Jenoptik verkauft Ende September 2006 die Sinar-Aktienmehrheit an Leica; gut zwei Monate später ist das nicht mehr wahr: „Stratosphärenpingong“ auf strategischer Ebene; die operative Ebene bleibt unberührt

… will heißen, da haben sich Konstellationen zunächst ergeben und nun wieder zerschlagen, was zwar im Augenblick für ein paar Wellen sorgt, aber letztlich wenig Auswirkungen auf Produkte und Verkauf haben sollte.

Jenoptik wollte sich heute auf Nachfrage „zum jetzigen Zeitpunkt“ nicht näher zum „Vorbehalt vertraglicher Bedingungen, die bis zum heutigen Zeitpunkt nicht vollständig eingetreten sind“ äußern. Die genauen Gründe des Rücktritts vom Aktienverkauf bleiben damit vorerst weiter im Dunklen. Mögliche Schadenersatzforderungen – Zitat aus der Pressemeldung „Jenoptik behält sich vor, ihr entstandene Schäden aus dem gescheiterten Verkauf gegenüber der Leica Camera AG geltend zu machen.“ – würden derzeit geprüft, doch auch hierzu mochte Jenoptik keine näheren Details nennen.

Spekulativ mag man mutmaßen, dass Jenoptik das Potential der Hy6 erst jetzt so richtig erkannt hat, und eine Kamera samt Rückteil und Profivertrieb (= Sinar) lieber hat als eine Kamera allein. Ist doch der zweite Absatz der Jenoptik-Pressemeldung so ungewöhnlich wie interessant: „Wir verkaufen nicht, weil Leica bestimmte Bedingungen nicht erfüllt hat, und außerdem haben wir ja die Hy6 und da passt Sinar gut dazu.“ könnte eine flapsige Kurzfassung der Pressemitteilung lauten.

Leicas Stellungnahme steht noch aus; Pressesprecher Gero Furchheim war heute morgen nicht zu erreichen, wir warten auf seinen Rückruf (wobei eingeflochten sei, dass heute diverse Konferenzen und eine Betriebsversammlung für ihn anstehen).

Sinar wiederum sieht das Ganze in der Summe gelassen, glaubt nicht, dass das sonderliche Auswirkungen auf das Unternehmen haben wird („die werden quasi gleich Null sein“), sondern ist im Gegenteil zuversichtlich, dass die jetzt geklärte Besitzlage zu einer Beruhigung beiträgt. Lorenz Koch dazu: „Für Sinar ist das eine gute Lösung und ein gutes Signal, weil die Besitzverhältnisse seit der photokina 2006 ja hängig waren. Es ist gut, dass dies geklärt ist und wir ein fixes Statement nach außen abgeben können. Auf der operativen Ebene ändert sich gar nichts und wir arbeiten weiter wie bisher.“ Zu den Hintergründen der Entscheidung konnte Lorenz Koch nichts sagen; er habe lediglich vernommen, dass es an Vertragsbedingungen lag, die ausgemacht waren, schlussendlich aber nicht erfüllt werden konnten.

Und das Fazit? „Stratosphärenpingong“ eben, das aber nur wenig Auswirkungen auf die Troposphäre haben dürfte. Interessante Randnotizen von Ungereimtheiten zwischen Unternehmen, von einem gescheiterten Kauf wie Verkauf, was aber, soweit das jetzt abzusehen ist, weder Franke & Heidecke (Hy6-Produktion) noch Sinar (passende Digitalrückteile und Hy6-Vertrieb) beeinträchtigen wird. Jenoptik hat das Pfund zurück, von dem das Unternehmen augenblicklich augenscheinlich glaubt, dass sich damit gut wuchern lässt. Allein Leica dürfe die Entwicklung nicht nur ziemlich überrascht haben, sondern auch äußerst unangenehm berühren.

(thoMas)

Nachtrag (14.12.2006; 17:10 Uhr): Wir haben mittlerweile auch mit Leica (Gero Furchheim) gesprochen und danach stellt sich die Situation letztendlich ein wenig entspannter dar als noch im letzten Satz gemutmaßt: Beide – Jenoptik wie Leica – wollten demnach letztlich anscheinend dasselbe, nur bezüglich der Vorgehensweise gab es Missstimmigkeiten. Gero Furchheim: „Es sind in der Zwischenzeit Dinge vorgefallen, die wir nicht kommentieren wolllen, aufgrund derer aber auch wir bereits vor einiger Zeit zu der Erkenntnis gekommen sind, dass es besser ist, den Kauf rückabzuwickeln – und mit diesem Ergebnis sind wir auch zufrieden. Wir hoffen, dass das eine Perspektive für Sinar ist und wünschen Sinar alles Gute.“

Ende gut, alles gut?