Foto Karl Martin Holzhäuser (*1944), Serie 17.1975„Zeichen, die mit Hilfe eigens konstruierter Apparate in Zustände höherer Ordnung überführt werden …“ – Werke von Karl Martin Holzhäuser, einem bedeutenden Vertreter der Konkreten Fotografie, zeigt derzeit die photo edition berlin:

Die Berliner Galerie photo edition berlin präsentiert mit Karl Martin Holzhäuser einen wichtigen Vertreter der „konkreten Fotografie“ in einer Einzelausstellung. Gezeigt werden Werke von den Anfängen 1968 bis zu neueren Arbeiten aus den 2000er Jahren. Diese umfassen die Serien „Lichtmalerei“ – „Mechano optische Untersuchungen“ – „Licht- Punkt-Serie“ – „Montagen“ und „konkrete Landschaften“.
 

Karl Martin Holzhäuser (*1944), 88.28.2001

Karl Martin Holzhäuser (*1944), 88.28.2001, aus der Serie „Lichtmalerei“, 2001
Farbiges Licht auf auf PE-Colorpapier, 120×120 cm, Edition: Unikat
Copyright Karl Martin Holzhäuser

 
Zu den Werken:

Karl Martin Holzhäuser, Mitglied der internationalen Gruppe „Konkrete Fotografie“, hat seit den Anfängen seiner freien künstlerischen Praxis Ende der 1960er Jahre ein bemerkenswert konsistentes Werk geschaffen: In mehreren Werkgruppen weist es ein in sich selbst schlüssiges Konzept nach, das sich folgerichtig und Schritt für Schritt nachvollziehen lässt. Mehrere Ausstellungskataloge und Publikationen belegen das. Sucht man die Wurzeln seiner Kunst, so findet man sie in zwei Kulturen: der Kultur der konkreten, speziell konstruktiven Kunst, der sich Holzhäuser schon in jungen Jahren verbunden fühlte und der Kultur des Mediums Fotografie, besonders seiner experimentell-gestaltenden Tendenz. Dies bildete auch sein Studienfach an den Akademien in Saarbrücken und Hamburg, sowie die Grundlage seiner berufliche Karriere als Hochschullehrer. Nimmt man alles zusammen, so könnte man das Gesamtwerk Holzhäusers bisher als einen bildnerisch überzeugenden Synthese-versuch dieser beiden Kulturen ansehen: Kunst und Technik. Es spiegelt das freie Spiel von Farben, Formen, Raum und Zeit im Apparat eines Mediums, das sich diesen Ambitionen vielfach widersetzt.

Seine Kunst ist durch direkte, unverstellte Anschaulichkeit geprägt, durch die „Generative Ästhetik“ des deutschen Philosophen Max Bense, bei dem der junge Holzhäuser eine kurze aber für ihn prägende Zeit zwischen 1966 und 1969 in Hamburg studierte. Bense ging es um die „Programmierung des Schönen“, so einer seiner Buchtitel, ein paradigmatischer Ansatz, dessen Auswirkungen wir heute in den Formen der Medien- und Computerkunst für selbstverständlich erachten. Seine Basis ist der Informationsbegriff und dessen Ableitungen, so auch die Generative Ästhetik, die „die methodische Erzeugung ästhetischer Zustände“ propagiert, „indem sie diese Erzeugung in endlich viele unterscheidbare und beschreibbare Einzelschritte zerlegt.“ Damit war erstmals eine griffige Formulierung für die aufkommende computer- generierte Kunst gefunden, die schon kurz darauf alle Künste inspirierte. Kunst war damit digital, also zahlenmäßig, algorithmisch, mathematisch erzeugbar. Ein revolutionärer Gedanke – damals. 

Foto Karl Martin Holzhäuser (*1944), Serie 17.1975

Karl Martin Holzhäuser (*1944), Serie 17.1975, aus der Serie „Mechano-optische Untersuchungen“, 1975
SW-Negative montiert, 50×40 cm, Edition:3+1 e.a.
Copyright Karl Martin Holzhäuser

 
 
Karl Martin Holzhäuser (*1944), 43.2008

Karl Martin Holzhäuser (*1944), 43.2008, aus der Serie „Montage“, 2008
Digigraphie, 120×120 cm, Edition: 3+2 e.a.
Copyright Karl Martin Holzhäuser

