Kit-Objektive sind billig und durch die Bank scharf in der Bildmitte – am Bildrand aber sichtlich unschärfer. Auch gehen sie – im Weitwinkelbereich – mit geraden Linien nicht gerade ideal um:

Von Canons Kit-Objektiv, dem EF-S 3,5-5,6/18-55 mm II kann man sagen, es gelingt ihm, automatisch aus jedem eckigen Objekt etwas Gerundetes, Tonnenförmiges zu machen, sobald der Weitwinkelbereich erreicht wird. Dafür erhält man zusätzlich auch noch einen hübsch-hässlichen Lichtabfall; zum Bildrand zunehmend. Und ebenso gibt es in den Bildern ausgeprägte Farbränder zu bewundern.

Doch solches kann man bei allen billigen Kit-Objektiven feststellen. Es ist allerdings auch kein Wunder, denn so manche dieser mitgelieferten Scherben kostet im Laden nur um 90 Euro. Was soll das in der Produktion kosten? Wohl kaum mehr als 20 Euro.

Dass es Richtung „billiger“ nicht weiter gehen kann, hat Canon selbst erkannt, denn das nun jüngst nachgefolgte EF-S 3,5-5,6/18-55 mm IS ist im Weitwinkelbereich sensationell scharf bis in die Bildecken und zeigt nur noch geringen Lichtabfall zum Rand hin. Es ist aber auch weltmeisterlich heftig bei der chromatischen Aberration, also den unerwünschten farbigen Rändern um alle Kanten im Bild und behält die ausgeprägte tonnenförmige Verzeichnung, die erst zur längeren Brennweite hin in eine leicht kissenförmige Verzeichnung kippt.

Eine solchermaßen kritische Betrachtung kann man bei allen üblichen Kit-Objektiven betreiben und recht ähnliche Schwachstellen festhalten. Denn jedes Objektiv hat mit einer Summe von Problemen zu tun. Es ist, als werfe man fünf Bälle in die Luft und wolle diese alle in Bewegung halten. Die Bälle tragen die Namen „Bildschärfe“, „Vignettierung“ (Lichtabfall zum Bildrand), „chromatische Aberration“ (farbige Ränder) und „Verzeichnung“ (tonnen- oder kissenförmig). Ein Kaufmann fügt den „Verkaufspreis“ hinzu. Da fällt dann schon mal etwas heraus aus der Abstimmung aller Faktoren, oder, um im Bild zu bleiben, ein Ball herunter. Und je preiswerter, desto öfter, möchte man meinen. Was aber nicht stimmen muss, wie ich zum Schluss zeige.

Ein neuerlich immer öfter auftauchendes Problem ist die Produktionsqualität. Selbst die stichprobenartigen Tests der Hersteller sind wohl eher mangelhaft, denn öfter, als einem Konsumenten lieb sein kann, tauchen fehlerhaft justierte Objektive auf; selbst bei namhaften Herstellern und bei Preisen von über 1000 Euro.

Sehen wir uns noch die anderen Kit-Objektive an:

Nikons Nikkor AF-S 3,5-5,6/18-55 mm G ED DX II ist schon etwas länger zu haben, so dass die ältere Version seltener mitverkauft werden wird, wenn beim Händler alles mit rechten Dingen zugeht. Es ist unwesentlich weniger scharf, dafür verzeichnet es nicht so extrem wie das Pendant des großen Konkurrenten. Doch bei der chromatischen Aberration, der CA! – Man mag gar nicht auf die Testgrafik bei www.photozone.de sehen, auf die ich verlinke, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.

Auch das Pentax smc DA 3,5-5,6/18-55 mm AL ist nicht ohne Fehl und Tadel. – Hätte man beim Grundton meines Textes etwas anderes erwartet? Einzig bei der chromatischen Aberration (CA) lässt es den Ball nicht fallen. Warum bei den Fans von Pentax das smc DA 4/16-45 mm ED AL als teureres, aber besseres, Standard-Objektiv gilt, ist mir angesichts der nur geringfügig besseren optischen Leistungen unverständlich. Schon bei den produzierten Farbrändern (CA) zeigt es eine geradezu abenteuerliche Fehlleistung. Bei diesem Objektiv lässt man die Bälle nicht einfach nur fallen, man wirft einen auch noch weg.

