Logo PhotoshopDass der Nachfolger von Photoshop CS6 nur noch gemietet werden kann, hat heftige Diskussionen ausgelöst. Welche neuen und verbesserten Funktionen Photoshop CC für Fotografen bietet, ist dabei etwas untergegangen. Anhand eines „Golden Masters“ wollen wir diese Frage klären – und von einem kleinen Hoffnungsschimmer für alle Nicht-Mieter berichten:

Wie üblich, hat Adobe den Funktionsumfang von Lightroom und Photoshop auch diesmal synchronisiert. Adobe Camera Raw (ACR) 8, der RAW-Konverter von Photoshop CC, übernimmt also die Neuerungen aus dem Entwickeln-Modul von Lightroom 5. Dazu zählen die erweiterte Bereichsreparatur, der Radial-Filter sowie die automatische Verzerrungskorrektur (ausführlich vorgestellt in: Angetestet: Lightroom 5 von Adobe). Das ist wichtig, damit in Lightroom 5 entwickelte Fotos ohne Einschränkungen als Smartobjekt in Photoshop geöffnet und bearbeitet werden können. In Photoshop CC lässt sich zudem erstmals praktisch der komplette Funktionsumfang von Camera Raw als Filter anwenden – das erspart es, Photoshop zu verlassen, um ein Bild in Camera Raw weiter zu bearbeiten. Und da Camera Raw als Smartfilter funktioniert, bleiben alle Einstellungen editierbar.
 

Screenshot Martin Vieten

Eine der wohl wichtigsten Neuerungen in Photoshop CC: Camera Raw lässt sich nun als Smartfilter verwenden

 
Bereits ACR 7.1 in Photoshop CS6 konnte TIFF-Dateien mit einer Farbtiefe von 32 Bit lesen und eignet sich damit hervorragend für das Tonemapping von 32-Bit-HDR-Daten. Bislang mussten dazu jedoch die linearen 32er-Dateien zunächst umständlich gespeichert werden, um sie dann wieder im RAW-Dialog zu öffnen. Jetzt geht das direkt aus dem Dialog „HDR Pro“ in Photoshop CC. Das stellt nicht nur eine enorme Arbeitserleichterung dar, auch können die Ergebnisse des Tonemappings in Camera Raw auf durchweg überzeugen – insbesondere wenn fotorealistische Ausarbeitungen gewünscht sind (und nicht etwa ein typischer Tonemapping-Look). Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens: Da Camera Raw als Smartfilter auf die 32-Bit-Datei angewendet wird, lässt sich die Dynamikkompression jederzeit steuern. Damit wird nun endlich auch die nicht-destruktive Bearbeitung von HDR-Bildern in Photoshop möglich.
 

Screenshot Martin Vieten
 
 
Screenshot Martin Vieten

Eine 32-Bit-Datei lässt sich nun direkt aus dem Dialog „HDR Pro“ zum Tonemapping an Camera Raw übergeben

 
Deutlich verbessert hat Adobe in Photoshop CC den Filter „Selektiver Scharfzeichner“. Im Gegensatz zum Klassiker „Unscharf maskieren“ führen hier selbst hohe Werte kaum zu Halos an Kontrastkanten. Zudem hat der „Selektive Scharfzeichner“ nun eine Rauschunterdrückung an Bord, die Artefakte in flächigen Bildbereichen wirksam unterdrückt. Wie schon in der bisherigen Version des Filters kann das Schärfen für Tiefen und Lichter gezielt abgeschwächt werden, um möglicher Artefaktbildung noch weiter vorzubeugen. Nötig ist dies indes kaum noch, die Ergebnisse des runderneuerten Scharfzeichnungsfilters können sich auch so sehen lassen – allerdings um einen hohen Preis: Der „Selektive Scharfzeichner“ verlangt nach einem potenten Prozessor und nimmt sich dennoch gehörig Zeit.
 

