Wer kennt sie heute noch, die einstmals großen Namen der deutschen Kamerahersteller? Dazu zählt sicherlich auch Edixa, die Spiegelreflexkamera des einstmaligen Wiesbadener Herstellers Wirgin. In den 50er Jahren leitet auch sie den langsam beginnenden Boom der Spiegelreflexkameras ein, doch schon ab Mitte der 60er Jahre gerieten die Edixa-Kameras gegen die erstarkende Konkurrenz (vor allem aus Japan) ins Hintertreffen, 1971 war dann endgültig Schluss. Die wechselvolle Geschichte der Edixa-Kameras hat Wolfgang Erner in einem überaus faktenreichen Buch nachgezeichnet und aufbereitet.
Über 450 Seiten im DIN-A4-Format und mehr als 1100 Abbildungen umfasst das Werk „Edixa – die Geschichte einer Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera“, das der Kenner der Marke, Wolfgang Erner, ganz frisch bei Shaker Media veröffentlicht hat. Schon die schieren Zahlen verleihen eine kleine Vorstellung davon, wie reich an Fakten und Detailinformationen die telefonbuchschwere Publikation ist.
Drei wahllos aus dem Buch „Edixa – die Geschichte einer Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera“ herausgegriffene Seiten.
Den größten Teil des Buchs nimmt eine detaillierte und praktisch komplette Darstellung aller Edixa-Kameras ein. Diese gut 200 Seiten richten sich sicherlich vornehmlich an Besitzer oder gar Sammler einer Edixa-Kamera, die ihren Apparat einordnen möchten.
Für nicht so ganz mit der Materie Bewanderte dürften die ersten 100 Seiten mit dem Kapitel „Die Entwicklung der Edixa, ihre Wurzeln und Konkurrenten“ die interessanteren sein. Hier zeichnet Erner die Modellgeschichte der Kamerareihe bis zur Insolvenz der Wirigin-Kamerawerke im Jahr 1971 nach. Und weil Erner dabei eben auch einen ausführlichen Blick auf die Konkurrenz-Kameras wirft, gewinnt man beim Lesen schnell eine Vorstellung davon, wie sehr ab Mitte der 60er Jahre die japanischen Kamerahersteller mit innovativen Ideen den alteingesessenen deutschen Firmen davoneilten.
So kenntnisreich und fundiert Wolfgang Erners Werk ist, so hätte man ihm doch einen engagierteren Verlag gewünscht. Das Buch wirkt wie auf einem Laserdrucker gedruckt, die dünne Deckpappe und die einfache Klebebindung passen nicht so ganz zum Preis von 49,90 Euro, den Shaker Media aufruft. Den Edixa-Connaisseur wird das kaum stören, Leser, die sich einen tieferen Einblick in die Kamerawelt der 60er verschaffen möchten, indes schon. Auch wäre es wünschenswert gewesen, wenn Erner die überbordend zahlreichen Fakten stärker in Bezug zueinander gesetzt hätte. Aber auch so macht es Spaß, in den faksimilierten Prospekten und Werbezetteln zu schwelgen und sich dabei wieder ins Bewusstsein zurück zu rufen, dass es auch eine Zeit vor der automatischen Belichtungssteuerung oder gar Motivprogramme gab.
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Wolfgang Erner Edixa – Die Geschichte einer Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera 466 Seiten 1309 Abbildungen ISBN 978-3-95631-382-0 49,90 EUR
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(Martin Vieten)
Edixa-Gesamtausstellung am 20. März
Eine Ergänzung zu dieser Buchvorstellung: Zwei Edixa-Sammler, der hier erwähnte Wolfgang Erner und Klaus Ansorge, ein weiterer Edixa-Spezialist, zeigen am 20. März während der Fotobörse Gladbeck eine außergewöhnlich umfassende Schau über die Geschichte der Edixa-Produktion, darunter Prototypen und Einzelstücke aus dem Hause Wirgin/Wiesbaden, natürlich auch viele Objektive. Ergänzt wird die Vitrinenaustellung durch eine Edixa-Beamerschau im Kinosaal der Stadthalle Gladbeck. Beginn um 11 Uhr!
