Die Mittelformatkamera Leaf AFi (nichts als eine Rolleiflex Hy6 in anderem Gewand) wurde ja bereits kurzentschlossen auf der photokina 2006 aus dem Hut gezaubert; jetzt geben Jenoptik und Leaf ein Abkommen über Produktion und Lieferung bekannt. Verwunderlich nur, dass der eigentlich Produzent der Kamera – Franke & Heidecke – davon bis heute Morgen rein gar nichts wusste
Auch in der Pressemitteilung (siehe unten) findet Franke & Heidecke mit keinem Wort Erwähnung, obwohl doch zu erwarten und zu hoffen stand, dass die Rolleiflex Hy6 dem Unternehmen wieder Renommee und Auftrieb gibt. Wurde die Hy6 doch unseren Informationen zufolge gemeinsam von Franke & Heidecke und Jenoptik entwickelt; wobei die (Prototypen-)Fertigung in den Händen von Franke & Heidecke in Braunschweig liegt, Jenoptik wiederum ein gut Teil der Entwicklungskosten übernommen hat. Inwieweit sich das auf die tatsächlichen Besitzverhältnisse der Hy6 auswirkt, war vor dem Wochenende nicht mehr zu klären; Franke & Heidecke jedenfalls ist von der Verlautbarung völlig unvorbereitet getroffen worden und will sich Anfang kommender Woche, nach Klärung der Sachverhalte, dazu äußern. Jenoptik wiederum formuliert seine Pressemeldung so, als sei das Unternehmen allein verantwortlich: … das auf einer durch Jenoptik konstruierten Kameraeinheit aufbaut.
Aus Leafs Sicht macht es viel Sinn, die AFi (aka Hy6) ins Programm zu nehmen: Das Unternehmen, das Kodak gehört, hat Rückteile – und jetzt auch eine Kamera vornedran. Die Technischen Daten entsprechen exakt der Rolleiflex Hy6; ja es ist in der Tat eine solche mit einen anderen Markenschild. Gerüchteweise sollen Handgriff und Akku modifiziert sein.
Die Nomenklatur Leaf AFi -75, Leaf AFi -65 und Leaf AFi -54 legt nahe, dass die drei Modelle jeweils mit dem korrespondieren Digitalrückteil Aptus 75S, Aptus 65S respektive Aptus 54S ausgestattet sind.
Spezifikation der AFi-Varianten (Modell, Sensorgröße, Auflösung):
Leaf Afi-75: 48 mm x 36 mm; 33 MP 6726 x 5040
Leaf Afi-65: 44 mm x 33 mm; 28 MP 6144 x 4622
Leaf Afi-54: 48 mm x 36 mm 22 MP 5356 x 4056
Ob bei der Leaf AFi die theoretisch vorhandene Möglichkeit genutzt wird, Fremdrückteile auszusperren, wissen wir noch nicht.
Laut Leaf werden folgende Schneider-Kreuznach-Objektive lieferbar sein, die speziell für die AFi entwickelt worden sein sollen:
AFD Xenotar 2,8/80 PQS
AFD Super-Angulon 2,8/50 HFT PQS
AFD Tele-Xenar 2,8/180 PQS
AFD Variogon 4,6/60-140 PQS
AFD Tele-Xenar 4/150 HFT PQS
Liefertermine nennen Leaf / Jenoptik nicht, aber nachdem Franke & Heidecke haben verlautbaren lassen, dass die Hy6 nicht vor April 2007 fertig sein wird, kann auch die AFi nicht früher ausgeliefert werden.
Im folgenden noch die Fachpresseinformation von Jenoptik, wobei wir allfällige PR-Übersetzungs-Holprigkeiten (Taillenebene für waist level finder = Lichtschachtsucher) der geneigten und genauen Aufmerksamkeit der Kommentatoren anheimstellen.
Fachpresseinformation von Jenoptik:
Jena, 2. November 2006
Jenoptik und Leaf schließen Abkommen über Produktion und Lieferung der ersten Mittelformatkamera von Leaf
Die Leaf AFi ist das erste digitale Mittelformatkamerasystem für professionelle Photographie, das auf einer durch Jenoptik konstruierten Kameraeinheit aufbaut.
Leaf, ein Bereich der Graphics Communication Group von Kodak, der sich mit der Konstruktion, Herstellung und Vermarktung digitaler Kamerabacks für die professionelle Photographie befasst, und der Jenoptik-Konzern geben heute die Unterzeichnung eines langfristigen Abkommens zur Produktion und Lieferung einer durch Jenoptik entwickelten Mittelformatkamera bekannt. Es handelt sich um die Leaf AFi, eine digitale Mittelformatkameralösung, die professionelle Photographen anspricht.