Screenshot Martin Vieten

Selbst bei hohen Werten schärft der „Selektive Scharfzeichner“ frei von Artefakten

 
Neu hinzugekommen ist in Photoshop CC der Filter „Verwacklung reduzieren“. Er ist dazu vorgesehen, Unschärfe zu beseitigen, die durch eine nicht ruhig gestellte Kamera entsteht. Diese Aufgabe erfüllt der Filter durchaus ansehnlich, solange sich die Verwacklung in gewissen Grenzen hält. „Verwacklung reduzieren“ arbeitet standardmäßig vollautomatisch, lässt sich jedoch bei Bedarf auch manuell konfigurieren. Adobe hat „Verwacklung reduzieren“ zwar nicht dazu gedacht, Bewegungsunschärfe im Motiv zu eliminieren – doch auch das ist durchaus möglich. Auch dieser neue Filter verlangt nach potenter Hardware. „Shake Reduction“ funktioniert ebenfalls als Smartfilter, die Filterwirkung lässt sich also per Smartfiltermaske auf ausgewählte Bildpartien beschränken.
 

Screenshot Martin Vieten

Der Filter „Verwacklung reduzieren“ eliminiert Bewegungsunschärfe – auch bei Action-Motiven

 
Komplett überarbeitet hat Adobe in Photoshop CC den Dialog „Bildgröße“. Er weist nun mit „Details erhalten“ einen neuen Algorithmus auf, der bei Vergrößerungen sichtbar bessere Ergebnisse erzielt. Ferner ist ein Vorschaufenster hinzugekommen, das einen Ausblick auf das Ergebnis der Skalierung liefert. Altgediente Photoshopper werden etwas umlernen müssen, weil Adobe den Dialog insgesamt vereinfacht hat – Novizen werden dies indes sicherlich begrüßen.

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Der verbesserte Bildgröße-Dialog wartet nicht nur mit einem neuen Algorithmus zur Vergrößerung auf, sondern auch mit einer Vorschau

 
Mit Photoshop CC geht der Bildbearbeiter jetzt in die Cloud.

Das Programm und die Bilddateien verbleiben zwar auf dem eigenen Rechner, Photoshop CC hält aber beständig Kontakt zum Hersteller Adobe. Dort gibt es 20 Gigabyte Cloud-Speicher, etwa, um aktuelle Arbeiten mit anderen Photoshoppern auszutauschen. Photoshop CC kann zudem die eigenen Voreinstellungen, etwa das Layout der Arbeitsoberfläche, via Creative Cloud mit Photoshop-Installationen auf anderen Rechnern synchronisieren. Das ist zum Beispiel praktisch, um Photoshop CC auf dem Desktop sowie Laptop stets auf demselben Stand zu halten. Mit Photoshop CC endet übrigens die Unterscheidung zwischen einer normalen und der Extended-Version – Photoshop CC wird nur noch mit kompletten Funktionsumfang angeboten, wie er vormals den Extended-Versionen vorbehalten war.

Nicht nur angesichts des neuen Lizenzmodells stellt sich die Frage: Lohnt sich Photoshop CC für Fotografen?

Die Neuerungen und Verbesserungen fallen diesmal nicht derart üppig aus wie vormals bei einem Versionssprung üblich. Ein Aufstieg vom Vorgänger CS6 lohnt sich eigentlich nur für Fotografen, die Innovationen wie „Verwacklung reduzieren“ und die verbesserte HDR-Automatik sowie Camera Raw als Smartfilter für unverzichtbar halten.

Einen guten Teil der Neuerungen in Photoshop CC erhält man auch mit Lightroom 5, das in den kommenden Tagen erscheinen soll. Die Fortschritte von Photoshop CC gegenüber Photoshop CS5 oder noch älteren Versionen sind indes groß, hier lohnt sich ein Update klar – insbesondere, weil es dazu derzeit noch Sonderkonditionen gibt.

Hoffentlich gute Nachrichten künden sich übrigens für alle Photoshopper an, die dem neuen Mietmodell skeptisch gegenüberstehen: Das „Creative Cloud Team“ hat in einem Blogeintrag bekanntgegeben, möglicherweise eigens für Photoshop Angebote zu entwickeln, die speziell auf die Bedürfnisse von Fotografen zugeschnitten sind.

(Martin Vieten)
 
 
Siehe auch:
Angetestet: Lightroom 5 von Adobe
Adobe stellt Creative Suite ein und auf Creative Cloud um
Vorteile, Nachteile, Alternativen: Adobe CS und CC