Im März hat Sony mit der RX10 III die Klasse der Superzoomer kräftig aufgemischt. Bis zu 600 Millimeter Brennweite (bezogen auf Kleinbild) bietet die Bridgekamera und das bei einer Lichtstärke von F4 und einem nicht so kleinen 1-Zoll-Sensor. Los geht’s mit dem Zoom übrigens bei 24 Millimeter und Anfangsblende F2.4. Mit diesen Daten dürfte die RX10 III an jedem Stammtisch beeindrucken. Doch gilt das auch für den fotografischen Alltag?

 

Sony RX10 III

Die RX10 III von Sony ist etwa so groß und schwer wie eine kleine DSLR mit Standardzoom.
 

Die Sony Cybershot RX 10 III will durchaus so etwas wie die eierlegende Wollmilchsau für Fotografen sein. Mit einem immensen 25fach-Zoom, das erfreulich lichtstark ist. Mit einem Gewicht von etwas über einem Kilo, das durchaus noch tragbar ist. Mit einem Funktionsumfang, der einer ausgewachsenen DSLR in nichts nachtsteht. Und das alles bei einem Preis von rund 1600 Euro, der zwar nicht gerade ein Schnäppchen ist, aber nur ein Bruchteil einer entsprechenden DSLR-/Objektiv-Kombination beträgt. Wie es sich mit der superzoomenden Bridgekamera fotografiert, habe ich in den letzten Tagen ausprobiert. Dabei kam es mir vor allem auf die Tauglichkeit des Objektivs an.

Der Ausstattungsumfang der RX10 III entspricht weitgehend dem der RX10 II, die ich bereits vor knapp einem Jahr im Praxis-Check hatte. Das gilt auch für den Bildsensor, sodass meine Gedanken zur Bildqualität der RX10 II im Großen und Ganzen auch für die RX10 III gelten.

Sony RX10 III

Ausgezoomt auf die Maximalbrennweite fährt das Objektiv auf rund 15 Zentimeter länger heraus.
 

Handling

Im Vergleich zur Ur-RX10 mit ihrem Zoom 24-200/F2.8 und der verbesserten Version RX10 II hat die RX10 III spürbar an Größe und Gewicht zugelegt. Rund 200 Gramm schwerer als ihre kleineren Schwestern ist sie, lässt sich mit gut einem Kilo Masse aber durchaus noch unbeschwert über der Schulter tragen – auch wenn es den Berg hinauf geht. Nur einmal zum (nicht ganz fairen) Vergleich: Ein Canon EF 600mm f/4L IS II USM wiegt alleine fast vier Kilo! 

Dank des sehr gut ausgeformten Griffs ist das recht ordentliche Gewicht der RX10 III selbst dann kein Problem, wenn die Kamera vors Auge gehoben wird. Da hat mich eher gestört, dass ich schon in bessere elektronische Sucher geblickt habe, als in den der RX10 III. Zwar löst ihr EVF mit 2,35 Millionen Dots standesgemäß hoch auf. Und die Sucherbildvergrößerung geht mit 0,7 (bezogen auf Kleinbild) ebenfalls durchaus in Ordnung – viele APS-C-Kameras bieten auch keinen spürbar größeren Sucher. Aber Helligkeitsunterschiede vermag die RX10 III längst nicht so souverän im EFV abzubilden, wie etwa die Alpha 6300. Vor allem den Tiefen fehlt es an Zeichnung, was mich anfangs dazu verleitet hat, die Belichtung unnötigerweise nach oben zu korrigieren.

Die Bedienung der RX10 III gibt wenig Rätsel auf – solange man nicht gezwungen ist, ins Hauptmenü hinab zu tauchen. Das nämlich ist Sony-typisch unübersichtlich. Die wichtigsten Bedienelemente liegen griffgünstig so, dass sie mit dem Daumen und dem Zeigefinger der rechten Hand gut zu erreichen sind. Schön auch, dass sich einer Reihe von Knöpfchen individuelle Funktionen zuordnen lassen, so kann man seine RX10 III ganz nach Gusto einstellen. Überlegen sollte Sony nur, ob sich die Bedienung mit einem Touch-Display nicht noch vereinfachen ließe.

