Vier Werke zur Bildgestaltung und Landschaftsfotografie möchte ich Ihnen vorstellen – und nur zwei empfehlen:
Lehrwerke zur Bildgestaltung wollen Sie an die Hand nehmen und Ihnen zeigen, wie Sie mit Hilfe der Bildgestaltung Stimmungen einfangen und die dreidimensionale Welt, die sich zusätzlich noch zeitlich fortbewegt, in zweidimensionalen Bildern abbilden und einfrieren. Dieser komplexe Prozess der Bildfindung findet nicht in der Kamera statt. Die bildet nur das ab, was vorher in Ihrem Kopf stattfand!
Zugegeben, kein leichtes Unterfangen. Als Autor kann man sich dem Thema akademisch oder im Stile eines Volkshochschulkurses nähern. Beide Vorgehensweisen haben ihre Berechtigung – wenn man seine Leserschaft vor Augen hat! Auf jeden Fall aber müssen alle Ausführungen und Erklärungen mit Bildern und Grafiken visualisiert bzw. erläutert werden.
Eib Eibelshäuser beschreitet mit seinem Buch Fotografische Landschaften den akademischen Weg. Dem Buch merkt man an, dass es aus der Feder eines Fachhochschuldozenten stammt. Was für die Vermittlung des Stoffes kein Nachteil ist. Im Gegenteil! Eibelshäuser versteht es, den Leser von der Theorie des abstrakten Wahrnehmens hinzuführen zur eigenen praktischen Umsetzung. Das Buch ist kein Werk, das man mal eben zwischen Liegestuhl und Sofa lesen sollte. Der Untertitel des Werkes ist Programm: Lehrbuch für Bildgestaltung. Aber das Thema ist nun auch mal keine leichte Kost. Wer wirklich aussagekräftige wie einzigartige Bilder erstellen und mit seinen Fotografien die Betrachter beeindrucken will, muss sich durch die Materie durchbeißen und lernen wollen. Auch wenn es ein Hobby ist und Spaß machen soll.
Und beides, den Spaß und das Lernen, verbindet Eibelshäuser hervorragend. Wie er auf den ersten Seiten die Theorie der Bildfindung aufbereitet, ist vorbildlich. Alle Schritte bauen aufeinander auf; alles in einem klaren und nachvollziehbaren Sprachstil verfasst. Der Hauptteil des Buches, der in die vier Oberthemen Frühling, Sommer, Herbst und Winter aufgeteilt ist, vermittelt alle Aspekte der Bildgestaltung in der Landschaftsfotografie. Das Warum wird ebenso angesprochen wie die formalen Elemente eines gelungenen Bildaufbaus. Und immer wieder sind es die Bildbeispiele, die beeindrucken. Nicht nur, weil sie hervorragend den Text illustrieren. Nein, sie regen zum Nachdenken über das Gelernte und eigenständigem Handeln, sprich Fotografieren, an. Wer das Buch ernsthaft durcharbeitet und durch eigene praktische Übungen – zu denen der Autor auch auffordert – ergänzt, wird danach intuitiv gute Bilder machen können.
Eib Eibelshäuser
Fotografische Landschaften. Lehrbuch für Bildgestaltung (bei amazon.de)
Gebundene Ausgabe
dpunkt.verlag, 2007
192 Seiten
ISBN 3898644200
29 Euro
Wem mehr nach Volkshochschule ist, der sollte sich das Buch von Robert Caputo Fotoguide Landschaftsaufnahmen einmal näher ansehen. Auch Caputo schafft es, den Leser davon zu überzeugen, dass er erst Kopfarbeit leisten muss, bevor er den Auslöser betätigt. Ein Beispiel: Das Kapitel Bildaufbau beginnt mit dem genial einfachen und klaren Satz Die Fotografie besteht aus drei Elementen: dem Motiv, den technischen Vorgängen, die das Bild auf den Film bannen, und der Ästhetik von Bildaufbau und Licht. Und die Einführung ist kein verbales Blabla, sondern eine Anleitung zum fotografischen Denken. Die Überschriften der Einleitung sind Programm und ziehen sich wie ein roter Faden durch das ganze Buch: Schauen und sehen Sie, Denken Sie in Adjektiven, Sehen und Denken.
