Michael Gradias hat im Galileo-Verlag den Titel Panasonic LUMIX Superzoom. Das Kamerahandbuch veröffentlicht. Wir haben es gelesen:

Fangen wir mit dem Positiven an. Das Buch ist gut gedruckt, reichlich bebildert und mit über 300 Seiten im Hardcover und samt Lesebändchen gut ausgestattet. Es lässt sich gut in der Hand halten und lesen.

Gradias‘ Bildbeispiele, um damit fortzufahren, sind durchwachsen. Einige sind ganz nett, manche veranschaulichen eine Funktion, andere sind belanglos. So rechte Freude aber mag bei mir nicht aufkommen; Begeisterung fürs Fotografieren, die Lust am Foto springt nicht über.

Und der Text?

Die Automatik, die von engagierten Fotografen in den meisten Fällen verwendet wird, ist die Programmautomatik … (siehe auch Leseprobe – Die Programmautomatik; PDF-Datei). Eine gewagte Aussage, fallen mir doch unter meinen engagierten Fotografen-Freunden mehr ein, die Zeitautomatik oder manuelle Belichtungseinstellung bevorzugen, als solche, die der Programmautomatik das Wort reden. Die Programmautomatik wird auch benutzt, keine Frage. Aber ob von Engagierten in den meisten Fällen? Weiter im Text: … hier ermitteln die Kameras selbstständig die passende Zeit-Blenden-Kombination, damit ein perfekt belichtetes Bild entsteht … Na, da werden sich all die die Augen reiben, die mit der Programmautomatik mal kein perfekt belichtetes Bild hinbekommen. Kamera kaputt? Nein, für das „perfekt belichtete Bild“ sind eben andere Dinge ausschlaggebend, allen voran Belichtungsmessung und Belichtungsmesscharakteristik.

Zur „Programmverschiebung“ (so nennt Panasonic den Programm-Shift, auch dieser Abschnitt ist in der PDF-Datei Leseprobe nachzulesen) weiß Gradias: Ein Beispiel: Sie können ein Bild mit der Belichtungszeit 1/250 sek bei Blende 8 belichten, genauso wie auch mit 1/50 sek – dafür aber mit Blende 5,6. Beide Kombinationen werden dieselbe ausgewogene Bildhelligkeit ergeben. Das ist schlicht falsch. Die zweite Kombination sollte „1/500 s bei Blende 5,6“ lauten. Das mag ein Tippfehler sein. Aber Gradias unterlässt es an der Stelle, dem Leser Lichtwert, Zeit- und Blendenreihen zu erklären und ihn so in die Lage zu versetzen, die Programmverschiebung in Gänze zu verstehen und bewusst zu nutzen (und nebenbei, diesen Fehler als solchen zu erkennen). Lesen wir weiter:

Die Zeitautomatik ist bei Motiven gut geeignet, bei denen Sie das Objekt, das fotografiert werden soll, vom Hintergrund trennen wollen.

Und was ist mit dem Gegenteil – besonders großer Schärfentiefe? Mal ganz abgesehen davon, dass die kurzen effektiven Brennweiten der Lumix-Superzooms notwendigerweise vergleichsweise große Schärfentiefe zeigen – „freistellen“ mit einer Schärfentiefe im Zentimeterbereich, wie das mit dem 1,4/85 mm an der Kleinbildkamera möglich ist, fällt hier flach. Wenn schon Freistellen mit der Superzoom, dann geht das allenfalls im Telebereich. Die Lumix FZ50 etwa hat ein 2,8-3,7/ 7,4-88,8 mm, das zwar aufgrund des kleinen Sensors bildwinkelmäßig wirkt wie ein 2,8-3,7/35-420 mm an der Kleinbildkamera, aber eben effektiv viel kürzere Brennweiten nutzt. Selbst im besten Fall – größte Telestellung bei Offenblende – reden wir hier tatsächlich von einem 3,7/90 mm. Das bildet zwar dasselbe ab wie ein 420er an der Kleinbildkamera, verhält sich aber eben schärfentiefemäßig wie ein 90er. Will heißen, um ein freigestelltes Porträt zu bekommen, muss ich mit möglichst langer Brennweite fotografieren. Aus dann – geschätzten – 15 m Aufnahmeabstand für ein Porträt ist die Kommunikation mit dem oder der Abzulichtenden aber nicht mehr sehr spontan, zudem handele ich mir die Nachteile der extremen Teleaufnahme ein – Perspektivverflachung nämlich.

