Von guten und von schlechten Pixeln, inklusive notwendiger Anmerkungen zur besseren Kamera und zum besten Objektiv:

Bevor ich mit meinen Ausführungen beginne, sollen ein paar Grundannahmen formuliert werden. Zunächst und zuallererst: es geht erstens allein um die technische Qualität und zweitens soll das Ausgabe-Ergebnis der Maßstab sein, denn zum Anschauen und Zeigen macht man Fotos.

Wenn wir uns am Schulnotensystem orientieren, dann kann ein Foto sein:

  • hervorragend
  • sehr gut
  • gut
  • befriedigend
  • ausreichend
  • mangelhaft
  • ungenügend

Es sei betont: Hier geht es allein um die technische Qualität eines Fotos. Und wir bewegen uns mit dieser Qualitätsskala im Bereich der A-B-Vergleiche, das heißt, die jeweiligen Abstufungen lassen sich nur sicher erkennen und trennen, wenn mehrere Fotos direkt miteinander verglichen werden. Natürlich erkennen wir, ob ein Foto technisch sehr gut oder mangelhaft ist. Aber ob ein Foto tatsächlich hervorragend oder doch „nur“ sehr gut ist, das zeigt nur der direkte Vergleich. Ohne ihn wirken beide Varianten ganz wunderbar an der Wand, umso mehr, wenn das Motiv ein schönes ist.

Noch eine Anmerkung dazu: Wenn Sie mit diesem Notensystem durch Ausstellungen, durch Kataloge, durchs Internet streifen, dann werden Sie feststellen, dass die allermeisten Fotos zwischen gut und ausreichend pendeln – was auch völlig ausreicht, denn das Motiv ist es, das zählt. Ja, dass sogar das „Ungenügende“ (Sie erinnern: wir reden allein von der Technik) genau der Intention des Fotografen entsprechen kann und sich zum „Hervorragenden“ wandelt.

Die Voraussetzungen

Womit wir bei der ersten Frage wären: Was benötige ich für ein technisch gutes bis hervorragendes Foto? Die Antwort ist einfach: vor allem ausreichend viele Pixel! (Beachten Sie den feinen Unterschied: nicht „möglichst viele“ – „ausreichend viele“.)

Wobei gilt: Ist eine Datei gut genug für 20×25 cm, dann ist sie für jedes Format gut. Denn dieses 20×25-Foto kann man aus etwa 30 cm (= grob die Bilddiagonale) Betrachtungsabstand noch gut insgesamt überblicken. Wird das Foto größer ausgegeben, vergrößert sich auch der Betrachtungsabstand (um das gesamte Motiv erkennen zu können) und mit zunehmenden Betrachtungsabstand kann das Auge immer weniger Details auflösen: Wird dieselbe Datei also als Plakatwand 4×5 m ausgegeben, erscheint uns auch das riesige Plakat so scharf wie das kleinere Foto, weil wir viel weiter weg sind.
20×25 cm reicht also für mindestens „sehr gut“.

Um aber qualitativ auf der sicheren Seite zu sein, und auch wegen der Möglichkeit moderater Ausschnittvergrößerungen, soll das gut doppelt so große Bildformat unser Maßstab sein: 30×40 cm –  dafür soll die Datei auf jeden Fall gut sein. Ebenso gehen wir von einer Druckauflösung von 300 dpi aus, wobei, je nach Ausgabe, auch 200 dpi völlig ausreichend sein können. Aber, sicher ist sicher und doppelt gemoppelt hält besser. Damit sind wir bei „hervorragend“, was die technische Qualität angeht.

Bei diesen formulierten Qualitätskriterien benötige ich eine Datei, die genügend Pixel für einen Abzug 30×40 cm bei 300 dpi hat. Die notwendige Dateigröße lässt sich mit einer einfachen Rechenaufgabe bestimmen: 300 dpi, das bedeutet, dass jeder Ausgabe-Inch (1 inch = 2,54 cm) 300 Pixel bekommen soll. Bei einer Seitenlänge von 30 cm (≈ 12 inch) sind das 300×12 = 3600 Pixel; die lange Seite mit 40 cm (≈ 16 inch) „holt“ sich dem entsprechend 300×16 = 4800 Pixel. Für die Ausgabedatei sind unter den geschilderten Voraussetzungen also 3600×4800 Pixel notwendig. Das sind rund 17 Megapixel. 16 gehen natürlich ebenso gut, 18 auch.

