Mit dem Wettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres“ sollen Fotos und Fotoreportagen ausgezeichnet werden, die „die Persönlichkeit und die Situation von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren“. Das Vorhaben ist den Veranstaltern auf eindrucksvolle Weise geglückt:

Pressemitteilung der UNICEF:

Berlin, den 17. Dezember 2007

UNICEF-Foto des Jahres 2007

Bilder von Gegensätzen

Eva Luise Köhler ehrt Stephanie Sinclair für Aufnahme aus Afghanistan

Die amerikanische Fotografin Stephanie Sinclair ist Siegerin des internationalen Wettbewerbs „UNICEF-Foto des Jahres“. Ihre Aufnahme zeigt ein Brautpaar in Afghanistan, das gegensätzlicher kaum sein könnte. Der Bräutigam Mohammed wirkt mit 40 Jahren wie ein alter Mann, die Braut ist noch ein Kind. Ghulam ist gerade mal 11 Jahre alt. „Das UNICEF-Foto des Jahres 2007 macht uns auf ein weltweites Problem aufmerksam. Millionen Mädchen werden noch im Kindesalter verheiratet – ein selbstbestimmtes Leben bleibt den meisten dieser Kinderbräute für immer verwehrt“, sagte UNICEF-Schirmherrin Eva Luise Köhler bei der Preisverleihung in Berlin. Nach Angaben von UNICEF leben weltweit mehr als 60 Millionen junge Frauen, die verheiratet wurden, bevor sie volljährig wurden, die Hälfte davon in Südasien.

Foto: Jonathan-Torgovnik

Für den weltweit ausgeschriebenen Wettbewerb reichten 142 von internationalen Experten vorgeschlagene Fotografen aus 31 Ländern insgesamt 1.230 Bilder ein. Die Jury unter dem Vorsitz von Klaus Honnef, Professor für Theorie der Fotografie, bestimmte in diesem Jahr einen ersten, zweiten und dritten Platz sowie acht lobende Erwähnungen. UNICEF prämiert mit der Auszeichnung zum achten Mal Fotos von hohem künstlerischem und fotojournalistischem Niveau, die die Lebensumstände von Kindern illustrieren. Der Wettbewerb wird unterstützt von der Zeitschrift GEO und finanziert von der Citibank.

Foto: Stephanie Sinclair

Das Siegerfoto
Das UNICEF-Foto des Jahres 2007 ist Teil einer Fotoserie über Kinderheiraten, die Stephanie Sinclair zwischen 2005 und 2007 in Afghanistan, Nepal und Äthiopien fotografiert hat. Während eines Aufenthaltes in Afghanistan fiel der 34-jährigen freien Fotografin immer wieder auf, dass sehr viele junge Mädchen mit wesentlich älteren Männern verheiratet waren. Sie beschloss, mit Bildern auf das Thema aufmerksam zu machen. Nach Schätzungen von UNICEF wird rund die Hälfte aller afghanischen Frauen noch vor ihrem 18. Geburtstag verheiratet. Heirat wird in Afghanistan wie in weiten Teilen Südasiens und im südlichen Afrika oft als wirtschaftliche Transaktion angesehen, die nichts mit persönlichen Wünschen zu tun hat. Die Braut ist dabei das Handelsgut – je jünger sie ist, desto höher ist der Brautpreis. „Was fühlst du heute?“ fragte Stephanie Sinclair das Mädchen Ghulam am Tag ihrer Verlobung. “Nichts“, sagte das Mädchen etwas verwirrt. “Ich kenne diesen Mann nicht – was sollte ich fühlen?“

