Foto der Bessa II von VoigtländereAuf der PMA 2008 erstmals gezeigt, um das Interesse abzuklopfen, auf der photokina 2008 dann spruchreif, soll sie im kommenden Frühjahr 2009 serienreif sein, die Voigtländer Bessa III. Anmerkungen zu Vorgeschichte und Fertiger:

Vor 52 Jahren stellte die damalige Voigtländer AG mit dem Produktionsende der Bessa II auch die Produktion ihrer Rollfim-Reisekameras ein. Die über die Jahre mit unterschiedlicher Objektivausstattung gelieferten Kameras erfreuen sich auch heute noch jenseits der Sammler einiger Beliebtheit bei Mittelformatfotografen. Dies gilt vor allem, nachdem die meisten anderen Anbieter wie Fujifilm, Bronica oder Plaubel keine entsprechenden Kameras mehr liefern. Das Angebot hat sich inzwischen auf die Mamiya 7 II reduziert.

Wie die photokina 2008 gezeigt hat, gibt es aber offensichtlich wieder Hersteller, die im Feld der Mittelformat-Reisekameras eine Marktlücke sehen. Möglicherweise ist die Lücke nur eine Nische, aber für einen flexiblen Hersteller wie Cosina scheint diese Lücke für eine Mittelformat-Messsucherkamera ausreichend groß zu sein, um Erfolg zu versprechen. Die Liebhaber von 6×6- und 6×7-cm-Formaten werden dabei mit dem gleichen Kameramodell (Bessa III 667) bedient, da sich das Aufnahmeformat umstellen lässt.

In Deutschland wird der Vertrieb der Voigtländer Bessa III wie erwartet über die Fachhändler erfolgen, die Ringfoto angeschlossen sind. Damit kann auch sicher gestellt werden, dass der Kunde einen kompetenten Ansprechpartner für die Entwicklung seiner Rollfilme und die gewünschten Abzüge hat. Leider hat sich ja die Zahl der Labors, die Rollfilme entwickeln, in den vergangenen Jahren dramatisch reduziert.
 

Foto der Bessa III
 
 
Foto der Oberseite der Bessa III
 
 
Foto der Oberseite Bessa III; Objektiv ausgefahren

 
Wie bei einer Messsucherkamera nicht anders zu erwarten, erfolgt die Fokussierung manuell. Im Interesse einer hohen Bildqualität sollte hier ein schon traditioneller Produktvorteil der alten Bessa-Modelle aufgegriffen werden und eine Scharfeinstellung durch Verschieben des gesamten Objektivs und nicht nur der Frontlinse realisiert werden. (Wie es tatsächlich umgesetzt wird, steht derzeit noch nicht fest.)

Bei den auf der diesjährigen photokina 2008 auf den Ständen von Ringfoto/Voigtländer und Fujifilm gezeigten Kameras handelte es sich um zwei unterschiedliche Modelle. Eines war ein funktionsloses Designmodell, das zweite ein funktionsfähiger Prototyp, mit dem schon die ersten Aufnahmen gemacht werden konnten. Bis zur Markteinführung wird dieses Modell jedoch noch einigen Veränderungen unterworfen werden. Derzeit verfügt die Kamera im Gegensatz zur ehemaligen Bessa II (Aufnahmeformat 6×9; mehrere Varianten mit 105 mm Brennweite) über ein Heliar mit der Lichtstärke 3,5 und einer Brennweite von 80 mm. Ein weiterer Unterschied besteht in der integrierten Belichtungsmessung mit Zeitenautomatik, wobei auch die Möglichkeit zur manuellen Zeiteneinstellung besteht. Während die Zeiteneinstellung am Kameragehäuse erfolgt, wird die Blende ebenso wie die Entfernung am Objektiv eingestellt. Im Gegensatz zur Bessa II hat die Kamera einen Zubehörschuh mit Mittenkontakt auf der oberen Kameraabdeckung erhalten. Sinnvoll wäre es, wenn sich hinter der an der linken Kameraseite erkennbaren Buchse ein X-Kontakt für den Anschluss von Blitzgeräten verbergen würde.Wie bei den Bessa-Kleinbildkameras hat man auch bei der Bessa III auf eine integrierte Blitz-TTL-Messung mit Zusatzkontakten im Blitzschuh verzichtet.
 

Foto der Bessa III mit geöffneter Rückwand

 
Wie ein Blick in die Kamera bei geöffneter Rückwand zeigt, kann der Formatwechsel von 6×6 auf 6×7 nur mit dem Filmwechsel vorgenommen werden.

Was jetzt noch fehlt, ist der Preis für die Kamera, die im Frühjahr 2009 lieferbar sein soll. In diesem Punkt halten sich noch alle Beteiligten bedeckt. Da der Preis den Vorstellungen von Cosina, Voigtländer, aber auch Fujifilm, entsprechen muss, wird das Preisschild wohl erst nach Beginn des neuen Jahres präsentiert werden. (Fujifilm befindet sich mit im Boot, da die Kamera in Japan von Fujifilm vermarktet wird.)

 
Auch wenn Fujifilm auf der PMA 2008 erste Muster präsentiert hatte, handelt es sich bei der Kamera offensichtlich um ein weitgehend von Cosina selbst entwickeltes Modell. Aufgrund unglücklicher Vertriebsmodelle war das Unternehmen in der Vergangenheit mit Produkten unter eigenem Namen nicht gerade erfolgreich, hat sich aber in den letzten Jahren zum Spezialisten für kleine und mittelgroße Serien entwickelt, und zeigt dabei trotz Fertigung im Hochlohnland Japan eine Kostenstruktur, die einer Großserienfertigung entspricht.