Vielen Dank …
… für diesen Hinweis.
Shaker halt…
[quote]…
Das Buch wirkt wie auf einem Laserdrucker gedruckt, die dünne Deckpappe und die einfache Klebebindung passen nicht so ganz zum Preis von 49,90 Euro, den Shaker Media aufruft.
[/quote]
Der Shaker “Verlag” ist auf die Publikation von wissenschaftlichen Arbeiten (Disserationen etc.) “spezialisiert”.
Für manche Autoren* ist es aus unterschiedlichen Gründen wichtig dass ihre Arbeit in einem “Verlag” erscheint und nicht im Copy Shop 50 mal ausgedruckt und gebunden wurde.
Editorische Sorgfalt sollte bei Shaker man nicht an erster Stelle erwarten. 😉
Sie erwähnen weiterhin Shaker Media – die Book on Demand Tochter. Kein Wunder dass das Buch aussieht als ob es aus dem Laserdrucker stammt – es kommt ja von dort 😉
Ärgerlich für den Käufer der 50€ hinlegt auch wenn der Inhalt in Ordnung ist.
* ich meine ausdrücklich nicht den Autor des hier besprochenen Buches !
Fritz Pölking: Ein Praktiker berichtete
Der Link liest sich (für die damalige Zeit) sehr realistisch, nun ist Pölking nicht irgendein Leica-Sammler, der mit Worten viel beschreiben kann, aber beim Vorzeigen von Bildern nur amateurhafte Langeweile verbreitet, Pölking hat intensiv fotografiert und mehrere Naturfotobücher heraus gebracht. Die Haltung gegenüber den Kunden bei Zeiss und Leitz hatte die Ursache, dass vor allem viele Profis ins Nikon- oder Canon-Lager “flüchteten!” Hier wurden sie fündig: Robuste Kameras, praxisgerechte Ausstattung und exzellente Objektive. Nikon ließ beispielsweise die F3 erst intensiv von japanischen Pressefotografen unter harten Bedingungen durchtesten, ehe sie den Markt belieferten. Auf spezielle Wünsche reagierten sie, aus dem Grund hatte Nikon auch ein gigantisches Zubehörangebot vorweisen, viele Teile davon sehr speziell (z. B. Stroboblitzer, Funkfernsteuerungen, Datenrückwände, 250er-Motorkassetten, Spezialmattscheiben) – die Profis freuten sich und blieben dabei, als Nikon AF-Kameras baute und den digitalen Umbruch voran brachte! [quote=Gast]Danke für den köstlichen Link. Der Autor spricht mir aus der Seele![/quote]
Warum gibt es keine deutsche Fotoindustrie mehr?
…
Damals gehörte der Spiegelreflexmarkt in der Bundesrepublik den Edixa-Kameras. Es waren schöne, für die damalige Zeit hochmoderne Kameras, die sogar als erste der Welt schon einen Rückschwingspiegel hatten, wo es bei allen anderen nur “plob” machte, und dann war es im Sucher bis zum neuen Spannen des Verschlusses dunkel. Die Edixas hatten nur eine Macke: bis 1/250 sec. arbeitete der Verschluß einwandfrei, aber bei 1/500 und 1/1000 sec. zog er ungleichmäßig durch. Das sah man vor allem bei Flugaufnahmen – da war der Himmel immer oben rechts im Bild dunkelblau und loben links im Bild war er hellblau. Wenn man Herrn Wirgin, den Besitzer der Edixa-Werke daraufhin ansprach und fragte, warum er den Verschluß nicht konstruktiv verbessern ließe, so antwortete er lapidar: “Warum denn, die Leute kaufen die Kameras doch auch so.”
