Foto Liselotte Grschebina; Sport in IsraelEs gibt immer wieder etwas Neues zu entdecken in der Geschichte der Fotografie. Zum Beispiel die 1908 geborene Fotografin Liselotte Grschebina. Jetzt ist in Berlin die erste Retrospektive zu sehen:

100 Fotografien, entstanden in Deutschland und Palästina zwischen 1929 und den sechziger Jahren. 100 Fotografien einer Bildautorin, die in Deutschland noch ganz unbekannt ist. Eine Neuentdeckung, die jetzt im Berliner Martin-Gropius-Bau – erstmals in einer Einzelausstellung – gewürdigt wird.
 

Foto Liselotte Grschebina; Sport in Israel

Liselotte Grschebina: Sport in Israel, ca. 1937, Silbergelatineabzug. © The Israel Museum, Jerusalem
 
 
Foto Liselotte Grschebina; Mrs. Dugdale

Liselotte Grschebina: Mrs. Dugdale, Nichte von Balfour, ca. 1944, Silbergelatineabzug. © The Israel Museum, Jerusalem

 
Grschebina, 1908 in Karlsruhe als Liselotte Billigheimer geboren – später studierte sie an der Badischen Landeskunstschule – ist eine Fotografin, deren Werk lange Jahre kaum bekannt war. Eine Schenkung ihres Sohnes – etwa 1800 Fotografien – wurde in den vergangenen Jahren vom Israel Museum in Jerusalem wissenschaftlich aufgearbeitet.

Was wir nun in der Berliner Ausstellung sehen, sind Arbeiten eines ganzen Fotografinnen-Lebens: Frühe Werke erinnern an Grschebinas Zeit als Werbefotografin, die nur kurz währte: 1933 musste sie als Jüdin im nationalsozialistischen Unrechtsstaat ihr Atelier schließen – und emigrierte mit ihrem Mann nach Tel Aviv, wo sie gemeinsam mit Ellen Rosenberg, der späteren Ellen Auerbach (bekannt durch das „Fotostudio ringl + pit“) ein zweites Atelier eröffnete, das sich auf die Anfertigung von Kinderporträts spezialisierte.
 

Foto Liselotte Grschebina; Hebräische Wassermelone Foto Liselotte Grschebina; Eier

Liselotte Grschebina: Hebräische Wassermelone, ca. 1935, Silbergelatineabzug. Eier, ca. 1930, Silbergelatineabzug. © The Israel Museum, Jerusalem

 
Doch immer entstanden auch freie Arbeiten: deutlich unter dem Einfluss der neusachlichen Fotografie entwickelte Werke, die in ihrer schlichten, klaren Formensprache an die Vorgänger der zwanziger Jahre anknüpfen. Grschebina kann aus den einfachsten Dingen (zum Beispiel aus einer „Hebräischen Wassermelone“) Bilder gießen, die in ihrer Zeit von großer Modernität waren. Stillleben, Sportszenen, Architektur, das alles zeigt sie auf unprätentiöse, sachliche Weise.

Eine Frau mit Kamera.

(Marc Peschke)
 
 
Ausstellung:
5. April bis 28. Juni 2009
Eine Frau mit Kamera: Liselotte Grschebina. Deutschland 1908 – Israel 1994
Martin-Gropius-Bau
Niederkirchnerstraße 7, Ecke Stresemannstr. 110
10963 Berlin
Telefon 030-25 48 60
Täglich 10 bis 20 Uhr

Katalog:
Yudit Caplan (Hrsg.)
Eine Frau mit Kamera: Liselotte Grschebina. Deutschland 1908 – Israel 1994
Beiträge von Yudit Caplan, James S. Snyder und Christoph Stölzl
Englisch, Deutsch, Hebräisch
155 Seiten mit 100 Foto-Reproduktionen
The Israel Museum. Jerusalem 2008
ISBN 978-965-278-365
12 Euro