Sony hat das Objektiv der RX10 III mit gleich drei Einstellringen ausgestattet (bei den kleineren Schwestern sind es nur zwei): Einem klassischen Blendenring, sowie je einem Ring für Fokus und Zoom. Sie beide übertragen allerdings nur Steuerbefehle an entsprechende Stellmotoren, was mir insbesondere beim manuellen Fokussieren nicht so gut gefällt. Die Kamera reagiert ein wenig zäh auf einen Dreh am Fokusring, daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Videofilmer wird dagegen freuen, dass sich die Blendensteuerung auf stufenlos umschalten lässt, was weiches Ein- und Ausblenden ermöglicht.

Sony RX10 III: Beispielaufnahme

Vom Weitwinkel (oben) zum Supertele (unten). Die beiden Beispielbilder
stehen für den gigantischen Brennweitenbereich des 25fach-Zooms der RX10 III.
Der Pfeil im Bild oben kennzeichnet das Dorf, das unten groß zu sehen ist.

 

Zoomen lässt sich jedoch nicht nur mit dem Ring am Objektiv, sondern auch mit einer klassischen Zoomwippe, die den Auslöser umschließt. Ihn habe ich deutlich lieber verwendet als den etwas schwammig agierenden Zoomring. Standardmäßig dauert es rund drei Sekunden, bis man mit der Wippe den vollen Brennweitenbereich der RX10 III von 24 bis 600 Millimeter durchfahren hat. Ändert man die Zoomgeschwindigkeit von „Normal“ auf „Schnell“, eilt die RX10 III rund 30 Prozent schneller vom kurzen zum langen Ende des Zooms.

Ganz unnütz fand ich den Zoomring nicht. Die RX10 III bietet nämlich die Möglichkeit, ihn auf „Zoomstufen“ umzustellen. Dann fährt sie nach einem leichten Dreh am Ring klassische Brennweiten wie 28, 35, 50, 70, 85 Millimeter etc. an. So kann man – was ich wirklich praktisch finde – die Zoomstufe bereits vor der Aufnahme grob festlegen, dabei helfen die Brennweitenangaben auf dem Tubus des weit herausfahrenden Objektivs.

Wer schon einmal mit überlangen Telebrennweiten fotografiert hat, kennt das: Ohne Stativ lässt sich das Motiv schwerlich in den Bildausschnitt gekommen, Aufnahmen aus der Hand sind so kaum möglich, auch wegen der hohen Verwacklungsgefahr. Bei der RX10 III begegnet Sony diesen Schwierigkeiten gleich mit mehreren sinnvollen Funktionen. Zunächst einmal ist die Kamera mit einem sehr wirkungsvollen optischen Bildstabilisator ausgestattet. Er tritt in Aktion, sobald der Auslöser halb gedrückt wird und nagelt das Sucherbild selbst bei Maximalbrennweite geradezu fest. Bei Videoaufnahmen lässt sich dann noch ein elektronischer Bildstabilisator zuschalten, der nochmals wirkungsvoller ist. Bei Maximalbrennweite gelingen damit zwar keine völlig ruhigen Aufnahmen aus der Hand, aber bis etwa 200 Millimeter (entsprechend Kleinbild) bleiben Videoaufnahmen ohne Stativ erfreulich ruhig.

Die Wahl des Bildausschnitts erleichtert ein Zoom-Assistenten. Er funktioniert folgendermaßen: Sobald Sie Funktionstasten „Zoom-Unterstützung“ gedrückt halten, geht die RX10 III auf die Minimalbrennweite entsprechend 24 Millimeter. Im Sucher erscheint jedoch nur der zuvor gewählte Bildausschnitt wie gehabt, der Rest wird abgedunkelt. Geben Sie die Zoom-Assistent-Taste wieder frei, fährt die RX10 III die ursprüngliche Brennweite erneut an. Doch das ist noch nicht alles: Bei aktivem Zoom-Assistent lässt sich die Brennweite auch neu vorwählen, der hervorgehobene Bildausschnitt wird dabei entsprechend verkleinert oder vergrößert, sobald Sie die Taste „Zoom-Unterstützung“ frei geben.

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Das kurze Video vermittelt einen Eindruck von der Funktionsweise
des Zoom-Assistenten der RX10 III.

 

Standardmäßig fährt die RX10 III beim Einschalten das Objektiv aus seiner Parkposition auf 24 Millimeter Brennweite aus. Wer eher ein Telefan ist, kann aber auch einen anderen Zoomfaktor vorgegeben – eine pfiffige Idee, finde ich. Wird die Kamera aus dem Standby-Modus geweckt, geht das Objektiv aus der Parkposition auf die zuletzt gewählte Brennweite.

