
Vor gut einem Jahr habe ich eine Kamera adoptiert, und ich dachte, es sei eine gute Idee, mit ihr mal dahin zu fahren, wo sie herkommt, nach Japan. Also packte ich meine Fujifilm S3 Pro ein und reiste nach Tokio und Kyoto. Alles war sehr seltsam
Die Menschen essen nicht nur mit Stäbchen, sie stellen auch ihre Kameras auf eben solche. Und zwar obligatorisch. Und weil es in Tokio 32 Millionen Menschen gibt und entsprechend viele Hobbyfotografen mit Dreibeinen, ist die Verwendung verboten, wo man wirklich mal ein Stativ bräuchte: in den Gärten und an den Tempeln.

Es wird wirklich viel fotografiert. Aber nur zwei Motive: sich selbst vor einer Sehenswürdigkeit (gerne mit anderen zusammen) und Kirschblüten. Als meine Kamera und ich in Japan waren (gerade eben), blühten überwiegend die Zierpflaumen, was schon sehr schön war und “Hanami” (Blüten gucken) bahnte sich an. Im Shinjuku Gyoen in Tokio waren auch schon einige Kirschbäume erblüht. Was für eine Stimmung! Nein, Alkohol ist in diesem Garten verboten. Es war einfach schön, weil sich alle über dieses Wunder der blühenden Bäume freuten – und über die warme Sonne, in der es sich gut picknicken ließ.

Wer nicht mit seinem Klapphandy knipst, fotografiert mit einer analogen Spiegelreflex. Dabei kann ich mich nicht erinnern, dass wir einer einzigen anderen Digital-SLR-Kamera begegnet wären. Wohl wurde ich angepflaumt, dass ich eine japanische Kamera benutze, wo ich doch aus Deutschland sei. Beleidigt schaltete meine S3 sich in den Stromsparmodus, in dem sie nichts mehr hört. “Pah”, sagte ich zu Leica- und Contax-Besitzern, “I sold my M6!” “To buy a japanese camera?” Und dann machten sie: “ha, ha, ha” oder “sososo”.

