mal gesehen.
Zudem stört mich der sehr ausgeprägte Hang zum Elendsvoyeurismus. In der warmen Stube schreckliche Bilder ansehen und betroffen sein, scheint hierzulande eine Obsession zu sein. Was bewirkt das? Wird dadurch jemand aktiv? Ändert sich etwas? Kann man etwas ändern?
Fühlt man sich dadurch besser, wenn man seinen Wohlfühl-Wohlstand gelegentlich durch Betrachten persönlicher Schicksale stört?
In jeder wohlhabenden Gesellschaft findet man dieses wirkungslose Betroffen- oder Solidarischsein. In den USA streicht man für eine halbe Stunde die Wände,
in Italien gefällt man sich darin als Millionär Kommunist zu sein.
Publikationen wie die von Diefenbach treffen genau diese Stimmung und dieses seltsame Bedürfnis ohne je irgendetwas zu bewirken.
Das ist visuelles Zeigefinger-Heben mehr nicht.
Gruß
Frankg