Stil wie auch Aufbau des Buches richten sich an ein breiteres Publikum. Das Bändchen können Sie gut und gerne im Liegestuhl oder auf dem Sofa durchlesen. Es macht einfach Spaß, sich in das Buch zu vertiefen. Alle wichtigen Themen, wie Bildaufbau, grafische Elemente, Zeitpunkt, etc. werden solide und flott abgehandelt. Dennoch schafft es Caputo, den Leser davon zu überzeugen, dass das Bild, das er fotografieren will, im Kopf und nicht in der Kamera entsteht. Immer wieder wird das Buch von Texten zu und von berühmten Fotografen, die für National Geographic arbeiteten, unterbrochen. Eine lohnenswerte Abwechslung: sie unterstreichen mit ihren Tipps die Ausführungen von Robert Caputo. Auch sämtliche Bildbeispiele im Buch stammen von Fotografen, die für National Geographic arbeiteten. Caputos Ziel ist es, mit den Bildern seine Thesen und die von ihm vorgeschlagene Vorgehensweise zu untermauern. Das gelingt ihm hervorragend.
Robert Caputo
Der Grosse National Geographic Fotoguide Landschaftsaufnahmen (bei amazon.de)
Geheimnisse der Profi-Fotografen von National Geographic
National Geographic, Deutschland, 2002
160 Seiten
ISBN 3934385664
12,95 Euro
Diesen Sachverhalt versucht ein anderes Buch zur Rechtfertigung seiner Existenz umzumünzen. Wenn der Lektor im Vorwort zu Christian Schnalzgers Digitale Fotopraxis – Landschaft und Natur Kritik an einem anderen Fotobuch äußert, werde ich hellhörig. Ihn stören die exotischen Motive bei Caputo und er stellt klar, dass man bei Schnalzger solche Bilder nicht findet.
Dazu zwei Anmerkungen. Erstens: Kritik an einem Konkurrenzwerk hat in einem Fotobuch nichts verloren. Zweitens: Der Lektor hat Recht. Bei Schnalzger findet man keine atemberaubenden Bilder. Manche sind hübsch, manche sind banal und kein Bild regt zum Nachdenken an. Gepflegte Langeweile auf allen Seiten. All das könnte man noch hinnehmen, wenn das Ziel eines Lehrbuches perfekt umgesetzt wäre. Gut, das Buch streift alle Bereiche der Landschafts- und Naturfotografie, es enthält Techniktipps und in Workshops gibt der Autor in Form von Kochbuchrezepten Hinweise, wie ein Bild am Rechner aufgepeppt werden kann.
Doch den von mir in diesem Beitrag geforderten Ansatz vermisse ich. So schwärmt der Autor im Kapitel über Fotomotive am Meer, welche Ruhe und Kraft von Strand, Wasser und Wind ausgehen kann. Sodann fordert er den Leser auf, diese Stimmungen in seinen Bildern wiederzugeben. Ja, richtig! Aber dann die Ernüchterung. Der Ratschlag des Autors ist folgender: Weite lässt sich zum Beispiel mit einer weitwinkligen Brennweite in einem Foto vermitteln. Das Buch mag einem absoluten Einsteiger manch interessante Tipps geben. Doch es hinterlässt jenen zwiespältigen Eindruck, den man beim Durchblättern vieler solcher Bücher hat. Beliebigkeit auf allen Seiten: banale Texte und Bildbeispiele ohne Ecken und Kanten. Mit Lehrbüchern, die einem keinen Weg aus dem Einerlei der Konformität zeigen, sollte man keine Minute verschwenden. Erst recht nicht, wenn das Buch fast vierzig Euro kostet.
Christian Schnalzger
Digitale Fotopraxis – Landschaft und Natur (bei amazon.de)
Galileo Press , 2006
259 Seiten
ISBN 3898428060
39,90 Euro
Das vierte Buch, das ich Ihnen vorstellen möchte, will Sie in Das Geheimnis beeindruckender Landschaftsfotos einführen. Ich will offen sein: mich entführte der Autor Jörg Hauke nur in mein ureigenes Geheimnis, wie schnell ich wütend werden kann. Auch dieses Buch bietet Bildmaterial in Hülle und Fülle. Manche schön, einige sogar faszinierend. Aber bei allen ahne ich, dieses oder jenes Motiv so oder ähnlich schon einmal gesehen zu haben. Doch das Buch will ja kein Bildband sein, sondern mir ein Geheimnis lüften. Also lasse ich mich auf den Text ein. Das Kapitel zu Wald und Wiese finde ich noch anregend. Bei Flüssen, Bächen und Seen runzele ich nur noch die Stirn. Und beim Kapitel zu Bergen und wilden Landschaften bin ich so wild, dass ich das Buch weit von mir werfe.