Autofokus und mehr

Sony verspricht für die RX10 III einen reaktionsschnellen Autofokus. Im Prinzip ist das richtig – aber nur bei kurzen und mittleren Brennweiten. Hatte ich den Autofokus der RX10 II noch sehr gelobt, so hat mich das automatische Schaftstellen bei der RX10 III nicht immer begeistert.

Unverkennbar arbeitet der AF der RX10 III nach dem Kontrastprinzip, unterstützende Phasenvergleichssensoren fehlen ihr. Das merkt man vor allem bei langen Brennweiten jenseits der 200 Millimeter: jetzt pumpt der AF deutlich und braucht oftmals mehrere Anläufe, bis er sein Ziel gefunden hat. Sitzt der Fokus einmal, führt ihn die RX10 III dann aber auch bei schnellen Bildserien verblüffend sicher nach. Das Problem ist eher, ein Actionmotiv überhaupt in den Fokus zu bekommen. Meine Versuche, um eine Berghütte kreisende Alpendohlen „einzufangen“, sind jedenfalls kläglich gescheitert.

Beschleunigen will die RX10 III das Scharfstellen mit der Funktion „Vor-AF“. Ist er aktiv, fokussiert die Kamera permanent, ohne dass Sie den Auslöser antippen. In der Praxis bringt leider auch das nicht viel: Mir ist es immer wieder passiert, dass die Kamera beim Anvisieren des Motivs erratisch hin und her fokussiert hat – bis ich „Vor-AF“ abgeschaltet habe.

Falls der Autofokus nicht oder zu träge scharf stellt, lässt sich die RX10 III manuell fokussieren. Aufgrund des schwammigen Fokusrings hat mir das aber nicht immer Spaß bereitet. Sieht man davon ab oder hat sich an die Eigenheiten der „focus-by-wire“-Steuerung gewöhnt, erleichtert einem die RX10 III das manuelle Scharfstellen mit einer Fokuslupe sowie mit dem sehr nützlichen Fokus-Peaking, das Kontrastkanten in der Schärfeebene farbig markiert.

Sony RX10 III: Beispielaufnahme

Dank der erfreulich geringen Naheinstellgrenze kann man mit der RX10 III seinem Motiv
gehörig auf die Pelle rücken. (Klick ins Bild öffnet Foto in Originalauflösung.)

 

Gut gefallen hat mir, dass die RX10 III bei 600 Millimeter Maximalbrennweite einen (bezogen auf den kleinen Sensor) recht kurzen Arbeitsabstand von nur 72 Zentimeter aufweist. Damit sind gerade so Makroaufnahmen mit einem Abbildungsmaßstab von etwa 1:5 möglich. Bei kürzeren Brennweiten verlängert sich allerdings die Naheinstellgrenze zunächst, erst in Weitwinkelstellung des Zooms wird sie wieder kürzer.

Bildqualität und Bildgestaltung

Eines vorweg: ISO-Reihen und Testcharts fotografiere ich bei einem Praxis-Check nicht – so auch nicht mit der RX10 III. Da müssen einfach die Aufnahmen aus der Praxis für sich sprechen, und das machen die der RX10 III meines Erachtens angesichts ihres recht kleinen 1-Zoll-Sensors sehr gut. Vor allem Fotos mit kurzer Brennweite wirken sehr scharf und detailreich, mit zunehmender Telestellung des Zoomobjektivs macht sich dann jedoch ein etwas weicherer Bildeindruck breit. Gemessen am Preis bietet das Objektiv der RX10 III trotz dieser kleinen Schwäche augenscheinlich eine sehr gute Leistung. Auch in Sachen Bildrauschen macht die RX10 III für mein Dafürhalten eine gute Figur. Bis etwa ISO 800 ist ihr 1-Zoll-Sensor kaum schlechter als ein APS-C-Sensor, selbst bei ISO 1600 haben mich Bildrauschen respektive die Eingriffe der Rauschunterdrückung nicht weiter gestört.

Sony RX10 III: Beispielaufnahme

Selbst bei ISO 6400 wie hier liefert die RX10 III noch eine ansehnliche Bildqualität.
(Klick ins Bild öffnet Foto in Originalauflösung.)