 
Er traf den jungen Holzhäuser unvermittelt und führte ihn zu einem Arbeitsansatz, der sich in seinem Werk bis heute findet: Die elementare Gestaltung in serieller Form. Der Produktionsprozess beginnt mit einfachen, elementaren Zeichen (Lichtbündeln, Lichtfarben), die schrittweise mit Hilfe eigens konstruierter Apparate in Zustände höherer Ordnung überführt werden, einem natürlichen Wachstumsprozess vergleichbar. Dabei entstehen komplexe Zeichenstrukturen, die sich „lesen“ und insofern rational nachvollziehen lassen. Frühe Arbeiten, so die „Mechano optischen Untersuchungen“ von 1965 bis etwa 1972 legen davon ebenso Zeugnis ab wie die Arbeiten der Werkgruppe „Lichtmalerei“, die nur noch mit Zeitdaten betitelt sind, wie bei einer Registratur oder dem Dokument in einem Archiv. Schon diese Titel bedeuten eine Absage an jede metaphysische Überhöhung und Verklärung seiner Kunst durch den Künstler selbst. Im Gegenteil: Sie signalisieren Ordnung und Transparenz, die das Kunstwerk vermitteln will. Sie liegen damit auf der Linie der frühen konkreten und konstruktiven Kunst, der daran lag, möglichst Viele am Kunstprozess zu beteiligen und niemanden auszuschließen, ein durch und durch demokratischer Ansatz. Auch in dieser Hinsicht bleibt Holzhäuser der Moderne verbunden, deren Idee er mit seinen Mitteln sichtbar und eindrucksvoll und fortschreibt.

Er inszeniert eine Bildwelt, die es so bis dahin nicht gab, und er verwirklicht die Idee, aus dem Fotoprozess selbst heraus ein Bild der Zeit zu schöpfen. So entstanden seine Ikonen, die latent in seinem Medium zu ruhen schienen – in einem System aus Optik und Chemie, aus Mechanik und technischen Arbeitsabläufen -, bis jemand sie ans Tageslicht hob. Holzhäuser ist auf der ständigen Suche nach diesem latenten Bild der Zeit durch eine Fotografie, die sich nicht damit zufrieden gibt, die Welt, wie sie ist oder wie sie erscheint, abzubilden oder darzustellen. Seine Fotos wollen nicht sichtbar machen, sondern sichtbar sein.

Damit geht der Künstler bewusst auf die Wurzeln und Fundamente seines Mediums zurück, er sucht das Elementare in einer Welt, in der das Flüchtige zum Alptraum wird. Frühere Bindungen eines Kunstwerks an Ort und Zeit seiner Entstehung sind durch Reproduzierbarkeit und massenhafte Verbreitung aufgehoben. Die Globalisierung hat hier längst stattgefunden. Fotografie fördert diesen Prozess eher als dass sie ihn stoppt. Aber sie bietet auch die Chance, das Spiel mit zu spielen und dennoch authentische Bilder der Gegenwart zu entwerfen, Zeichen, die dem individuellen und kollektiven Bewusstsein Halt geben. Holzhäusers Arbeit fixiert das Flüchtige auf eigene Art. Er arbeitet im Dunkeln. Aber sein Medium ist das Licht.

Auszug aus: Mit Licht. von Gottfried Jäger, 2004
 

Karl Martin Holzhäuser (*1944), Landschaft III, 1-5/2

Karl Martin Holzhäuser (*1944), Landschaft III, 1-5/2, aus der Serie Konkrete Landschaften“, 1983
Farbiges Licht auf Colorfilm, ausbelichtet auf PE-Colorpapier, 50×50 cm, Edition: 5
Copyright Karl Martin Holzhäuser

 
 
Karl Martin Holzhäuser (*1944), Licht-Punkt-Serie 1995

Karl Martin Holzhäuser (*1944), Licht-Punkt-Serie 1995, aus der Serie Licht-Punkt-Serie“, 1995
Farbiges Licht auf PE-Colorpapier, je 120×120 cm und je 40×40 cm, Edition: Unikate
Copyright Karl Martin Holzhäuser

 
Ausstellung:
Karl Martin Holzhäuser: Licht-Bilder 1968-2009
17. Februar – 12. April 2013

photo edition berlin – Galerie und Verlag für Fotografie
Ystaderstr. 14a
10437 Berlin

Öffnungszeiten:
Mittwoch 14:00-18:00 h; Samstag 12:00-16:00 h und nach Vereinbarung

Direkter Link zur Ausstellung: Karl Martin Holzhäuser
 
 
Webseite des Künstlers: kmholzhaeuser.com
 

(thoMas)