Ein Prototyp der Leaf AFi war bereits auf der Photokina im September 2006 zu sehen, wo er unter den Berufsphotographen große Beachtung fand. Die Leaf AFi kommt den speziellen Ansprüchen der hochauflösenden Digitalphotographie entgegen und fügt sich nahtlos in die neue Gerätereihe Leaf Aptus S der digitalen Kamerabacks ein. Zur Produktfamilie Leaf AFi gehören folgende drei Ausführungen: Leaf AFi -75, Leaf AFi -65 und Leaf AFi -54.
Die Lösungen von Leaf gehen von der Voraussetzung aus, dass professionelle Digitalkameras leicht überschaubar funktionieren und zum verlängerten Arm des Photographen werden müssen, gleichzeitig jedoch auch maximale Gestaltungsfreiheit und ein Höchstmaß an technischem Niveau ermöglichen sollten. Mit dieser Zielsetzung kommt die neue Leaf-Kamera den Wünschen der Berufsphotographen optimal entgegen, die eine Kombination aus Qualität, Schnelligkeit und Steuerung brauchen, und in ein einfach zu handhabendes und robustes System integriert ist. Die Leaf AFi bietet professionellen Photographen eine digitale 6 x 6 Mittelformatkamera im kompakten 6 x 4,5 Format. Eine innovative Konstruktion garantiert, dass die Leaf AFi flexibel, leicht anpassbar und mit der Technik der Digitalbacks voll und ganz kompatibel ist.
Dov Kalinski, Geschäftsführer von Leaf erklärt dazu: Wir freuen uns über den Abschluss dieser Vereinbarung mit Jenoptik, einem der führenden Unternehmen auf diesem Gebiet. Die neue Mittelformatkamera Leaf AFi wurde unter Einsatz der allerbesten derzeitig verfügbaren Komponenten entwickelt und zeichnet sich durch ein außergewöhnlich hohes Integrationsmaß an Komponenten der Spitzentechnologie aus, unter anderem digitaler Hochauflösungs-Autofokusobjektive von Schneider-Kreuznach, die speziell für professionelle Bildaufnahme entwickelt wurden, sowie ein neues, von Leaf weiter entwickeltes Digitalkamerabackteil.
Henry Birner, Geschäftsführer der JENOPTIK Laser, Optik, Systeme GmbH, äußert: Wir freuen uns, bekannt geben zu dürfen, dass Leaf als Bereich der Graphics Communication Group von Kodak zum ersten Großkunden unserer neuen, superschnellen Mittelformatkamera mit Autofokus geworden ist. Dieses innovative Produkt deckt das Normalformat 6 x 4,5 ebenso wie das klassische 6 x 6- Format ab, wobei ohne weiteres auch größere CCDs, als derzeit verfügbar, einsetzbar sind. Mit der Entwicklung dieser robusten und einfach zu handhabenden Kamera bietet Jenoptik ab sofort geeignete Kameralösungen, die den technischen Anforderungen der professionellen Photographie auf ideale Weise gerecht wird.
Auf der Basis eines neu entwickelten Kameragrundkörpers ermöglicht die Leaf AFi eine ganze Reihe erstmaliger Funktionen, u. a.:
Wechselbares Bildsuchersystem (Taillenebenen- oder 90°-Prismeneinblick)
Speziell durch Schneider-Kreuznach entwickelte Digitalobjektive für schnelle und scharfe Bildes
Justierbarer Kontrollgriff bietet ergonomisch optimalen Winkel für unterschiedliche Bildaufnahmepositionen
Reibungsloses Umschalten zwischen Hochformat und Querformat durch einfaches Umsetzen des Kamerabacks
(thoMas)
Profis am Werk
“• Wechselbares Bildsuchersystem (Taillenebenen- oder 90°-Prismeneinblick)” – da sieht man doch gleich, hier sind echte Profis am Werk.
Mittelformat-Kameras anbieten wollen, aber keinen Lichtschachtsucher kennen – und lieber aus dem “Waist Level Finder”, wie es vermutlich im US-Originaltext der Kodak-Company Leaf hieß, den “Taillenebenen-Einblick” machen, das würde zu Kodak und ihrer Agentur Ketchum passen.
