Foto Izima KaoruSie haben Stil, sind bestens gekleidet – die jungen, schönen „Toten“ des Japaners Izima Kaoru, der äußerst morbide Modefotografien zeigt:

Der Tod und die Schönheit. Nicht, dass diese Verbindung in Kunst und Kultur wirklich neu wäre. Im Tanztheater von Jan Fabre begegnen wir dieser perfekten Melange oder etwa auch in Thomas Manns Buch „Der Tod in Venedig“: Das Gegensatzpaar Tod und Schönheit, Untergang und Rausch ist ein fester Bestandteil unseres Bilderkanons. Und tatsächlich ist eine besondere Faszination, eine Schönheit, im Tod. Vor allem, wenn sie nicht mit dem einhergeht, was diesen üblicherweise begleitet: Krankheit, blutige, offene Wunden … und alsbald: Verwesung.
 

Foto Izima Kaoru. Aus Landscapes with a Corpse

 
Auch die Fotografie hat sich dem Thema des „Schönen Todes“, der „schönen Leiche“ häufig angenommen – denken wir etwa an die Inszenierungen von Cindy Sherman oder Nobuyoshi Araki: Der Tod macht etwas her, vor allem in fotografischer Hinsicht. So ist es auch mit den prachtvollen Fotoinszenierungen von Izima Kaoru, dessen Band „Landscapes with a Corpse“ („Landschaften mit Leichnam“) gerade im Verlag Hatje Cantz erschienen ist. Sie nehmen binnen Sekunden gefangen. Üppig, süßlich und gleichzeitig morbide sind sie: Der Tod. Hier ist er die Mutter der Schönheit.
 

Foto Izima Kaoru. Aus Landscapes with a Corpse

 
Was ist zu sehen? Vermeintlich tote, sehr schöne, bildhübsche junge Frauen. Man kann verstehen, dass der Kunstmarkt wahrlich enthusiasmiert ist, denn die jungen Schönen sehen aus wie aus edlen Modezeitschriften gesprungen: Sie haben Stil, sind bestens gekleidet. Kein Wunder, viele von ihnen sind Schauspielerinnen oder Models, die der Fotograf bittet, sich ihren eigenen Tod vorzustellen. Diese Ideen seiner Protagonistinnen überführt Kaoru in glänzende, hochästhetische Bilder, die allesamt einen Satz von Edgar Allan Poe illustrieren: „Der Tod einer schönen Frau ist ohne Zweifel das poetischste Thema der Welt.“

Gerade die japanische Fotografie hat sich immer wieder dem Miteinander von Tod und Schönheit gewidmet. Der 1954 in Kyoto geborene Izima Kaoru formuliert das Thema seit Anfang der Neunziger auf ganz eigene Art: Er zeigt auf ungemein unterschiedliche, höchst phantasievolle Weise viele wunderschöne Arten zu sterben – und verzichtet nicht darauf, seinen Bildern noch Angaben darüber beizugeben, was die soeben verschiedenen, perfekt geschminkten Schönheiten am toten Leib tragen: Prada, Gucci, Dolce & Gabbana, Comme des Garçons, Dior & Co.
 

Foto Izima Kaoru. Aus Landscapes with a Corpse

 
Da sind wundervolle Landschaftsbilder darunter, aber auch Inszenierungen in städtischen Räumen, melancholische Bilder, die dennoch zu glanzvoll sind, zu sehr Oberfläche, um ganz tief berühren zu können. Zu überdeutlich ist manchmal der Wunsch, ausgefallene Ideen zu entwickeln, zu perfekt passen die leuchtenden Farben der Kleider und Handtaschen zu der Umgebung von herrlichen Parks, sattgrünen Wiesen, futuristischen Gebäuden, tristen Hinterhöfen und blühenden Gärten, in denen die Toten, perfekt drapiert, liegen.

Etwas stimmt hier nicht, etwas ist faul: Diese glanzvollen Bilder, diese Totalen, Aufsichten und Nahaufnahmen sind doch zu schön. Diese Bilder des Todes haben den Tod, die Gewalt, den Schrecken selbst aus sich verbannt. Es sind wundervoll elegante Modefotografien mit perfekter Requisite. Das ist nicht verwerflich, Modefotografie kann ganz selbstverständlich in den Bereich der künstlerischen Fotografie dringen, im Miteinander kann Neues entstehen. So auch hier. Izima Kaoru nennt seinen fotografischen Stil übrigens ganz bescheiden einen „Akt des persönlichen Fotojournalismus“.

(Marc Peschke)
 
 

Foto Izima Kaoru. Aus Landscapes with a Corpse

Buch:
Izima Kaoru
Landscapes with a Corpse (bei amazon.de)
Texte von Roy Exley, Yuko Hasegawa und Peter Weiermair
Deutsch/Englisch
192 Seiten. 171 farbige Abbildungen. Halbleinen
Hatje Cantz 2008
ISBN 978-3-7757-2237-7
68 Euro

Ausstellung:
Bis 19. Dezember 2008
Galerie Andreas Binder
Knöbelstrasse 27
80538 München
Telefon 089-219 39 250