Fritz Pölking
http://www.poelking.com/wbuch/200010/index_d.htm
Den Hochmut
hatten die Deutschen schon immer fest im Griff.
Edixa – alles bereits Geschichte, deshalb immer noch interessant
Das Zitat von Pölking ist bekannt und er sprach von eigenen Erfahrungen. Immerhin, die Edixas verkauften sich damals sehr gut, unter den deutschen Konkurrenten gab es diese schrecklichen Zeiss-Zentralverschlusskameras, wer hier ein stärkeres Weitwinkel oder längeres Tele verlangte, konnte dieses Angebot vergessen, die Contarex war den Amateuren viel zu teuer, die Icarex kam zu spät, die Leica M war nur eine Entfernungsmesser-Kamera, auch nicht gerade der Hit, die Leicaflex ebenfalls zu teuer (und ohne Wechselsucher). Was blieb übrig? Die DDR-Prakticas und Exaktas! Keine schlechten Kameras, aber nicht besonders zuverlässig. Diese Lücke füllten dann die Gebrüder Wirgin mit Edixa-Reflex und dem umständlichen M42-Gewinde, dazu gab es ein Riesenangebot an Wechselobjektiven. Das zählte, immerhin hatten viele Edixas einen Lichtschachtsucher, auch nicht schlecht. Hätte alles gut laufen können, aber Mitte der Sechziger erreichte die Japan-Kamerawelle auch Westdeutschland: Minolta SR-T 101, Konica Auto-Reflex, Yashica FX, Canon FT-b, Nikkormat FTN, Mamiya 500 DTL, Asahi Pentax Spotmatic, Miranda Sensorex – alle diese Kameras deutlich besser, als die west- und ostdeutschen Angebote, dazu aufregende Japan-Objektive: Superweitwinkel, Zoom, Shift… Da konnte Edixa nicht mehr mithalten. Freu` mich trotzdem auf die Wirgin-Ausstellung in Gladbeck. [quote=Gast]…
Damals gehörte der Spiegelreflexmarkt in der Bundesrepublik den Edixa-Kameras. Es waren schöne, für die damalige Zeit hochmoderne Kameras, die sogar als erste der Welt schon einen Rückschwingspiegel hatten, wo es bei allen anderen nur “plob” machte, und dann war es im Sucher bis zum neuen Spannen des Verschlusses dunkel. Die Edixas hatten nur eine Macke: bis 1/250 sec. arbeitete der Verschluß einwandfrei, aber bei 1/500 und 1/1000 sec. zog er ungleichmäßig durch. Das sah man vor allem bei Flugaufnahmen – da war der Himmel immer oben rechts im Bild dunkelblau und loben links im Bild war er hellblau. Wenn man Herrn Wirgin, den Besitzer der Edixa-Werke daraufhin ansprach und fragte, warum er den Verschluß nicht konstruktiv verbessern ließe, so antwortete er lapidar: “Warum denn, die Leute kaufen die Kameras doch auch so.”
Fritz Pölking
http://www.poelking.com/wbuch/200010/index_d.htm[/quote]
Danke!
Danke für den köstlichen Link. Der Autor spricht mir aus der Seele!
engagierteren Verlag gewünscht … dünne Deckpappe und die einfa
Werter Herr Vieten,
haben Sie bereits einmal versucht, fuer ein Buch aus der Schublade “special interest” mit voraussichtlich kleiner Auflage einen Verleger zu finden ? Es waere in der Tat schoener gewesen, einen Kunstdruck-Bildband mit Farbbildern und schoenem Einband heraus zu geben, aber das ist bei einem solchen Buch wirtschaftlich nicht darstellbar. Bei keinem Verlag.
Wünschenswert …
wäre es aus meiner Sicht dennoch gewesen, wenn das Buch jenseits möglicher wirtschaftlicher Zwänge mit etwas mehr Sorgfalt produziert worden wäre.