Olympus macht hier eine Ausnahme. Selbst das aktuelle und preiswerteste Kit-Objektiv, das Zuiko 3,5-5,6/14-42 mm, ist in keinem Bereich schlecht, aber man bezahlt dafür einen deutlich höheren Preis als bei der Konkurrenz. Das andere Kit-Objektiv, das Zuiko 2,8-3,5/14-54 mm ist in allen Bereichen ausgezeichnet bis exzellent, und für um 600 Euro auch noch preisgünstig, wenn man die großen Konkurrenten im Blick hat. Ohne der Marke nun allzu sehr zugetan zu sein: Wer eine Kamera von Olympus besitzt ist mit den originalen Objektiven immer ausgezeichnet bedient – beneidenswert.

Bei Sony sieht das Angebot nicht gut aus. Leider hat mein Referenzlabor alle Test-Daten mit der nun überholten Sony a100 gelöscht. Doch waren die Messdaten für mich unerwartet und allgemein schlecht. Das Sony DT 3,5-5,6/18–70 mm hinkt den Leistungen der Konkurrenz deutlich hinterher. Selbst das Standard-Vario-Objektiv von Carl Zeiss war nur mittelmäßig gut und taucht auf der aktuellen Seite von Sony nicht mehr auf. Für die a700 muss man auf jene Vario-Objektive warten, die der Leistung der Kamera (auf dem Papier) entsprechen können.

Die absolute „Krönung“ im Objektivbau ist das Sigma AF 3,5-5,6/18-50 mm DC, das extrem preiswert ist. In der Praxis ist diese Anhäufung von Glas dadurch auffällig, dass man wohl an der Vergütung der inneren Linsen gänzlich gespart hat, denn anders kann man, wie allgemein in den Foren und auch von mir angemerkt wird, die überaus deutliche Anfälligkeit für Reflexionen bei stärkeren Kontrasten nicht erklären. So etwas sah ich bei Objektiven aus den siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Mein erstes Vario aus den Achtzigern war auch nicht anfälliger für Lichtreflexe. Bei Sonnenschein führt das Objektiv ein dermaßen starkes Eigenleben im Umgang mit den Bildkontrasten, dass man es in die Mülltonne treten mag.

Doch auch die etwas „besseren“ Kit-Objektive sind nicht selbstredend wirklich eine gute Wahl.

Fange ich mal wieder bei Canon an, beim EF-S 4-5,6/17-85 mm USM IS. Die etwas lichtschwächere Optik mit größerem Brennweitenbereich ist relativ preiswert. Dafür bekommt man eine nicht herausragende, aber gleichmäßige, gute Schärfe über das Bildfeld. Die Messung der CA offenbart Schreckliches. Man kann eben nicht alles haben, möchte man meinen. Jedes Objektiv ist eben ein Kompromiss. Aber die Verzeichnung im weitwinkeligen Bereich macht das Objektiv zur Fehlkonstruktion. Im Telebereich wechselt dieses Objektiv zu einer, im Vergleich zur Konkurrenz deutlich schlechteren, kissenförmigen Verzeichnung. Damit kann man bei den kurzen Brennweiten selbst bei den Ansprüchen einfacher Knipsbilder nicht ernstlich ein brauchbares Foto erwarten. Und bei den längeren Brennweiten kippt die Verzeichnung in eine nicht mehr akzeptable kissenförmige. (Wer von diesem, „seinem“ Objektiv in Foren begeistert schreibt, hat mehr als nur Scheuklappen am Kopf.)

An diesem Beispiel zeigt sich, wie sehr so manche Konstruktion allein für die „Eckwerte“ produziert wird, also jene Angaben, die zumeist kaufentscheidend sind – bei den Unbedarften. (Wer solch ein Objektiv kauft, der oder die wählt auch das Auto nach KW und Farbe, was wohl nicht so ungewöhnlich ist.) Insgesamt hat es etwas vom oben beschriebenen Sigma und sollte der gleichen Verwertung zugeführt werden.

Nikons alternatives Kit-Objektiv trägt die Bezeichnung Nikkor AF-S 3,5-5,6/18-135 mm G IF-ED. Es ist mit dem größeren Brennweitenbereich ein ebenso fauler Kompromiss zwischen allen Anforderungen, wie es das obige Canon-Objektiv ist. Die Schärfeleistung ist im weitwinkeligen Bereich exzellent, bei den anderen Bildwinkeln sehr gut – in der Bildmitte. Die Randschärfe nimmt deutlichst ab. Die Werte für die CA sind angesichts des größeren Brennweitenbereichs nicht wirklich enttäuschend. Doch der Rest der Messdaten? Die Verzeichnung ist in allen Bereichen überdeutlich schlecht. Die Vignettierung zeigt, dass der Bildkreis zu klein bemessen wurde. In den Bildecken wird es zappenduster, sowohl bei der Einstellung Weitwinkel als auch im Telebereich. Eine echte Fehlkonstruktion aus dem Hause Nikon.

