Mit Das Digitale Fotografie Buch – Das Geheimnis professioneller Aufnahmen Schritt für Schritt gelüftet verlässt Scott Kelby, Autor vieler empfehlenswerter Bücher rund um Photoshop, sein angestammtes Fachgebiet und wendet sich der Aufnahmeseite zu. Das Resultat ist
Gut gemeint
Sein Buch soll wie ein begleitender Freund ganz praktische Tipps geben, wenn ein Problem zur Lösung ansteht, ganz ohne langes Wieso und Warum. Dies ist kein Theoriebuch. Es ist ein Buch, in dem steht, welche Knöpfe Sie drücken müssen, welche Einstellungen Sie verwenden sollen und wann. Sie erfahren mehr über aktuelle Kameras und Ausrüstung sowie über die Grundlagen der digitalen Fotografie, wie Belichtung, Verschlusszeit, Blende, Schärfentiefe (und warum diese so wichtig ist) und Auflösung. – so steht es nicht zu unrecht im Text zu der vollmundigen Ankündigung.
Das Buch ist allerdings sehr amerikanisch im Stil. Das beginnt mit einer manchmal recht flapsigen Schreibe, der die deutsche Übersetzung oft nur mit Krampf gerecht wird (Tipp: Reden Sie im Fotogeschäft von Glas statt Objektiv, und achten Sie darauf, ob der Verkäufer dieses Sie gehören zum Club‘-Lächeln auf den Lippen hat.) und geht weiter mit Empfehlungen zu US-Web-Seiten. Die Auswahl der Sujets (z. B. Blumen ca. 10 S., Hochzeit ca. 20 S., Sport ca. 20 S.) samt manchmal willkürlich und mehrfach eingestreuten Fotos verrät starken US-Geschmack. Der Geräteteil fällt nur oberflächlich aus, was aber nichts macht, da er ohnehin bald überholt sein dürfte. Ausnahme ist das mehrfache, fundierte Plädoyer für ein ordentliches Stativ.
Dennoch könnte man das Buch wegen der auf gut 200 – wegen viel weißer Fläche meist sehr übersichtlichen – Seiten verteilten Menge handfester Tipps für Einsteiger empfehlen, auch wenn sie erfahrenen Fotografen manchmal banal vorkommen. Das Buch zeigt aber auch Lücken. Die Brennweiten werden wie in einem klassischen Fotobuch vorgestellt, ohne dass auf den digital bedingten Verlängerungsfaktor eingegangen wird. Brennweitenverlängerung oder Verlängerungsfaktor sucht man im Index vergeblich. Die – das soll zu Kelbys Gunsten mal angenommen werden – an vielen Stellen von mangelnder Fachkenntnis geprägte Übersetzung reduziert den Nutzwert der deutschen Ausgabe noch stärker.
Der verwirrendste Fehler für Anfänger ist die mehrfache Verwechslung von Blende und Blendenwert, wie sie in der Bezeichnung kleinste Blende für die größte Öffnung von Objektiven zum Ausdruck kommt (z.B. S. 25, S.64). Weiter hinten im Buch (S. 107) wird dann die bis dahin kleinste Blende f/2,8 als größtmögliche Blende f/2,8 bezeichnet. Das ist dann zwar richtig, macht aber die Verwirrung des Einsteigers komplett.
Zu den weiteren Mängeln, die schon bei einem ersten flüchtigen Durchlesen auffielen, gehört eine verquere Terminologie wie Abblendfilter und Verdunklungsfilter für ein Neutral-Graufilter oder eine Kapitelüberschrift wie Spitzlichterwarnung ausschalten, wenn es darum geht, diese eben nicht auszuschalten, sondern durch knappere Belichtung zum Verschwinden zu bringen. Dass dann auf S. 182 die mit unterschiedlichen Megapixel-Auflösungen maximal erreichbaren Vergrößerungsformate nicht in Zentimetern, sondern unverändert in Zoll angegeben sind, rundet den lieblosen Umgang des deutschen Addison Wesley-Herausgebers mit diesem Buch ab. Wenn man dann noch unvergleichliche Komparative wie wackelfreiere Fotos liest und sich den Titel Das Digitale Fotografie Buch noch mal richtig zu Gemüte führt, stellt sich die Frage, wofür die im Impressum aufgeführte Lektorin ihr Geld bekommen hat.
Scott Kelby
Das Digitale Fotografie Buch (bei amazon.de)
ISBN 978-3-8273-2472-6
224 Seiten, 4-farbig
€ 19,95
(MoZi)
Noch schlechter
Noch schlechter kann man ein Buch ja gar nicht mehr rezensieren.
Weshalb dann mit soviel Vorbehalt, und nicht gerade heraus: das Buch ist Mist.
Also als Kritik an der Kritik, die vielleicht auch nicht besser ist als das Buch?
Nicht schlecht, nur schlecht gemacht
Das Buch ist nicht schlecht. Es steht viel Wissenswertes und Praktisches drin, wie eigentlich immer bei Kelby. Es ist in der deutschen Ausgabe nur schlecht gemacht.
MoZi
Stimmt nicht!
Ich habe das besprochene Buch gerade gelesen – Ihre Meinung dazu stimmt einfach nicht. Wie so vieles, ist Kelby’s Art zu Schreiben eben Geschmacksache.
Einen ganz anderen Eindruck von diesem Buch hat wohl die Journalistin der Rezension auf www.digitalkamera.de – deren Meinung ich übrigens teile!!
Ein wirklich gutes Buch
Sie schreiben, den Begriff „Brennweitenverlängerung“ gibt es nicht im Index. Ich glaube kaum, dass jemand, der sich ein Buch über digitale Fotografie kauft (also unbedarft ist), im Index nach Brennweitenverlängerung sucht. 200 Seiten sind vollkommen ausreichend! Ds Buch ist halt nicht künstlich aufgebläht, sondern präzise und knapp formuliert. Was der Verlag versäumt hat, ist in der Vermarktung klar zu stellen, das es nicht für Fortgeschrittene ist, sondern eher für Einsteiger gedacht. Ihre Rezension klingt eher wie eine unreflektierte Abrechnung.
Endlich …
… schreibt eine/einer Klartext über die unzumutbaren Kelby-Machwerke. Meiner Meinung nach geht die Rezension noch gnädig mit dem Buch um. Wer glaubt die miese Qualität läge nur an der schlechten Übersetzung, der sollte ein Original lesen. Ich konnte seit meinen ersten Kontakten mit diesen Büchern nicht mehr kapieren, warum fachlich derart minderwertige und von lästigem Ami-Gesülze durchzogene Bücher überall so gelobt werden. Sie sind mit Fehlern gespickt, häufig so krass, dass sie auch unbedarften (aber kritischen) Lesern geradezu um die Ohren fliegen. Wir erkennen Interessenten oft an Sprachgebrauch und fehlerhaftem „Vorwissen“ als Kelby-Leser. Ein Tip: Nehmt euch doch einmal die Fotobücher eines gewissen Prevezanos kritisch vor, die werden auch überschwänglich gelobt und sind voller Fehler. In seinen Kamerabüchern zum Beispiel findet ihr die verwegensten Erklärungen über größte/kleinste Blende, die mir je untergekommen sind. Dagegen sind die „Kelby-Blenden“ direkt noch harmlos.
Wir haben mehrmals wahre (also negative) Rezensionen über die schlechten Bücher bei Amazon.de eingereicht, aber die sind nicht erschienen oder bald wieder verschwunden.