Damit sind die Anforderungen an eine technisch brillante Foto-Datei beschrieben, die auch noch moderate Ausschnittvergrößerungen zulässt. Werden es deutlich weniger Pixel, dann sind keine Ausschnitte mehr möglich, und irgendwann auch nur kleinere Formate. Sind es deutlich mehr Pixel, dann hat man dem entsprechend auch mehr Möglichkeiten der Ausschnittwahl bzw. könnte auch ein Foto ausgeben, bei dem man förmlich in die Details „hineinkriechen“ kann.

Zusammenfassend: Mit um die 17 Megapixel sind alle Voraussetzungen für ein technisch hervorragendes Foto gegeben.

Gute und schlechte Pixel

An der Stelle werden Sie jetzt vielleicht einwenden: „Ja – aber: Pixel ist nicht gleich Pixel! Es kommt auf die Qualität an!“ Pixelgröße auf dem Sensor, Dynamik, High-ISO-Fähigkeiten, Know-how des Herstellers beim Auslesen und Bearbeiten der Sensordaten, die Kamera- und Objektivqualität …

Angesichts der eingangs geschilderten Prämisse – die sehr gute Ausgabe soll das Ziel sein – bewegen wir uns, was all das technische Brimborium angeht, im Bereich der A-B-Vergleiche. Will heißen, die Unterschiede sind nur im direkten Vergleich zweier Fotos, wenn überhaupt, erkennbar.

Ich verweise dazu auf folgende Artikel:

Die Unterschiede zwischen einem 1-Zoll- und einem Kleinbild-Sensor, und auch die zwischen einem Kleinbild- und einem Mittelformat-Sensor, sind sichtbar, aber sie werden nur erkennbar, wenn man in die Extreme geht, an die Grenzen des jeweils kleineren Aufnahmeformates. Der geübte, anspruchsvolle High-End-Fotograf wird dann auch ohne A-B-Vergleich kleine Unterschiede etwa zwischen dem 1-Zoll- und dem Kleinbild-Sensor erkennen, beispielsweise, was die Tonwertmodulation angeht (die „Sanftheit“ und „Dreidimensionalität“ der Helligkeits- und Farbabstufungen).

Gute und weniger gute Objektive

Gleiches gilt für Objektive. Das mögen Sie vielleicht erst einmal auch nicht glauben, und so möchte ich dazu auf einen weiteren Artikel verweisen: Test: XF- kontra XC-Objektive. Hier wurde die Premiumlinie der Fujinon-X-Objektive mit der preiswerteren, aber durchaus respektablen X-Serie verglichen.

Interessant ist nun, dass die vorhandenen Unterschiede, die in 100-%-Darstellung durchaus sichtbar sind, durch ein wenig moderate Bildbearbeitung (ein wenig Schärfe) im Endergebnis ins Marginale zusammenschrumpfen. Im genannten Beispiel wurde lediglich die Bildschärfung leicht angepasst: bei den Premium-Objektiven musste nur noch ganz leicht geschärft werden, bei der Standerd-Reihe ein wenig mehr. Das Ergebnis liegt dann sehr nahe beieinander. Ebenso lassen sich natürlich auch Verzeichnungen und andere Aufnahmefehler nachträglich korrigieren: die Bildbearbeitung macht aus einer Aufnahme mit mittelmäßigem Objektiv ein technisch sehr gutes Foto.

Das gilt natürlich für alle Objektive und Hersteller. So haben wir im Test der Leica S2 festgestellt, dass im Mittelformat Hasselblad praktisch dieselbe Bildqualität wie Leica erzielt – wobei erstere die Bilddaten kräftig aufbereiten, letztere die besseren Objektive bauen. Aber, im Ergebnis, im Print, sind beide hervorragend.

