Ein Elektronenblitz – das Aufschnappen des Kameraverschlusses, das den fünftausendsten Teil einer Sekunde dauert – so fotografiert man heute, da jeder zweite Radfahrer seine Box und jeder dritte Autofahrer seine Leica hat. Aber wie war’s mit den Kinderschuhen der Fotografie?

„Vor hundertzwanzig Jahren stand Dauthendeys Vater stundenlang in der glühenden Sonne, der zu Fotografierende saß stundenlang unbeweglich auf seinem Sessel und wurde stocksteif, ehe die Aufnahme beendet war: ein Jahr fast dauerte es, bis diesem ersten deutschen Fotografen die Aufnahmen überhaupt gelangen, die auch bei Daguerre, dem Erfinder der Lichtbildnern, nur Zufallstreffer ergaben.

In den ersten Tagen, als die neue Camera obscura vom Meister des Geschäftes noch nicht mit dem Wort Schwindel abgetan war, gingen in den Nachmittagspausen die Angestellten, die Ältesten der optischen Anstalt, um den geheimnisvollen Kasten herum und konnten sich nicht versagen, ihre Witze über das neue französische Wundertier zu machen. Kaum einer betrachtete die Kamera als eine ernstzunehmende wichtige und fortschrittliche Angelegenheit. Das neue unverstandene Geschöpf eines geistvollen Erfinders stand dann nach acht Tagen, nachdem vom Oberhaupt der Anstalt das Urteil »Pariser Schwindel« gefällt worden war, halb vergessen in einer Ecke und begann zu verstauben.“

Lesetipp, just entdeckt. Das eben waren alles Zitate aus: Max Dauthendey, Der Geist meines Vaters (nachzulesen bzw. herunterzuladen beim Projekt Gutenberg; will heißen, der komplette Text liegt mittlerweile urheberrechtsfrei vor).

Angenehme Lektüre.

(thoMas)