Im Bereich der Kameratechnik hatte Cosina sich lange Zeit auf analoge Kleinbildkameras mit Komponenten aus dem vorhandenen Baukastensystem konzentriert, die dann als OEM-Produkt als Argus, Bauer, Canon, Cavalier, Chinon, Exakta (Exakta Twin), Konica, Miranda, Nikon, Olympus, Petri, Soligor, Topcon, Vivitar, Yashica und unter zahlreichen anderen Namen verfügbar waren. Ende der 1990er Jahre hat man das erreichbare Einsparpotential dann mit der Cosina 107-SW weitgehend ausgereizt, indem man auf den Spiegelkasten verzichtete und die Kamera mit einem Aufstecksucher versah.

Der Erfolg dieser Kamera begann mit der Produktion unter Namenslizenz von Voigtländer, die man unter dem Namen Bessa L auch im Heimatland Japan erfolgreich vertreiben konnte. In den Bereich der Digitalkameras wagte sich Cosina nur als Zulieferer für das in der gleichen Provinz angesiedelte Unternehmen Epson. Dieser Ausflug war aufgrund signifikanter Schwächen in der Vermarktung durch die Seiko Epson Gruppe jedoch nicht von sonderlich großem Erfolg gekrönt.

Mit der Bessa III verlässt Cosina nun die bislang erfolgreiche Firmenpolitik im Sektor der analogen Kleinbildkameras und startet in einem für das Unternehmen neuen Segment, das auf den ersten Blick nur geringe Möglichkeiten zur Nutzung von vorhandenen Baukastenmodulen bietet. In Abkehr von der bisherigen Vorgehensweise überlässt man den Vertrieb der Kamera im japanischen Heimatmarkt dem Filmriesen Fujifilm, der die Kamera dort unter eigenem Namen herausbringt. Offensichtlich war nach der Abkündigung der eigenen Mittelformatsucherkameras die Nachfrage von Kundenseite noch zu groß, um das Segment vollständig einstellen zu können.

Da sich hinter Cosina ganz offensichtlich eine Ausnahmeerscheinung der aktuellen japanischen Kamerahersteller verbirgt, erscheint es lohnenswert, einen kleinen Blick hinter die Kulissen zu wagen.

Cosina Co., Ltd. ist ein Kamera-, Objektiv- und Glashersteller in Nakano in der Provinz Nagano in Japan. Das Unternehmen geht zurück auf den im Jahre 1959 gegründeten Objektivhersteller Nikõ (oder Nikoh). Sieben Jahre nach der Gründung stieg das Unternehmen in die Herstellung von Kompakt- und Schmalfilmkameras ein, die in Deutschland zeitweise von Neckermann vertrieben wurden. Zur Versorgung der Objektivproduktion mit eigenem Glas begann das Unternehmen 1968 mit dem Bau eines eigenen Glaswerks. Im Folgejahr wurde die Produktion von SLR-Kleinbildkameras aufgenommen. 1973 änderte man den Firmennamen in Cosina, zusammengefügt aus Koshi, einer Region in der Provinz Nagano, aus welcher der Unternehmensgründer stammte und Nakano, dem Sitz des Unternehmens. In den späten 1970er Jahren begann man mit dem Aufbau eines Baukastensystems von Kleinbildkompaktkameras, die dann unter Markennamen wie Konica Auto S3, Minolta 7sII, Prinz 35ER, Revue 400se, und Vivitar 35ES das Licht der Welt erblickten.

1982 begann Cosina mit der Produktion von Objektiven, die, wie zuvor schon die Kompaktkameras, unter den unterschiedlichsten Marken vertrieben wurden. Mit dem eigenen Glaswerk im Hintergrund begann Cosina 1991 mit der Herstellung von asphärischen Linsen aus Glas und 1996 mit asphärischen Kunststofflinsen.
 

Foto der Bessa R2S und Bessa R2C

Bessa R2S (Nikon) und Bessa R2C (Zeiss Ikon Contax)

 

Foto der Rollei 35 RF

Die treibende Kraft im Hause Cosina ist heute, nach dem Tode des Gründers Bunzirou Kobayashi im Jahre 1988, sein 1953 geborener Sohn Hirofumi Kobayashi. Mit den Voigtländer-Bessa-Kameras startete Cosina eine preiswerte Kameralinie für Objektive mit 39-mm-Gewindeanschluss, die erst um einen Sucher, dann um einen Entfernungsmesser und M-Bajonett, und schließlich um einen Messsucher erweitert wurde. Nach einem Ableger unter dem von in Japan von Komamura vermarkteten Namen Rollei 35 RF und zwei Sondermodellen für Nikon- und Contax-RF-Bajonett erreicht das Sortiment mit derzeit 6 Modellen mit M-Bajonett die größte Bandbreite. Unter dem Namen Zeiss Ikon wurde eine Weiterentwicklung mit größerer Messbasis aufgelegt, für die auch Carl-Zeiss-Objektive nach Oberkochener Vorgaben produziert werden.
 

Foto

Super Wide-Heliar 4,5/15 mm

 
Neben Objektiven für Nikon- und Contax-RF-Bajonett wurden auch Sonderausführungen der 12- und 15-mm-Objektive für Nikon-SLR-Kameras mit hochklapbarem Spiegel produziert. Dazu kam ein Sortiment hochwertiger SLR-Festbrennweiten unter der Bezeichnung Voigtländer SL. Diese Objektivreihen wurden eingestellt, als das Sortiment hochwertiger Objektive um Carl-Zeiss-Objektive für Nikon, Pentax und Canon und zwei Voigtländer SLII SLR-Objektive (40 mm und 58 mm, nach Topcon Zeichnungen) ergänzt wurde.

(CJ)