Grafik: Christian HerzenbergerEin Prismenwürfel, duale Bedienungslogik, drei Einstellräder, volle Farbinformation: Ein kompromissloses Kamerakonzept für die ambitionierte Fotografie. Dieser Beitrag will, dem Open-Source-Gedanken folgend, ein Kamerakonzept vorstellen, das hinsichtlich Praxisnutzen, Bedienung und Innovation überzeugt:

Natürlich sind die hier eingebrachten Ideen (welche sich aus den Sperrigkeiten des Fotografenalltags speisen) subjektiver Natur; im Gegensatz zum, vor einigen Wochen hier vorgestellten, Konzept der „Dynamischen Belichtungssteuerung“ (das hier natürlich inkludiert ist). Aber ich halte einiges davon für so interessant, dass ich es an dieser Stelle gerne zur Diskussion stellen möchte. Wenn hier auch all die Ideen in einem umfassenden Kamerakonzept vereint sind, spricht nichts dagegen, einzelne Vorschläge, losgelöst davon, in andere Kameraentwürfe zu übernehmen.
 

Grafik: Christian Herzenberger

 
Kamerawürfel

Bei der hier angedachten Kamera handelt es sich um einen Kamerawürfel, der die (nötige) Basis für alle weiteren Ideen bildet, und konsequenter Weise auf ein quadratisches Aufnahmeformat setzt. Grundsätzlich wäre die Größe dieses Würfels skalierbar, d. h. es könnten unterschiedliche Sensorgrößen Verwendung finden, um damit unterschiedliche Bedürfnisse und Einsatzzwecke abzudecken. In meinen Überlegungen gehe ich vorerst von einem Gehäuse mit einer Kantenlänge von 72 mm aus – groß genug, um einem 36×36-mm-Sensor Platz zu bieten; klein genug, um möglichst ergonomisch „in die Hand“ gebaut zu sein.

Grafik: Christian Herzenberger

Das eigentlich Besondere verbirgt sich im Inneren der Kamera: Ein würfelförmiges Prisma, das das in die Kamera einfallende Licht in drei senkrecht zueinander stehende Achsen splittet: Was einerseits einen optischen Sucher ermöglicht (dabei staubdicht ist, keinen Spiegelschlag und keine Geräuschentwicklung verursacht); andererseits einen zusätzlichen, geringer auflösenden Mess-Sensor, der vorrangig der Belichtungsmessung gleichwie der Fokussteuerung dient, aber auch einen Live-View bespielt. Damit ist es möglich, einen Aufnahmesensor zu verwenden, dem alleine die Aufgabe zufällt, Bildinformation bestmöglich (frei von anderen Einflüssen) zu verarbeiten – konsequenter Weise in Verbindung mit einem Global Shutter.

Grafik: Christian Herzenberger

Die Grundform des Würfels verlangt für den mobilen Einsatz nach einem Handgriff, der sich hier seitlich an der Kamera befindet, den Auslöser und eine Fokustaste beinhaltet, und für unterschiedliche Kamerapositionen drehbar ist. Mit dem Handgriff sitzt auch der optische Sucher seitlich an der Kamera, und erlaubt auf dieser drehbaren Basis einen variablen, horizontalen bis vertikalen Einblick. Ohne die optische Auslegung grundsätzlich in Frage zu stellen, sollte dieser Sucher (optional) auch die Funktion eines EVF erfüllen können, also als Hybridsucher ausgelegt sein.

Zur Steuerung aller Kamerafunktionen und -parameter dienen im Wesentlichen zwei Einstellräder mit Dreh- und Drückfunktion, die über ein drittes Einstellrad – ein Programm-Wählrad, über das die Kamera auch ein- und ausgeschaltet wird – die Vorgaben erhalten, welche Funktion sie aktuell auszuführen haben. Die Positionen der (hier recht großen) Einstellräder sind so angedacht, dass sich das Programm-Rad auf der gegenüberliegenden Seite der Handgriff-Sucher-Einheit befindet, die beiden eigentlichen Einstellräder ihre Position rund ums Objektiv-Bajonett, bzw. an der Basis der drehbaren Handgriff-Sucher-Kombi finden. Somit sind sie deutlich unterscheidbar, und während des Fotografierens, auch in unterschiedlichen Positionen, gut erreichbar.

Die Funktionen kurz skizziert: In der Grundposition des Programmwählers ist die Kamera ausgeschaltet. In der ersten Position werden Zeit und Blende eingestellt – mit einem Druck aufs jeweilige Rad die manuelle oder automatische Funktion gewählt. In der zweiten Position des Programm-Wählers erfolgt auf gleiche Weise die Einstellung von Empfindlichkeit und Kontrast. In der dritten Position die Wahl der Farbtemperatur bzw. die Umschaltung zwischen Farbe und Schwarzweiß. Weitere Positionen dienen den Grund(vor)einstellungen der verschiedenen Kamerafunktionen – bis hin zu Menüeinstellungen, der Bildbetrachtung oder kamerainternen Bearbeitungsoptionen. Der Funktionsumfang wird dabei allein von der Auslegung der Kamera bestimmt – kann spartanisch oder üppig angelegt, oder auch individuell programmierbar sein – tangiert aber keinesfalls die grundlegende Funktionalität.