Davon bei Gradias kein Wort. Zumindest nicht an dieser Stelle. An anderer Stelle erfahren wir ein wenig über Blenden, über Brennweiten, über Schärfentiefe. Aber eben nicht im Zusammenhang. Es bleiben Versatzstücke.

Zum Televorsatz DMW-LT55E schreibt Gradias: Wenn Sie die maximale Brennweite verwenden, sollten Sie schon eine Belichtungszeit von 1/1000 Sekunde nutzen oder ein Stativ einsetzen, um die Verwacklungsgefahr zu minimieren. Vom Bildstabilisator kein Wort.

Noch ein Zitat; aus einem Kasten „Achtung“ auf S. 117: Die gezielte Belichtungsmessung auf ein Objekt im Bildzentrum führt automatisch dazu, dass die anderen Bildteile falsch belichtet werden. Dies lässt sich nicht verhindern. Wie bitte? Ich zeige Herrn Gradias gerne jede Menge Motive – auch in seinem Buch -, bei denen die gezielte Belichtungsmessung auf ein Objekt im Bildzentrum automatisch dazu führt, dass die anderen Bildteile richtig belichtet werden. Ganz abgesehen davon, dass Gradias an dieser Stelle („Die Spotmessung“, S. 116) geflissentlich den Messwertspeicher verschweigt, der die Spotmessung doch erst so eigentlich zur Hochform auflaufen lässt: Als die Möglichkeit, ein wichtiges Bilddetail gezielt anzumessen, um dann mit gespeichertem Messwert den Bildausschnitt festzulegen.

Ein paar Beispiele, die zeigen, dass Gradias‘ Text allzu oft wenig hilfreich ist für seine Leser: Wer um die Fakten weiß, ärgert sich über solche Schlampigkeiten und Unrichtigkeiten. Der Unkundige hingegen liest sich Falsches und Halbwahres an.

So vage Gradias, leider, gerne im Technischen bleibt – da also, wo es um unumstößliche Fakten gehen könnte – so bestimmt wird er im Gestalterischen: Wenn Sie Ihre Familienmitglieder fotografieren wollen, so ist es das höchste Ziel, dass die fotografierten Menschen natürlich wirken. An dem Manne sind reißende Strömungen fotografischer Ausdrucksmöglichkeiten abgeperlt.

Wobei sich Gradias, das sei zugestanden, fleißig durch die Menüs und Optionen der Superzooms geklickt hat und daran auch den Leser teilhaben lässt. Ebenso, wie er die beiliegende Software ausführlich funktions-beschreibt („… Drücken Sie dann die rechte Maustaste …“).

Kurz, weder in Bild noch in Text vermag mir der Autor zu vermitteln, dass a) Fotografie im Allgemeinen und b) das Fotografieren mit den Lumix-Superzoom-Modellen im Besonderen richtig Spaß machen kann, und wie mir die Technik dabei dienen kann. Gradias erweist sich als einer, der vieles will, dem aber wenig gelingt. Er beschreibt viele Dinge (oberflächlich), hat aber wenige verstanden bzw. kann sie nicht wirklich verständlich und richtig wieder- und weitergeben: So soll ein Fachbuch nicht sein.

(thoMas)

Titel Panasonic LUMIX Superzoom

 
 
Michael Gradias
Panasonic LUMIX Superzoom. Das Kamerahandbuch (bei amazon.de)
Für die Superzoom-Modelle FZ50, FZ28, FZ8, TZ4/5
304 S., 2009, geb., komplett in Farbe
ISBN 978-3-8362-1361-5
39,90 Euro