Da ist ja noch das Nikkor AF-S 3,5-4,5/18-70 mm G IF-ED DX. Vorweg, es ist in allen Bereichen ein nur halbwegs gelungener Kompromiss an die Anforderungen eines Standard-Vario. Da verzeichnet das Objektiv heftigst bei 18 mm. Doch schon weniger Millimeter weiter ist alles wieder deutlich besser. Der Randabfall des Lichtes über das Bildfeld zeigt, dass dies nicht im Bereich des physikalisch zu erwartenden liegt, sondern auch hier der Bildkreis zu eng bemessen wurde. In der längsten und auch der kürzesten Brennweite kann man erst ab Blende 8 eine bessere Bildfeldausleuchtung erwarten. Angesichts der mäßigen Lichtstärke sind die optischen Leistungen ebenso nur mäßig.

Dann sehen wir mal, was die Drittanbieter als Alternativen auf den Markt geworfen haben.

Bei den lichtstärkeren Objektiven mit Anfangsöffnung 2,8 der Marken Tamron, Sigma und Tokina sieht die Sache schon anders aus. Canon und Nikon sind zwar auch gut vertreten, doch liegen deren Objektive in deutlich anderen Preisregionen.

Für über 300 Euro erhält man mit dem Tamron AF 2,8/17-50 mm SP Di II XR den besten Kompromiss der drei angesprochen Marken. Das gilt selbst für die Bildsensoren der Größe von Nikon. Die Verzeichnung ist schon ausgeprägt (bei den kleineren Bildsensoren von Canon etwas besser) und die chromatische Aberration ist angesichts der großen Lichtstärke zwar deutlich, aber nicht außergewöhnlich schlecht. Gute Schärfe und mäßigerer Randabfall des Lichtes sind beachtenswerte Messdaten. Eine Vignettierung, die auf einen zu klein berechneten Bildkreis hinweisen würde, ist messtechnisch nicht auffällig.

Im gleichen Preisbereich wird bei einem etwas kleinerem Bildsensor wie dem der Canon 400D oder dem der 40D die optische Leistung des Sigma AF 2,8-4,5/17-70 mm DC macro zu einer ausgezeichneten Wahl und zu einer echten Alternative zu den Kit-Objektiven. Der etwas größere Brennweitenbereich 17-70 ist für viele recht attraktiv. Die allgemeine Leistung ist ein guter Kompromiss zwischen allen Anforderungen. Die Schärfe ist im weitwinkeligen Bereich nicht an der Spitze der Messwerte, doch kommt sie in den längeren Brennweiten der Grenze der Auflösung der Bildsensoren näher. Einzig die Vignettierung bei langer Brennweite (70 mm und bis Blende 4) stört mich etwas. Doch bei mittlerer Blende 5,6 ist die Leistung der Optik dann ausgewogen und in allen Bereichen sehr gut bis exzellent. Für den Preis um 360 Euro gibt es zur Zeit keine bessere Wahl für die kleineren Bildsensoren von Canon und Sigma. Bei Nikons DX-Bildsensoren muss man sich fragen, ob die Verzeichnung als noch akzeptabel hingenommen werden kann. Denn da ist die tonnenförmige Verzeichnung leider schon sehr ausgeprägt. Daran sieht man, dass der nutzbare Bildkreis dieses Objektives beim DX-Format an der Grenze angekommen ist.

So bleiben zur Zeit für die Wahl eines besseren Kit-Objektives das Tamron AF 2,8/17-50 mm SP Di II XR und das Sigma AF 2,8-4,5/17-70 mm DC macro übrig.

Ich persönlich würde das Sigma AF 2,8-4,5/17-70 mm DC macro für das DX-Format vorziehen. Ich akzeptierte notfalls die heftigen Farbsäume, die zur Nachbearbeitung jeden Bildes zwingen, und auch die tonnenförmige Verzeichnung bei der Brennweite 18 mm, die wenige Millimeter weiter bereits gleichmäßiger korrigiert ist. Auch blende ich für gewöhnlich stärker ab und kann bei größerer Blende mit dem deutlichen Schärfeverlust zum Rand leben. Die Wahl des Sigma bliebe dabei meine höchst subjektive Entscheidung.

Besser eine mäßigere optische Leistung als gar kein Bild – notfalls. Besser ist ein besseres (wiewohl teureres) Objektiv.

(Adrian Ahlhaus)

Mit freundlicher Genehmigung des Autors
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