Im Leica-Forschungslabor ist es jetzt erstmals experimentell geglückt, die Autofokus-Steuerung eines Objektivs so umzuprogrammieren, dass sich neben der Scharfstellung auch die Brennweite variieren lässt. Schon bald könnte so aus jeder autofokussierenden Festbrennweite ein (moderates) Zoomobjektiv werden:

photoscala konnte dieser Tage einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der Optik-Entwicklung bei Leica in Solms werfen – und was wir da gesehen haben, könnte die Objektiventwicklung in näherer Zukunft nachgerade revolutionieren.

Grafik: 1. April

Das Ganze ist – wie so oft, wenn man‘s denn erstmal weiß – dem Prinzip nach eigentlich recht einfach. Dass sich bei einer Innenfokussierung mit der Entfernungseinstellung auch die Brennweite leicht ändert, ist bekannt. Der Optik-Abteilung bei Leica ist es nun gelungen, diesen Effekt mit der Autofokussteuerung zu kombinieren und so die Wirkung zu verstärken.

Mit Hilfe eines neu entwickelten Algorithmus konnten im Experiment die für die Autofokus-Einstellung ja notwendigen und somit sowieso vorhandenen beweglichen Linsen und Linsengruppen frei und unabhängig voneinander programmiert und bewegt werden. In Kombination der beiden Parameter Autofokus- und Innnenfokussierung-Steuerung gelang es den Softwareexperten dann tatsächlich, die Brennweite des Objektivs merklich zu ändern.

Noch befindet sich das Ganze im experimentellen Vor-Prototypen-Status. In einem nächsten Schritt will Leica die Steuerung verfeinern. Man müsse vor allem noch an Geschwindigkeit und Bildqualität feilen, so ein Entwickler gegenüber photoscala.
 

Grafik: 1. April

Da geht noch was: Aktuell feilen die Entwickler an den Algorithmen zur Verbesserung der Bildqualität. Es gelang überraschend schnell, bei der Objektiv-Variation ziemlich gute Bildqualität zu erzielen (siehe Probelauf 7), doch um die noch zu steigern, sind sichtlich immer mehr Experimente notwendig.

 
Leica geht aber davon aus, dass sich auf diese Weise und in absehbarer Zeit – man rechnet in Solms mit Anfang nächsten Jahres – beispielsweise das Elmarit 2,8/24 mm Asph. (35 mm entspr. Kleinbild) in der X1 mit einem (dann allerdings kostenpflichtigen) Firmware-Update zu einem 2,8/22-50 mm (32-73 mm entspr. Kleinbild) wird variieren lassen: Ein Varioobjektiv par excellence, sozusagen.

Die Neuentwicklung dürfte für Leica auch wirtschaftlich hochinteressant werden, ist doch beabsichtigt, die in Solms entwickelte Update-Lösung, für die bereits Patente in Europa, USA, China, Indien und Japan angemeldet sind, auch in Lizenz an andere Hersteller zu vergeben.

Auf besonderes Interesse soll diese Lösung schon bei Apple in Cupertino gestoßen sein. Spricht doch wenig dagegen, in Zukunft neben digitalen Kompaktkameras auch die Kameramodule in Smartphones und Tablets entsprechend nachzurüsten. Einzige Voraussetzung: Autofokus und Innenfokussierung.

(CJ / thoMas)