Und dann das:
“Die Lösungen von Leaf gehen von der Voraussetzung aus, dass professionelle Digitalkameras leicht überschaubar funktionieren und zum verlängerten Arm des Photographen werden müssen, gleichzeitig jedoch auch maximale Gestaltungsfreiheit und ein Höchstmaß an technischem Niveau ermöglichen sollten. Mit dieser Zielsetzung ….”
Und nachts fährt die Bahn schneller als auf Schienen. Da ham se aber das Rad neu erfunden. das macht ihnen so schnell keiner nach.
Merke: Trau keinem, ein simples Ziel gleich zur Zielsetzung aufblähst. Spätestens damit outen sich Dampfplauderer.
Und die omnipräsente Schneider-Kreuznach-Super-Spezial-Universal-Entwicklungs-Abteilung hat auch schon wieder zugeschlagen:
..Schneider-Kreuznach-Objektive lieferbar sein, die speziell für die AFi entwickelt.. – jetzt wollen sie auch noch die Profis vera…..en! naja, ist der Ruf erst ruiniert…
Da empfiehlt sich “• Reibungsloses Umschalten”, aber zu Rolleiflex, aber ganz schnell. Die wissen wenigstens technisch, was sie tun und wollten lt. Photokina-Aussage dem Anwender die freie Wahl seines Digi-Backs überlassen.
‘ Digitalobjektive für
‘ Digitalobjektive für schnelle und scharfe Bildes’
Was um himmels willen ist ein schnelles Bild. Da wusste wohl der uebersetzungscomputer nix mit ‘fast lens’ anzufangen. Hoffentlich ist die kamera sorgfaeltiger gearbeitet, sonst schau ich mir sie nicht mal mehr in der Taillienebene an, auch nicht am verlaengerten Arm.
Cheers
FabianHaas2@gmx.net
The original press release
The original press release in English says:
> Specially designed Schneider-Kreuznach
> digital lenses for speed and sharp images
Funnily, press releases from another photo company – Zeiss – are written in German and then translated into English. And translation errors often occurs here as well. If you want to know about Zeiss, read the german text. If you want to know about Leaf/Kodak, read the English text.
Peinlich
Der Pressetext ist absolut peinlich. Riecht sehr nach “Ketchup” (Soße die jedem schmeckt?) = “Ketchum”, die DE- Agentur von Kodak, der Mama von Leaf. Der englische Text wurde dann von fotografisch unterbelichteten Agenturfuzzis auf deutsch verschwurbelt und an den eyelike- Spezialisten vorbei in die Öffentlichkeit geschmuggelt. Daß der Jenoptik- Geschäftsführer Henry B. als Kind der DDR mit “waist level finder” nix anfangen kann ist klar, auf russisch wäre ihm vielleicht was aufgefallen. Oder ist er dafür als Geschäftsführer für den Inhalt nicht zuständig?
Die Sache mit der
Die Sache mit der Brachial-Übersetzung englischer Begriffe zieht sich ja auch außerhalb des Pressetextes durch die eigentliche Meldung oben. In einer englischsprachigen Meldung mag da stehen: AFi (a.k.a. Hy6), aber auf deutsch? Da wundet sich der geneigte Leser, denn schließlich gibt es keinen Grund nicht einfach: Afi (alias Hy6) zu schreiben.
Und an alle Besserwisser: Richtig, auch alias ist kein deutsches Wort. Aber wieso krampfhaft ein zweites Synonym einführen, das obendrein noch weniger verbreitet ist?
Ein hübsches Monster
aber auch. Also, dass der Schreiber/Übersetzer dieser Zeilen wohl offensichlich nicht allzu viel mit Kameratechnik am Hut hatte, scheint gegeben. Vermutlich sitzt der/die in London, weil für US-Hersteller (Leaf/Kodak) europäische und vor allem deutsche/französische Fachleute einfach nicht kompetent genug sind, da muss es schon wenigstens einer aus U.K. oder Irland sein, wie man immer wieder festellen muss. Sei´s drum!
Was ich vor allem als bizarr ansehe ist das:
• Justierbarer Kontrollgriff bietet ergonomisch optimalen Winkel für unterschiedliche Bildaufnahmepositionen [?]
• Reibungsloses Umschalten zwischen Hochformat und Querformat durch einfaches Umsetzen des Kamerabacks [?]
Muss wohl bedeuten, dass man bei jeder wie auch immer gearteten Positionsveränderung den Griff verändern muss, damit man den Kloben einigermaßen in den Griffeln behält? Wozu eigentlich überhaupt dieser abstehende Haken? Eine einigermaßen sauber ergonomische Lösung sieht für meine Begriffe jedenfalls anders aus.