 

Hohe ISO-Zahlen wird man aufgrund der recht großen Lichtstärke ihres Objektivs bei der RX10 III sowieso nicht so häufig benötigen – zumindest nicht bei moderater Telebrennweite. Die Lichtstärke beginnt mit F/2.4 bei 24 Millimeter, sinkt dann aber beginnend bei 100 Millimeter Brennweite (bezogen auf Kleinbild) auf immer noch respektable F/4. Allerdings erfordern sehr lange Brennweite trotz Bildstabilisator entsprechend kurze Verschlusszeiten – die Automatik der RX10 III regelt bei 600 Millimeter die ISO-Zahl hoch, falls 1/250 Sekunde unterschritten würde. Da können selbst an einem sonnigen Tag im Schatten durchaus ISO 1600 oder mehr nötig werden.

Wer mit 200 Millimeter Maximalbrennweite auskommt, ist mit der RX10 II (die weiterhin im Programm von Sony bleibt) klar im Vorteil: Die kleinere Schwester der RX10 III bietet eine durchgehende Lichtstärke von F/2.8 und kommt daher bereits ab 35 Millimeter Brennweite mit geringeren ISO-Werten aus als die RX10 III mit ihrem Super-Tele.

Anders als an einer Kleinbildkamera, lassen sich die großen Blendenöffnungen an der RX10 III in der Praxis fast immer verwenden, ohne dass man zu große Einbußen bei der Tiefenschärfe erhält. Denn bedingt durch ihren kleinen Sensor entspricht F/2.8 einer kleinbildäquivalenten Blende von ca. F/7.6. Bei F/4 ist dann schon mit einer KB-Blende von rund F11 die Grenze erreicht, die man nicht überschreiten sollte, will man negativen Beugungseffekten aus dem Weg gehen.

Tiefenschärfe bietet die RX10 III also in Hülle und Fülle. Was aber, wenn Sie eine geringe Schärfezone wünsche, etwa um das Motiv vor einem unscharfen Hintergrund freizustellen? Auch das ist kein Problem, solange Aufnahmen mit langer Brennweite möglich sind. Dabei zeichnet das Objektiv der RX10 III für meinen Geschmack sogar ein recht ansehnliches Bokeh. In Kauf nehmen müssen Sie allerdings, dass lange Brennweiten das Motiv flach und verdichtet wiedergeben, ein echtes Porträtobjektiv gibt es mit der RX10 III nicht.

Mein Fazit

Die RX10 III kann nicht nur Stammtischbrüder beeindrucken, sondern überzeugt weitgehend auch im praktischen Einsatz. Das gilt insbesondere dann, wenn man keine kiloschwere Ausrüstung mit sich herumschleppen möchte. Wer sich die RX10 III über die Schulter hängt, ist für verblüffend viele fotografische Aufgaben bestens gerüstet. Gerade auch, wenn lange Brennweiten gefordert sind oder für Nahaufnahmen. Das gilt nicht nur für Foto-, sondern auch für Videoaufnahmen, beim Videodreh hat mir die RX10 III ebenfalls gut gefallen.

Sony RX10 III: Beispielaufnahme

Eine der Domänen der RX10 III ist sicherlich die Reportagefotografie.
 

Schwächen zeigt die Kamera mit dem immensen Zoombereich allerdings, wenn es um Action-Motive geht – dafür ist ihr Autofokus einfach nicht schnell genug. Ich habe mich zudem unterwegs mit der RX10 III immer wieder gefragt, ob ich 600 Millimeter kleinbildäquivalente Brennweite tatsächlich brauche. Eigentlich nicht. Sicher – es ist schon beeindruckend, auf einem Berggipfel zu stehen, und dann in die Welt drunten im Tal immer weiter hinzuzoomen. Aber der Effekt verliert doch schnell seinen Reiz. Andererseits: Paparazzi werden die RX10 III gerade wegen ihres Super-Teles lieben.

Für meinen Geschmack ist die RX10 II die interessantere Bridge-Kamera von Sony. Sie zoomt zwar nur bis 200 Millimeter Brennweite (bezogen auf Kleinbild), hat dafür der RX10 III aber in anderen Punkten einiges voraus: Durchgehende Lichtstärke F/2.8, einen integrierten ND-Filter sowie ein kompakteres Gehäuse und rund 200 Gramm weniger Gewicht. Nicht zu vergessen ihr Preis, der inzwischen etwa 300 Euro unter dem der RX10 III liegt.

Positiv Negativ
bis ISO 1600 ordentliche Bildqualität, brauchbar bis ISO 6400 bisweilen langsamer AF
lichtstarkes Super-Tele EVF mit geringem Dynamikumfang
großer Funktionsumfang unübersichtliche Menüstruktur
wirkungsvoller Bildstabilisator schwammig drehender Zoom-/Fokusring

 

(Martin Vieten)