Warum? Nun, im Vorwort klärt uns der Autor darüber auf, dass ein Bild dann als harmonisch gilt, wenn es bestimmte Regeln erfüllt und es hilfreich sei, diese Gesetze zu kennen und bewusst anzuwenden. Ein guter Ansatz. Doch wenn der Autor uns damit sein Geheimnis guter Bilder offenbaren wollte, warum um alles in der Welt beschränkt er sich dann nur auf den Goldenen Schnitt? Es ist wie mit der Schwalbe, die noch keinen Sommer ausmacht. Ein Motiv, das im Sinne des Goldenen Schnitts abgelichtet wurde, kann dennoch langweilig sein. Und ein Autor, der ein gutes Buch über Bildgestaltung schreiben will, muss sich daran messen lassen, wie tiefgehend er das Thema darstellt.
Das ist es, was ich an diesem Buch vermisse. Auf fast jeder Seite hat Hauke über grau abgedimmte Bilder seine Goldene-Schnitt-Scablone gelegt. Das ist nicht nur auf Dauer langweilig. Es macht auch zornig. Mag ja sein, dass der Autor mit dieser Vorgehensweise den Lesern seine Goldene-Schnitt-Schablone im Kopf fest verankern wollte. Doch dass sie sich damit einen Gefallen tun, mag ich nicht glauben.
Denn ein gutes Bild entsteht nur durch viele kreative Schritte, die alle in Ihrem Kopf angedacht sind. Eine Schablone im Gehirn aber verführt zu Konformität. Und die ist der Feind jeder Kreativität.
Jörg Hauke
Das Geheimnis beeindruckender Landschaftsfotos (bei amazon.de)
Data Becker, 2006
166 Seiten
ISBN 3815826144
19,95 Euro
(Bernd Kockerols)
Endlich mal nicht nur Lobhudelei
Danke für die ehrlichen und auch persönlichen Buchrezensionen !
Es ist schon erschütternd mit anzusehen, wie verkommen der deutsche Fotopublikationsmarkt mittlerweile ist. Kritisches gibt es eigentlich nur noch auf amerikanischen Websites (dpreview, digital outback photo, luminous landscape und andere) zu lesen. digitalkamera.de ist mittlerweile zu einer “Advertorial” Webseite verkommen, die hinter der belanglosen “Tiefe” ihrer Printpublikation DigitalPhoto kaum nachsteht (im negativen Sinne).
Das übliche Scannen im Supermarkt durch ColorFoto, Fotomagazin, DigitalPhoto etc. pp. lässt mich mit Schaudern die Hefte sofort wieder weglegen, weil nichts Substanzielles drinsteht. Seichte unkritische Advertorials, bunte kurze “News”-Berichte (gähn), selten was praxisrelevantes und so gut wie keine Produkt- und Herstellerkritik, wenn diese angebracht ist. Meine Reaktion ist Kaufbabstinenz seit langem.
Die etwas anderen Lichtblicke sind meiner Ansicht nach derzeit:
ProfiPhoto, FotoForum, NaturFoto, FineArtPrinter und, ja, die billig wirkende und tatsächlich preiswerte d-pixx. Hier gibt es mit wenigen Einschränkungen noch fundierte Fachartikel und Stories, die man sonst nicht findet.
Bitte hier bei photoscala ein kritisches Niveau halten. (Die Forumsdiskussionen gleiten allerdings zu oft ins Canon vs. xxx Gelabere ab).
Viele Grüße
Thomas
sechs autoren…
…sechs klugscheißer
Ja, aber
[quote=Gast]
digitalkamera.de ist mittlerweile zu einer “Advertorial” Webseite verkommen, die hinter der belanglosen “Tiefe” ihrer Printpublikation DigitalPhoto kaum nachsteht (im negativen Sinne).
[/quote]
Möchte an dieser Stelle mal was – in eigener Sache – klarstellen:
Ich stimme zu, dass viele Meldungen und vor allem so genannte “Rezensionen” auf digitalkamera.de immer mehr zu “Advertorials” verkommen bzw. nicht kritisch genug sind. Daran wird sich wahrscheinlich (und leider) auch nichts ändern und selbst wenn es doch noch mal anders kommen sollte, werde ich wahrscheinlich nicht mehr bei digitalkamera.de sein, um das noch zu erleben. Ich hoffe aber, dass die Besucher von digitalkamera.de gemerkt haben, dass die Qualität der Berichterstattung sehr vom Autor abhängt und dass diese Autoren sich im Laufe der Jahre viel Mühe gegeben haben, ein gewisses kritisches Mindestniveau aufrecht zu erhalten. Was mir aber noch wichtiger ist, wäre anzumerken, dass DigitalPhoto keine Printpublikation von digitalkamera.de ist. Man muss digitalkamera.de schon ganz schlecht kennen, um das zu behaupten; beide Publikationen haben – ausser irgendwelchen Partnerschaftsprogrammen – rein gar nichts miteinander zu tun und dass sollte eigentlich auch so zu erkennen sein.
