Apples RAW-Workflow-Programm Aperture 1.x galt als interessantes Konzept, war aber sehr langsam. Adobes Lightroom 1.x hingegen mochte anfangs nicht so elegant sein, war aber fix. Mit Aperture in Version 2 nun will Apple alles besser gemacht haben – schauen wir mal, ob das stimmt:

Das Rennen zwischen Apples Aperture und Adobes Lightroom erinnert ein wenig an das Rennen zwischen Hase und Igel. Der Igel ist immer schon da und heißt: Lightroom. Das gilt auch für Apertures neue Version 2.0.

Screenshot des Begrüßungsbildschirms von Aperture

Begrüßungsbildschirm von Aperture

Mit Aperture wollte Apple den Standard bei den Bildbearbeitungsprogrammen setzen. Die digitale Fotowelt wartete auf ein solches Programm, das endlich die Katalogisierung mit ersten (und vielleicht schon ausreichenden) Handgriffen in der digitalen Dunkelkammer verbinden würde. Aperture 1.0 ging jedoch gründlich baden. Das Programm war grauenhaft langsam, selbst auf einem damals neuen Macintosh G5 mit zwei Prozessoren. Dazu war es umständlich und sollte außerdem rund 500 Euro kosten.

Screenshot von Apertures Lupe

Da ließ die Welt die Aperture-Testversionen lieber ablaufen und wartete noch ein wenig auf das angekündigte Konkurrenzprodukt von Adobe, genauer: bis zum 19. Februar 2007. Da erschien Lightroom 1.0. Trotz seiner Kinderkrankheiten erwies es sich als schneller, leichter zu handhaben und als um mehr als die Hälfte billiger. Außerdem gab und gibt es Lightroom sowohl für Mac OS X als auch für Windows. Die Fotowelt also stürzte sich auf Lightroom, obwohl Apple nach dem Fehlstart fieberhaft an Verbesserungen von Aperture arbeitete. Erst erschien die Version 1.5, die ebenfalls niemanden vom Stuhl riss, und jetzt 2.0.

Wer sich auf der Website von Apple die 30-Tage-Testversion von Aperture 2.0 besorgt und installiert, wird nach dem Start angenehm überrascht. Das Programm ist tatsächlich wesentlich schneller geworden. Nach dem subjektiven Eindruck ging der Import von RAW-Bildern in die Bibliothek sogar schneller vor sich als bei Lightroom in der aktuellsten Version 1.3.1.

Apertures Module entsprechen dem gängigen digitalen Workflow, wie er auch bei Lightroom abgebildet ist: Am Anfang steht der Bildimport in die Bibliothek, das Katalogisieren, das Anzeigen der noch jungfräulichen Bildvorlagen. Bei Aperture heißt das Bibliothek, Projekte, Metadaten. Was bei Lightroom das Entwicklungsmodul ist, das heißt bei Aperture „Anpassungen“.

Screenshot des Druckdialogs von Aperture

Der Druckdialog von Aperture

Bei den Import- und Entwicklungsmodulen umfassen beide Programme in etwa die gleichen Funktionen. Unterschiedlicher sind die Ausgabemodule gestaltet. Lightroom hält umfangreiche Möglichkeiten bei Diashau, Druck- und Web-Ausgabe bereit. Aperture ist ähnlich umfangreich nur bei der Ausgabe von Web-Galerien. Bei Lightroom kann man beispielsweise Diaschauen zusammenstellen und exportieren. Bei Aperture ist diese Funktion nur zum Durchschauen der Kataloge gedacht. Lightroom stellt umfangreiche Druckfunktionen bereit, mit denen zum Beispiel Grußkarten oder Kunstdrucke, natürlich auch Kontaktbögen, erstellt werden können. Aperture beschränkt sich auf die einfache Druckfunktion mit Einzelbildern und Kontaktbögen. Andererseits ist es bei Aperture möglich, Projekte in Buch- oder Albumform anzulegen und diese dann über Drucker oder PDF-Dateien auszugeben. Hier unterscheidet sich der Workflow: Lightroom legt Projekte am Anfang als Sammlungen an, die erst später bei der Ausgabe in die gewünschte Form gebracht werden. Buchvorlagen gibt’s hier bei den mitgelieferten Standardvorlagen nicht, sie wären aber zweifellos eine reizvolle Möglichkeit. Die durchgängige Bearbeitung im digitalen Farbmanagement auch mit eigenen Profilen ist bei beiden Programmen Standard.

Im Testbetrieb sind bei Aperture ein paar Nicklichkeiten aufgefallen: Die Katalogisierung – also das Versehen der Bilder mit Stichworten, Copyright- und Autoreninformationen – ist hakeliger und umständlicher als bei Lightroom. Eine flüssige Metadaten-Verarbeitung ist aber bei großen Bildermengen gerade für professionelle Fotografen eine wichtige Anforderung.

Eine kleine Enttäuschung gab es auch beim RAW-Import: Aperture erkennt längst nicht alle Formate, vor allem die älteren nicht. Zum Beispiel das SR2-Format der Sony DSC-R1. Der Workaround ist zwar möglich: die Konvertierung ins DNG-Format (mit Adobes RAW-Konverter). Aber es ist ein weiterer Arbeitsschritt notwendig. Hier offenbart sich ein wichtiger Unterschied zwischen den Programmen: Die RAW-Konvertierung wird bei Aperture von Mac OS X bereitgestellt. Bei Lightroom arbeitet das schon länger fortentwickelte CameraRaw-Werkzeug, das auch von Photoshop verwendet wird.

Noch ein Weiteres fiel bei Aperture auf: Die Bild-Bibliothek war schon nach dem Import von einer DVD mit RAW-Dateien auf 300 MB angewachsen. Die Lightroom-Bibliothek ist mit 15 DVDs gerade mal rund 100 MB groß. Die Fehler-Anfälligkeit der Lightroom-Kataloge sei nicht verschwiegen. Sichern, sichern, sichern lautet hier die Devise. Dafür stürzte Aperture einige Male ohne ersichtlichen Grund ab.

Screenshot der Arbeitsfläche von Aperture

Apertures Arbeitsfläche


Ein Fazit ganz subjektiven Eindrucks:

Ich finde Aperture angenehm schnell. Da gibt es nichts (mehr) zu meckern. Im Vergleich zu Lightroom ist Aperture mindestens gleich schnell geworden – mitunter, wie mir auffiel, ein wenig schneller, eben beim Bildimport (RAW-Import) oder beim Rendern von Katalog-Vorschauen.

Aperture 2.0 und Lightroom 1.3 liegen auch in ihrer Funktionalität inzwischen in etwa gleichauf. Aperture gibt es wie erwähnt nur für Mac, Lightroom zusätzlich für Windows. Das eine oder andere zusätzliche Feature spielt nicht die entscheidende Rolle – auch Lightroom ist nicht perfekt. Wichtigere Überlegungen sind diese: Welches Programm liegt mir? Passen dessen Struktur und meine Arbeitsweise flüssig zusammen? Dazu sind die Testversionen da.

Wer sich damals wegen Aperture 1.0 für eine Lightroom-Lizenz entschieden hatte, wird keinen Grund zum Wechseln finden. Auch wenn Aperture nun gleichviel kostet – nämlich 199 Euro. Der Igel ist schon da (und wird in der Entwicklung nicht stehen bleiben).

Testversionen finden Sie hier (für den Download ist bei beiden eine Registrierung notwendig):
Apple Aperture
Adobe Lightroom

(Uli Eberhardt)