Wenn also das Ausgabe-Ergebnis unser Maßstab ist, dann sind wir auch hier wieder, bei der Objektivqualität, im Bereich des A-B-Vergleichs angelangt (ausgesprochene „Flaschenböden“ mal ausgenommen): Im direkten Vergleich zweier Prints sind geringe qualitative Unterschiede sichtbar. Jedes Ergebnis für sich genommen ist aber so gut oder schlecht, wie es die Pixelanzahl erlaubt (siehe auch den Abschnitt „Gute und weniger gute Kameras“ ein wenig weiter unten).

Nichtsdestotrotz kann man solche Feinheiten und Qualitäten aus guten Gründen präferieren und goutieren – etwa, weil das Bessere (und Teurere) auch besser verarbeitet ist. So macht es mir einfach mehr Spaß, mit einer teuren, soliden Kamera umzugehen und ein hochwertiges, schweres Objektiv anzuflanschen und zu bedienen. Dafür schleppe ich auch gerne ein wenig mehr …

All das tritt aber, wenn das Bild an der Wand hängt, gegenüber dem Motiv in den Hintergrund und eine Binsenweisheit tritt hervor: Das bessere Motiv macht das bessere Foto.

Gute und weniger gute Kameras

Unter den gegebenen Voraussetzungen – das technisch perfekte Print in 30×40 cm – kann man damit etwa wie folgt klassifizieren:

  • Hervorragend: Mittelformat- und Kleinbildkameras mit mehr als 30 Megapixeln
  • Sehr gut: Kompakt- und Systemkameras ab 1 Zoll Sensorgröße und ab 16 Megapixeln
  • Gut bis befriedigend: Kompakt- und Systemkameras ab 1 Zoll Sensorgröße mit weniger als 16 Megapixeln, Kompaktkameras mit kleinem Sensor
  • Befriedigend bis ausreichend: Smartphone-Kameras

Mangelhafte und ungenügende Bildqualität, das findet sich heute bei keinem Markenhersteller mehr.

Und falls Sie sich wundern, wie ein Smartphone mit derzeit typischerweise um 8 Megapixeln für das 30×40-Foto noch ein „befriedigend“ bekommen kann: Das geht ohne Weiteres, wenn wir die Ansprüche etwas reduzieren; auf 200 dpi Ausgabeauflösung. Das ist nicht ideal, aber immer noch ausreichend. Und dann schafft auch der Winz-Sensor eines Smartphones noch eine respektable Ausgabequalität in 30×40 cm. Nicht wenige würden sogar formulieren: „Ist doch klasse!“, wenn das schöne Motiv erst einmal an der Wand hängt.

Noch einmal zusammengefasst und auseinanderklamüsert: „hervorragend“, das bedeutet in diesem Zusammenhang, dass technisch sehr, sehr gute Fotos möglich sind samt hoher Reserven bei der Ausschnittwahl. Ein „sehr gut“ ermöglicht technisch sehr gute Fotos mit kleinen Reserven bei der Ausschnittwahl und ein „gut“ liefert auch sehr gute Fotos, aber ohne Format-Reserven.

Die Formatfrage

Womit sich die Frage stellt: „Warum eine Mittelformatkamera, wenn doch schon eine gute Kompaktkamera gute bis sehr gute Technik bietet?“ Eine Frage, die „der Markt“ (sprich, die Käufer) auch schon beantwortet hat: Kaum einer will mehr eine Mittelformatkamera. Sie ist sehr, sehr teuer und ihre Vorteile kaum sichtbar.

Für pragmatische Naturen gibt es heute nur zwei Gründe, ein bestimmtes Aufnahmeformat zu wählen:

  • Kosten, Größe und Umfang des Systems
  • Die Möglichkeiten der Bildgestaltung, die sich eröffnen (oder eben nicht)

Was Kosten, Größe und Umfang des Systems angeht: Das müssen Sie ganz allein mit sich selbst ausmachen. Alle aktuellen Markenkameras, die mehr als 100 Euro kosten, erreichen mindestens ein „befriedigend“, spätestens ab 200 Euro sind wir beim „gut“. Und so ab 500 Euro, nach oben offen, sind wir dann schon in der Qualitätsklasse „sehr gut“. Mit der „Plastikdose“ ebenso wie mit dem „Vollmetallhammer“. Mit dem Kit-Zomobjektiv ebenso wie mit der Premium-Festbrennweite.