Und dann: reibungsloses Umschalten. . .? Na klar, um die Kamera von einem Breitformat in ein Hochformat zu bekommen muss man wohl das Teil runter reissen und wieder gedreht draufstecken, oder was bedeutet “Umsetzten”? Herrje. Also das hat Mamiya zu analogen Zeiten schon deutlich besser hingekriegt. Und mit den Digibacks vermutlich genauso.
Man darf wohl davon ausgehen, dass dieser extreme Seltsamheimermix von analogem Kamerabody aus der 6×6-Ära und digitalem Rückteil bevorzugt nur auf dem Stativ Arbeit findet. Eine schnelle, intuitive, frei positionierbare Arbeit unterwegs (von einfach so unterwegs will ich da gar nicht reden) und ein schneller einfacher Wechsel vom Quer- ins Hochformat scheint mir mit dem Ding nicht die Sache zu sein.
Ne, da würde ich, wenn ich schon das Geld ausgeben müsste, gleich eine Alpa mit entsprechendem Digitalrückteil nehmen. Ohne diesen Firlefanz aus Prismen-/Spiegelkastensucher und Einseitenratschengriff, nur um das Teil in der “Hüftposition” halten zu können. Sorry, das Konzept eiert in meinen Augen heftig!
Gut Klick!
So wie das Ding aussieht…
…wird es sich damit auch nicht anders arbeiten als mit jedem MF-Würfel mit Handgriff und Prismenaufsatz. Also keine Angst, damit kann man wohl auch ohne Stativ arbeiten. Innovation kann ich an dem Ding auf der anderen Seite jedoch auch nicht erkennen. Bleibt für mich nur die Frage über, wann denn einer der Digibackhersteller endlich mal ein Back für volle 6*6 ausspuckt.
“Taillenebenen- oder 90°-Prismeneinblick”
Ganz nett! Aber da lob’ ich mir die sprachliche Gegenbewegung – noch immer unübertroffen Jil Sanders Klassiker:
“Ich habe vielleicht etwas Weltverbesserndes. Mein Leben ist eine giving-story. Ich habe verstanden, daß daß man contemporary sein muß, das future-Denken haben muß. Meine Idee war, die hand-tailored-Geschichte mit neuen Technologien zu verbinden. Und für den Erfolg war mein coordinated concept entscheidend, die Idee, daß man viele Teile einer collection miteinander combinen kann. Aber die audience hat das alles von Anfang an auch supported. Der problembewußte Mensch von heute kann diese Sachen, diese refined Qualitäten mit spirit eben auch appreciaten. Allerdings geht unser voice auch auf bestimmte Zielgruppen. Wer Ladyisches will, searcht nicht bei Jil Sander. Man muß Sinn haben für das effortless, das magic meines Stils.” (im Magazin der FAZ, 1996)
Da ließe sich doch im Fotobereich bestimmt auch was machen…;-)
*gg*
Also ich find, Jil Sander echt “tight”… *prust*
MfG Riva-Rocci
Hmm, so schlecht ist das nicht..
.. eine konsequente Weiterentwicklung der Rollei 6008AF, mit den (fast) gleichen Objektiven, ohne den nun überflüssigen Filmtransport. Mal sehen was daraus wird.
Der drehbare Handgriff macht den Einblick mit dem Lichtschachtsucher genauso wie mit dem Prismensucher komfortabel. Ein feststehender Griff kann doch nur mäßige Kompromisse liefern. Ein Drehrahmen für das Magazin (Rückteil) würde die Konstruktion nur komplizieren, auch im Hinblick auf die geforderte Maßhaltigkeit auf Bildebene, für 6×6-Film wäre es ohnehin überflüssig. Das Umsetzen sieht veraltet aus, hat aber einige Vorteile wie der feste Sensoreinbau und die kompakte Konstruktion. Ein 54×54-Sensor wird noch länger auf sich warten lassen, für Hersteller und Käufer kommen 4.5×6-Sensoren plus Prismensucher günstiger, es sei denn große Sensoren würden sich in Zukunft zu marginalen Preisen produzieren lassen.
Die Vermarktung des Konzepts durch drei verschiedene Hersteller ist neu in dem Segment, wird aber in anderen Branchen längst realisiert. Ob dies hier Erfolg haben kann, wird sich zeigen.
Danke für den Jil-Sander-Text
Das ist wirklich die einsame Spitze! Das kann man schon als Beispiel für die Verheerung von Sprachgebrauch durch Denglisch her nehmen.
Gut Klick!