Bildsensor

Für die Sensoren ist ein Design angedacht, das im Wesentlichen auf einer wabenförmigen Struktur aufbaut – wo aber jede Einzelwabe wiederum in drei Rauten unterteilt ist, die jeweils den drei Grundfarben zugeordnet sind. Auf dieser Basis kommt in diesem Konzept eine Auflösung von 36 echten MP zustande, die sich aus 108 MP an Information speisen (36 Mio. Waben zu je drei Farbanteilen): Pixelbinning – als die einfachste Methode, der Grundforderung nach voller Farbinformation platzsparend zu entsprechen, und den Informationsgehalt (damit die Bildqualität) spürbar zu steigern. Beim Mess-Sensor halte ich, bei gleichem Design, 4 MP für angemessen ausreichend (entsprechend einer nativen Monitorauflösung).
 

Grafik: Christian Herzenberger

 
Bedienlogik

Ein weiteres wesentliches Merkmal meines Kamerakonzeptes ist die Auslegung auf eine duale Bedienungslogik, wie auch die Konzentration sämtlicher Einstellungen auf allein drei Einstellräder. Ersteres bedeutet den Verzicht auf Automatikprogramme und Belichtungsmessarten herkömmlicher Art; letzteres reduziert die Bedienungselemente drastisch, gestaltet die Kamera intuitiv einfach – die Bedienung konsequent logisch und direkt.

Der Verzicht auf Automatikprogramme bedeutet keineswegs den Verzicht auf automatische Funktionen, sondern geht vorrangig von einer manuellen ODER automatischen Funktion der Kamera aus. Schon heute oft praktiziert wird die Verwendung des AF über eine eigene Aktivierung (grundsätzlich manueller Betrieb, AF bei Druck auf eine Taste – oder auch umgekehrt), losgelöst vom Auslöser. Das ist auch hier so angelegt. Dieses Konzept wird aber auch auf die Steuerung der Belichtungsparameter übertragen; wo die fünf wesentlichen Einstellungen – Zeit, Blende, Empfindlichkeit, Kontrast und Weißabgleich – grundsätzlich manuell oder automatisch gesteuert werden – und bei Druck auf die Steuerräder direkt umgeschaltet wird. Dies dient dazu, die jeweiligen Stärken manueller bzw. automatischer Steuerung wechselseitig zu nutzen (intuitiv zu wählen), wobei die manuelle Position die Werte der Automatik speichert und individuell anpassbar macht, die Automatik wiederum den manuellen Abgleich beschleunigend unterstützt.

Voraussetzung dafür ist ein ganzheitlicher Zugang zur Belichtungsmessung. Nicht unterschiedliche Messmethoden erfassen definierte Bildbereiche in unterschiedlicher Wertigkeit, sondern eine permanente Auswertung der Helligkeits-, Kontrast- und Farbwerte des Motivs liefert eine umfassende Information, die manuell bewertbar oder automatisch abrufbar ist. Zur Detailanalyse sollte ein weitflächig variables und sensorbasiertes AF-Messsystem auch dazu genutzt werden, eine selektive Belichtungsinformation zu erschließen. Die Belichtungsinformation erfolgt über eine zweigeteilte Zonenanzeige (von 0 bis 100 %), wo der Kontrastumfang des Motivs über den Minimal- und Maximalwert vermittelt wird. Ein dritter Anzeigenwert (dazwischen) ist einem, vom AF-Messfeld konkret erfassten Zonenwert zugeordnet. Aufgesplittet in RGB-Farbwerte wird dieser Wert zur Farbton-Kontrolle und (damit) einem schnellen Weißabgleich genutzt.
 

Grafik: Christian Herzenberger

 
Bildkontrolle

Die Kontrolle sämtlicher Einstellungen erfolgt über einen 4"-OLED-Monitor, der hier die gesamte Oberseite des Kamerawürfels einnimmt. Im Live-View-Modus ermöglicht diese Positionierung auch eine sehr bequeme Kamerahaltung, sowie einen optimalen Überblick über das dann elektronische Sucherbild. Ansonsten dient er als Status-Display. Eine (zusätzliche) Auslegung des Monitors als Touchscreen erscheint sinnvoll und wünschenswert.

Im optischen 100%-Sucher hingegen werden vorrangig die Belichtungsparameter angezeigt, um ein kontrolliertes Verstellen während des Fotografierens zu ermöglichen. Die Sucheranzeigen sind (komplementär) zweifarbig ausgeführt, um eindeutig über eine manuelle oder automatische Steuerung zu informieren. Die jeweils aktiven Parameter werden auch optisch hervorgehoben. Dazu kommt die schon vorgestellte Zonenanzeige für Helligkeit, Kontrast und Farbe. Ergänzend sieht das Konzept auch eine Fokus- und Schärfentiefen-Information am oberen Sucherrand vor.
 

(Christian Herzenberger)