Anmerkung: Ich will ja gar nicht bezweifeln, dass es kleine qualitative Unterschiede gibt – aber sehen Sie die auch, ohne den direkten Vergleich? Und falls tatsächlich – sind sie bildentscheidend, was die Motivanmutung, die Bildwirkung angeht?

Kaufen Sie, was immer Ihnen gefällt: Weil es Spaß macht, mit wertvollen Geräten zu hantieren, weil Ihnen die Kamera gefällt, weil die Bedienung zusagt, weil die Form schön ist – was auch immer für Sie ein Argument ist. Das schwächste Argument dabei ist die Foto-Qualität.

Womit wir beim zweiten Aspekt wären: den Möglichkeiten der Bildgestaltung. Stichworte: Brennweiten (und damit auch die Größe oder Kleinheit von Objektiven, je nach Aufnahmeformat), Objektivangebot (finde ich das im System, was ich möchte?) und Schärfentiefe (Lichtstärke, Aufnahmeformat).

Mehr dazu finden Sie hier:

 
Klar und einfach

Womit letztlich alles recht klar und ganz einfach ist:

  • Ich entscheide mich für das Aufnahmeformat, das mir den besten Kompromiss aus Anschaffungskosten (inkl. der gewünschten Objektive), Handlichkeit und Bildgestaltungsmöglichkeiten bietet.
  • Ich wähle eine Kamera mit einer Auflösung, die es mir erlaubt, meine Fotos in der gewünschten Maximalgröße auszugeben. Bei noch höherer Auflösung erhöht sich auch der Spielraum, Ausschnitte zu machen.
  • Ich wähle ein Kameramodell, das Spaß an der Freude macht (sprich: neben allen technischen Aspekten soll die Kamera, das System, auch gefallen, besser noch: begeistern).

Sie sehen, Sensor- und sonstige Technik kommt gar nicht vor. Denn:

Gute Fotos machen sie alle.

Ihnen ein schönes Wochenende.

(thoMas)
 

Nachbemerkung: Hier in den Kommentaren, und auch andernorts, ist gerne mal von „Profi“-Kameras die Rede. Und dass nur mit diesem oder jenem Modell oder der oder jener Marke überhaupt Brauchbares zustande zu bringen sei. Das ist, wie Sie spätestens jetzt wissen, der reine Humbug.

Nachbemerkung #2: Dieser so gern zitierte „Profi“ macht seine kommerziellen Fotos allein zu dem Zweck, sie zu verkaufen. Gekauft aber werden sie von „den Medien“, sprich sie landen letztlich in Online- und Offline-Publikationen. Sie präsentieren sich also einerseits – heftig runterskaliert – im Netz oder andererseits – im besten Fall – im A3-Kunstkalender. Wie auch immer, die digitalen Daten wurden entwickelt, bearbeitet und entweder verkleinert und web-optimiert oder aber für den Druck skaliert und farb-gewandelt (in den kleineren CMYK-Farbraum) – und werden dann auf Monitor oder Papier präsentiert und betrachtet.

Jeder einigermaßen bewanderte Fine-Art-Fotograf, dem man eine Kamera der Kategorie „gut“ (siehe oben) in die Hand drückt, printet verlässlich und konstant deutlich bessere Fotos, wenn er nur den gesamten Workflow bis hin zum Ausdruck in der Hand hat. Da kommt kein Druckerzeugnis heran, auch nicht, wenn es mit der „hervorragenden“ Kamera gemacht ist.

Da kann der Profi nichts dafür, schließlich macht er die Fotos ja zum Verkaufen, und da ist es nun mal so, dass die Fotos für die Ausgabe – Monitor oder Druck – deutlich Federn lassen müssen, was die Qualität angeht.

Nachbemerkung #3: Wenn Sie dem oben Gesagten soweit folgen und zustimmen können, dann folgt daraus letztlich auch, dass Kamera- und Objektivtests zwar ganz interessant sein können, dass sie aber eher von akademischem denn von praktischem Interesse sind.