Foto: GMB Akash

Die weiteren Auszeichnungen
Zweiter Preisträger ist GMB Akash aus Bangladesch (Panos Pictures). Sein Foto zeigt den überaus harten Alltag vieler Kinder in seinem Heimatland. Das Gesicht des ungefähr 12-jährigen Jungen ist voller Stolz auf die eigene Kraft, obwohl er in der Ziegelei viel zu schwer schuften muss für sein Alter. Nach Schätzung von UNICEF arbeiten in Bangladesch 4,7 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 14 Jahren. Viele Kinder werden in Lackierereien, Werkstätten und Gerbereien zu riskanten Arbeiten mit gefährlichen Chemikalien gezwungen. Ein Kinderarbeiter bekommt am Tag 60 Taka (weniger als 1 Dollar), etwa ein Drittel des Lohns eines Erwachsenen. GMB Akash arbeitet seit 2002 als professioneller Fotograf. Die Themen des 29-Jährigen sind vor allem die Verletzung von Kinderrechten und die Unterdrückung von Minderheiten. Die Aufnahme eines angeketteten Jungen in einer Koranschule machte ihn 2005 weltbekannt und trug ihm zugleich Morddrohungen von Islamisten ein. Anfang 2007 floh Akash nach Deutschland. Er erhielt ein Stipendium der Stiftung für politisch Verfolgte in Hamburg.

Foto: Hartmut Schwarzbach

Der dritte Preis geht an den deutschen Fotografen Hartmut Schwarzbach (Argus) für sein Foto von Annalyn, die gerade ihren neunten Geburtstag feiert. Fröhlich hüpft das Mädchen auf einem roten Sessel, den sie auf dem Müllberg in der Nähe der philippinischen Hauptstadt Manila gefunden hat. Annalyn ist chronisch unterernährt und daher zu dünn und zu klein für ihr Alter. Sie sieht aus wie ein fünfjähriges Mädchen. Seit drei Jahren wohnt sie mit ihrer Familie am Rande der riesigen Müllkippe „Aroma Smokey Mountain“ in Manila. Ihre Familie lebt dort in einer Köhlersiedlung. Wie die meisten Kinder in dieser Siedlung muss Annalyn täglich in den Müllbergen nach Holz für den Ofen suchen und in beißendem Rauch und unerträglicher Hitze die Holzkohleproduktion überwachen. Deshalb geht Annalyn nicht zur Schule. Trotzdem ist ihr Traum, später einmal Lehrerin zu werden.

Foto: Nir Elias

Besonders gewürdigt wurden zudem:

• Steven Achiam, Dänemark, (Student Danish School of Photojournalism), Sumo Boys in Japan
• Renée Byer, USA, (The Sacramento Bee), „Die Liebe einer Mutter“ – Reportage über eine alleinerziehende Mutter von fünf Kindern und ihren krebskranken, sterbenden Sohn
• Nir Elias, Israel, (Reuters), Schmerzgrenze – Sporterziehung in China
• Wolfram Hahn, Deutschland (Student Kommunikationsdesign, FH Potsdam) – Enzauberte Kinderzimmer – Studie zu fernsehschauenden Kindern
• Hatem Moussa, Palästina, (AP), Leben im Gaza Streifen
• Finbarr O’Reilly, Großbritannien/Kanada, (Reuters), Ein Haus der Hoffnung – Polioopfer in Kinshasa (Demokratische Republik Kongo)
• Musa Sadulajew, Tschetschenien, (AP), Tschetscheniens vergessene Kinder
• Jonathan Torgovnik, Israel, (Newsweek Magazine), Verbrechen und ihre Folgen – Porträts von Frauen, die im ruandischen Bürgerkrieg vergewaltigt wurden, und ihren Kindern heute

Foto: Renée Byer

Der Wettbewerb „UNICEF-Foto des Jahres“
UNICEF zeichnet Fotos und Fotoreportagen aus, die die Persönlichkeit und die Situation von Kindern weltweit auf herausragende Weise dokumentieren. Eine Empfehlung durch einen renommierten Fotoexperten ist Voraussetzung für die Teilnahme an dem Wettbewerb. Für das Siegerfoto gibt es als Anerkennung einen Fotoreportage-Auftrag für GEO sowie hochwertiges Kameraequipment, gestiftet von der Firma Isarfoto Bothe. Über die Preisvergabe entscheiden die Fotoexperten Klaus Honnef, Professor für Theorie der Fotografie, als Vorsitzender der Jury, Ruth Eichhorn, Leiterin der Bildredaktion von GEO, Lutz Fischmann, Geschäftsführer der Fotoagentur Freelens e.V. in Hamburg, Bernd von Jutrczenka, Leiter dpa-Bild, Christian Pohlert, Leiter der Bildredaktion der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und Reinhard Schlagintweit, Vorstand UNICEF Deutschland.

(thoMas)