Mir wurde jedenfalls klar, dass die vielen digitalen Nikons, Canons und die paar Fujis sicher nicht für den japanischen Markt produziert, sondern vermutlich alle nach Deutschland geschickt werden. Oder zumindest in den Export gehen. Große Kamerageschäfte wie Yodobashi oder Bic Camera verkaufen kaum noch Fotoequipment (außer Stativen), sondern Massagesessel und Flachbildfernseher. Meine Kamera und ich hatten nicht das Gefühl, im Mutterland der Fotografie zu sein.
Trotzdem wollte meine S3 nicht aufs eigens eingepackte Einbeinstativ. Einbeinig rumzustehen war ihr peinlich. Das konnte ich also gleich im Hotelzimmer lassen. Sonst war sie aber brav. Hat nicht einmal die Streulichtblende fallen lassen. Sonst wirft sie die alle hundert Meter ab. Es scheint ihr also doch gefallen zu haben – denn ein wenig neidisch haben die Anologis mit den Stativen schon auf die kleine Dicke geguckt.
(Photoconsulting / Dr. Martina Mettner)
😀
Ein liebevoller und sehr schöner Beitrag!!
Ja, netter Bericht
mit Blick über den Gartenzaun.
SLRs sind in Japan eben noch voll im Einsatz. Und vermutlich auch in einigen anderen asiatischen Märkten. Daher auch noch die klar erkennbare Produktion von hochwertigem Filmmaterial, die uns hier eher schon anachronistisch vorkommt.
DSLRs und andere Digitalkameras produzieren die Japaner wohl vorzugsweise für außerasiatische Märkte, wobei das ja ohnehin weitgehend schon Produktion aus China ist, nur unter japanischer Regie und Marketing. Der normalpraktische Japaner nimmt halt am liebsten sein Handy, das dort ja extrem verbreitet ist und ganz anders genutzt wird als hier, um seine fotografischen Grundbedürfnisse gleich mit ab zu decken. Sich selber und gleich dazu andere abzufotografieren geht mit den Dingern ohne großes Rumgemache. Und man kanns gleich an alle anderen Beteiligten schicken. Sehr schön und unterhaltsam. Die wollen damit keine große Kunst machen, nur Spaß.
Die Frage ist, ob wegweisende Impulse für den zukünftigen Kamerabau wirklich aus Japan kommen. Da habe ich meine Zweifel. Die Japaner sind vor allem Weltmeister im Perfektionieren für adaptierte Märkte. Wirklich eigenständig innovative Produkte kommen meistens von wo anders her. Und sind eher rar und spärlich. Nachmachen und perfekter machen ist nun mal der überwiegenden Mehrzahl der Menschen das Liebste. Da werden dann kleinste Kleinigkeiten zu Rieseninnovationen.
Nachdem ich selbst erst vor
Nachdem ich selbst erst vor einer Woche zurück gekommen bin, kann ich nur meine Erfahrungen schildern die was die Motivsuche angeht zwar die gleichen sind, keinesfalls jedoch was die Ausrüstungen angeht, die eine oder andere Leica und Contax waren dabei, jedoch auch neben vielen analogen Nikon und Pentax (irgendwie nicht so viele Canon wie man denken würde) auch ca. gleich viele digitale Spiegelreflex. Japaner haben es scheinbar nur verstanden, dass eine 350D/D40/o.ä. mit Kitlinse nicht deutlich besser ist als ihr Fotohandy und greifen daher häufiger auf die Mittelklasse D80/D300/40D/5D zurück, die ganz großen gibt es wie auch die kleinen selten.
nicht so viele CANON
[quote=Gast] …… Leica und Contax waren dabei, jedoch auch neben vielen analogen Nikon und Pentax (irgendwie nicht so viele Canon wie man denken würde) …….. [/quote]
… nicht so viele Canon wie man denken würde – die Japaner achten eben mehr auf Qualität und kaufen nicht jeden Dreck, nur weil er gut vermarktet wird 😉
Wenn ich das letzte Foto so
Wenn ich das letzte Foto so sehe kommt bei mir (Analogie) kein echter Neid auf. Die Dynamik ist zum davonlaufen, die „Textur“ des Bodens im Vordergrund wirkt wie ein Video-Still. 😉
Wahrscheinlich habe ich da aber auch nur etwas überhöhte Ansprüche.
Netz-Bilder
Unsere Illustrationen und Fotos sind alle kleingerechnet und „fürs Web optimiert“ gespeichert, auf dass die Ladezeiten auch mit dem Modem (soll’s noch geben; bei uns ca. 25% der Besucher) und überhaupt gering bleiben. Aus 12 MB Originaldatei werden da schon mal 45 KB. Bildbeurteilungen, was die technischen Feinheiten angeht, führen deshalb ins Leere. Ganz selten mal verlinken wir auch auf Originaldateien – da darf man dann auch die technische Qualität beurteilen. (thoMas)
Oe?
Ich war von einem Jahr 4 Wochen in Japan, und meine Erfahrungen bei der Kirschbluete sind gegensaetzlich:
Sehr viel digital
aber extrem viel Fotohandy!
Nikon mehr vertreten als Canon im „Straßenbild“
sehr viel weniger Mittelformat als erwartet zu sehen, aber durch aus was unterwegs
in den Geschäften sehr viel Mittelformat, aber 100% analog, also keine Digibacks, aber 50 MF-Objektive im Regal
Yodobashi verkauft keine Kameras?? Hallo??? Bei Shinjuku Station haben die ein Geschäft nur für hochwertige Kameras, und eine Ecke weiter eines nur für Laborbedarf und Filme. 2-stöckig. Yodobashi Akihabara hatte ALLE digitalen Kameras von Nikon/Canon/Olypmus/Pentax/Sony zum anfassen auf Tischen liegen, und nebenbei bemerkt auch alle aktuellen Mamiya Kameras bis auf ZD (…. kein Digitales MF zu sehen…)
bei Yodabashi in Osaka das selbe Bild, ein Stockwerk Kameras, sehr viel MF (analog), sehr viel DSLR, wenig SLR. Und praktisch alles an Objektiven der großen Marken vorrätig zum mitnehmen. Da liegen wirklich mehrere lichtstarke 300er und dicker von Canon und Nikon und warten auf Käufer.
Stativ?
Wozu hat Fuji Provia 400X auf dem Markt?
Fuji Provia 400X???
Was ist DAS denn?
Köstlich amüsiert
habe ich mich über diese Schilderung. Danke.
Friedrich Rolle
mmhh, „photoconsulting“ und
mmhh, „photoconsulting“ und japan als mutterland der fotografie bezeichnen? tstss