Leica-Fotografen haben unter Umständen ein Problem: hervorragende Objektive nämlich, denen das digitale Kameragehäuse fehlt.

In Zeiten, da immer mehr Aufnahmen digital entstehen und sich die Vorzüge digitaler Aufnahmetechnik immer mehr durchsetzen (die Nachteile wollen wir hier mal gnädig übergehen; schließlich ist ein Ausgabeformat von 20x25cm doch wirklich riesig – und wenn’s perfekt sein soll, dann reichen 13x18cm doch nun wirklich 😉 ), ist es verständlich, dass sich so mancher Fotograf Gedanken um seine Ausrüstung macht. Der eine muss, der andere möchte nun endlich auch digital fotografieren. Und nicht jeder gibt sich dabei mit einer digitalen Kompakten zufrieden.

Traditionell hat Leica da ein ganz eigenes Problem: technische Vorreiterrolle kann man der Firma nun wirklich nicht bescheinigen. Das heißt, kann man doch, dies aber nur, was die Qualität angeht. Leica ist berühmt (und bei manchen auch berüchtigt) dafür, dass Entwicklungen erst dann in der Serie umgesetzt werden, wenn bestimmte (hohe) Qualitätskriterien erfüllt sind. So warten wir heute noch auf ein Superzoom 28-500mm aus dem Hause Leica – und werden das aus guten Gründen nie zu sehen bekommen…

Wer die vergangenen Jahre Digitaltechnik Revue passieren lässt, kann wohl auch ermessen, warum es immer noch kein digitales Leica-Gehäuse gibt (geringe Auflösung, Rauschen, Randschärfeabfall insbesondere bei Weitwinkelbrennweiten, hohe Auslöseverzögerung,…) – da wurde viel experimentiert und nicht alles war wirklich gut. Andererseits gab es wenigstens etwas zum digitalen Fotografieren und vor allem die Berufsfotografen können schon lange – wenn auch einstmalen zu teilweise horrenden Kosten – ihr gesamtes und teures Objektivsortiment mit guten bis hervorragenden Ergebnissen am digitalen Gehäuse nutzen.

Das geht bei Leica nicht. Und es auch wird noch eine Weile dauern, bis es geht. Die Gründe wurden soeben angerissen. Dennoch ist das natürlich kein Trost für den, der wissen will, ob es und wie es weitergeht mit dem Digitalen bei Leica. Also kündigte die Firma ungewöhnlich frühzeitig – vor mittlerweile rund einem Jahr – das digitale Rückteil für die Leica R8/R9 an, das zur photokina 04 vorgestellt werden wird, wenn alles gut geht. Zwischen Ankündigung und Auslieferung in Stückzahlen (vermutlich 1. oder 2. Quartal 2005) werden dann wohl knapp zwei Jahre vergangen sein. Nicht ganz so lange wird die Wartefrist bei den M-Leicas ausfallen, denn wie kürzlich bestätigt, arbeitet Leica auch an einer digitalen M.

Zitat von Technikvorstand Ralf Coenen: „Weit über eine Million hochwertige Objektive des Leica R- und Leica M-Systems warten darauf, digitalen Lösungen zugänglich gemacht zu werden. Digitale Kameras für bestehende Objektive entsprechen unserer Philosophie jahrzehntelanger Systemkompatibilität und der Überzeugung, dass die Optik das entscheidende Element für hervorragende Bilder sind – nicht der analoge oder digitale Weg dorthin.“ (dem wir hinzufügen möchten, dass es schon hilfreich ist, wenn hinter dem Objektiv auch ein guter Bildsensor – sei das Chip oder Film – sitzt; doch weiter im Text:) „…eine Lösung zu entwickeln, bei der die Kunden die hohe Qualität der Leica Objektive auch in der digitalen Anwendung voll nutzen können. Aus Leica Sicht ist hierfür eine Bildauflösung von mindestens 10 Millionen Bildpunkten notwendig. … Die entsprechende Lösung ist jetzt in Vorbereitung.“

Lange Zeit war ein Bauart bedingtes Problem der Messsucherkameras ein Hindernis für digitale Lösungen: Durch das Fehlen eines Spiegelkastens wie bei einer Spiegelreflexkamera kommt die hintere Linse des Objektivs teilweise sehr nah an die Filmebene. Das Ergebnis ist ein schräger Einfallwinkel des Lichtes, der bei der heutigen Sensortechnik zu Qualitätseinschränkungen führt. „Wir sind uns durch das Vorentwicklungsprojekt jetzt sicher, dass eine neue Sensorgeneration mit verbesserten Mikrolinsen hier zu einer Bildqualität auf dem von Leica erwarteten Niveau führen wird“ so Coenen.

Laut Leica genießt dabei das Digital-Modul-R Priorität und die Arbeit daran, zusammen mit der dänischen Imacon A/S und der Kodak Sensorsparte Kodak ISS, macht gute Fortschritte. Beide Projekte könnten teilweise vernetzt laufen, wodurch für die digitale Leica M Zeit gespart werde.

Bleibt erstmal nur als Kommentar: „Gut Ding will Weile haben.“ (thoMas)