Nichts für Ungut,
Yvan Boeres
Redaktion digitalkamera.de
” Advertorials ”
ist schon ein schönes neues Wort, aber mal ganz ehrlich, Herr Boeres, warum eigentlich sollte sich daran nichts ändern? Wer außer Ihnen (mit “Ihnen” meine ich nicht nur Sie persönlich, sondern auch Ihre Kollegen bei den verschiedensten Publikationen traditioneller und digitaler Art!) kann denn das ändern? Und warum tut es keiner, wenn es doch jeden einzelnen schmerzt, daß es so ist wie es nunmal ist?
Sind Sie (siehe oben) denn tatsächlich so von den “Spenden”, äääh Werbeetats der Hersteller abhängig wie das vielen Lesern schon lange scheint? (Insbesondere die Printmedien bestreiten das ja immer wieder, aber wenn man mal Werbeseiten und Testergebnisse bzw. redaktionelle Beiträge voll des Lobs vergleicht, dann kann einen da ganz schnell der Gehirnschwurbel überkommen bei sovielen Koinzidenzen)
Huch, dann aber wären Sie alle ja fast nur noch Verlautbarer, aber keine Journalisten im ursprünglichen Sinne mehr. Sehe ich das jetzt richtig?
Wo sind denn die Journalisten vom Schlage eines “Nörgelmann”, die ganz Alten werden ihn noch kennen, (man kann über ihn streiten, aber Fakt ist: Er hatte eine Meinung und die hat er geschrieben und wenn er meinte, daß die Welt ein gewisses Produkt nicht brauchte, dann konnte man das seinem Artikel sehr wohl entnehmen) heute? Die hört und sieht man kaum!
Und genau deshalb bin ich gerne hier und weniger gerne bei digitalkamera.de: Auf photoscala merkt man manchmal, daß es den guten alten Journalismuns noch gibt! Und Pressemeldungen sind hier normalerweise als solche gekennzeichnet – da weiß man wenigstens, woran man ist.
Sehr gut zum Thema passend: http://www.photoscala.de/node/2675
M.R.
PS: Lese ich eine gewisse Resignation heraus?
Nicht daß wieder jemand was in den falschen Hals kriegt!
Herr Boeres, ich rechne es Ihen hoch an, daß Sie sich an derartigen Diskussionen beteiligen und Stellung beziehen!
Gerade der Artikel von oben sowie einige weitere Artikel auf photoscala über gewisse Publikationen der letzten Zeit zeigen doch, daß das Feld der Fotografie inzwischen auch von Geschäftemachern beackert wird, die das schnelle Geld machen wollen. In Zeiten von selbsternannten 2Megapixel-Handykamera-Profifotgrafen scheint das möglich zu sein. Schlimm ist das.
Wenn also mehr Ihrer Kollegen laut und deutlich würden, könnten wir uns vielleicht über weniger, dafür lesenswertere Veröffentlichungen freuen.
M.R.
Danke für Klarstellung
Danke für die Klarstellung, in der Tat hat DigitalPhoto eine eigene Webseite. Dennoch hatte digitalkamera.de – wenn ich mich recht entsinne – Artikel von DigitalPhoto veröffentlicht, insofern meine offenbar irrige Annahme.
Dennoch bleibt der Tenor meines Statements erhalten, der Inhalt liegt (bis auf einige wenige Kamerareviews) selten über dem von DigitalPhoto.
Es ist schon merkwürdig, weshalb Substanzielles nur von englischsprachigen Webseiten kommt. Die Webseiten spiegeln eben auch nur das wieder, was von den Printverlagen vorgegeben wird. Zu vermuten ist, dass die Werbeeinnahmen den Ausschlag geben und da will man es sich mit keinem verderben.
Viele Grüße
Thomas
Goldener Schnitt bla bla
Ein berühmter Fotograf ist mal in einer Fachzeitschrift gefragt worden, wie er das Fotografieren gelernt hat, und er antwortete: Ich habe mir ein Fotolehrbuch für Amateure gekauft, und habe dann genau das gemacht, was man laut dem lehrbuch nicht machen dürfte.
Ja, so ist das.
Sich über Journalismus…
im Advertorial-Stil zu ärgern ist genauso, wie das Ärgern über Doping im Profiradsport.
Gut klick
Senfmeister
Dann hilft das bestimmt weiter:
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,485736,00.html
Der dortige Fotograf ist vielleicht nicht ganz berühmt.
**grins**