In unserer neuen Ausgabe von Foto-Frisch ist für jeden etwas dabei. Spröde, rohe Schwarzweißfotografie, Traummänner, alte Flugzeuge, mexikanische Aktfotografie, hochdekorierte Fotobücher, spannende Ausstellung. Also bitte: Lesen Sie!

 

Foto Øyvind Hjelmen

Foto: Øyvind Hjelmen

 
In der Fotokunst regiert heute zumeist die Farbe. Selten erscheinen Bücher, die in Schwarzweiß fotografiert sind, wie etwa jenes von Øyvind Hjelmen. „Elsewhere“ heißt der Band des norwegischen Fotografen. Er zeigt Diffuses: Menschen im Nebel, Lastwagen, Straßen, die ins Nichts führen. Es ist eine Art Reisetagebuch, das der Fotograf uns hier präsentiert. Bilder aus Licht und Schatten. Ein schönes, wundersames Buch.
 

Foto Werner Bartsch: Tail #1

Werner Bartsch: Tail #1

 
Ebenfalls im Kehrer Verlag erschienen ist das neue Werk von Werner Bartsch. In dem Band „Desert Birds“ zeigt er Flugzeugfriedhöfe im Südwesten der USA. Hier, unter stets stahlblauem Himmel, verrotten hunderte alter, ausrangierter Maschinen in der Wüste – Flugzeuge, die einst durch die Lüfte zogen. Bartschs Foto-Ästhetik ist gelungen: Das Bizarre und Karge betont er in reduzierter Farbigkeit. Wer die Arbeiten im Original sehen möchte, kann sich etwa an die Flo Peters Galerie in Hamburg wenden. Sie vertritt den 1965 geborenen studierten Hamburger Kommunikationsdesigner.
 

Foto Flor Garduño
 
 
Foto Flor Garduño

Fotos: Flor Garduño

 
Sinnlich und entschieden weiblich ist die Welt der Schwarzweißfotografin Flor Garduño. Seit vielen Jahren schon fotografiert die Mexikanerin Akte, Stillleben und Porträts, deren Ruhe überwältigt. Das Buch „Trilogie 1980 – 2010“ stellt das Werk der 1957 geborenen ehemaligen Assistentin von Manuel Alvarez Bravo umfassend vor. Eine beinahe meditative Fotografie, die viel über das Vergehen der Zeit erzählt – und die in ihrer exotischen Schönheit zur Weltflucht einlädt. Ein sehr intimer Blick in die Kultur ihrer Heimat Mexiko.
 

Foto Werner Amanns
 
 
Foto Werner Amanns
 
 
Foto Werner Amanns

Fotos: Werner Amanns

 
Auch Werner Amanns Buch „American. 1996 – 2009“ ermöglicht tiefe Einblicke. Erschienen bei Seltmann & Söhne ist „American“ das Gewinnerbuch aus insgesamt 431 eingereichten Fotobüchern des internationalen „PhotoBookFestivals“ in Kassel im vergangenen Jahr. Die Jury: „Dem Fotografen gelingt es, in leichten und doch dichten, ausdrucksstarken Bildern ein Stück amerikanischer Seele einzufangen, komponiert zu einem fließenden Essay aus Dokumentation und Poesie. Bei Amann überzeugt auch die Form. Das Buch als Medium mit seinen besonderen Material- und Stilqualitäten adäquat einzusetzen, wurde hier in besonderem Maße erfüllt.“ Ein schöneres Buch zum Thema „Wie sieht Amerika aus?“ muss man lange suchen!
 

Foto Aino Kannisto: Untitled (White Apron), 1999

Aino Kannisto: Untitled (White Apron), 1999. C-Print, Diasec, 78 x 96 cm
© Aino Kannisto, Courtesy: Galerie m Bochum.

 
 
Rudolf Schwarzkogler: 6. Aktion “o.T.”, Frühjahr 1966

Rudolf Schwarzkogler: 6. Aktion “o.T.”, Frühjahr 1966 (14 von insgesamt 98 Fotografien – Akteur: Rudolf Schwarzkogler, Fotograf: Michael Epp.). Silbergelatineabzug, Auflage 4/40, 39 x 38,5 cm, Teutloff Photo + Video Collection
© mumok, Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien, Leihgabe der Österreichischen Ludwig Stiftung. Foto: Kurt Steinhausen.

 
Mit fotografischen Selbstbildern beschäftigt sich eine Ausstellung im Marta Herford. „That’s me“ heißt die Schau, die vom 8. März bis zum 8. Mai zu sehen ist. Die Befragung der eigenen Künstler-Rolle ist das Thema vieler der hier gezeigten Fotografen und Fotografinnen – darunter etwa Valie Export, Aino Kannisto, Elke Krystufek, Jürgen Klauke, Martin Liebscher, Christopher Makos, Rudolf Schwarzkogler und Cindy Sherman. Präsentiert werden echte Klassiker – es sind aber auch Neuentdeckungen zu machen, wie die junge Finnin Aino Kannisto.
 

Foto Stanley Greene

Foto: Stanley Greene

 
Und noch ein preisgekröntes Fotobuch – erschienen ebenfalls bei dem Berner Verlag Benteli – wollen wir in diesem Monat vorstellen. Stanley Greenes Werk „Black Passport. Journal eines Kriegsfotografen“ schildert die letzten 20 Jahre des Lebens des in Paris lebenden New Yorker Fotoreporters – als private, rohe Collage, die sich mit den Grauen der Kriege in Tschetschenien, Afghanistan und dem Irak auf ungesehene Weise mischt. Greene führt uns durch sein Leben, stellt uns seine Liebschaften vor, verzichtet aber auch nicht darauf, uns die Gräuel der erlebten Kriege zu schildern. Das mit Filmstills, Notizen, Visa, Polaroids und Kontaktstreifen angereicherte Fotobuch ist auch in gestalterischer Hinsicht außergewöhnlich. Es wurde soeben mit dem Deutschen Fotobuchpreis ausgezeichnet.

Auf Youtube kann man einen kurzen, spektakulären Foto-Film sehen, der Fotografien aus dem Buch zeigt:
 

 
„Ich machte Modebilder, nichts Tolles. Dann verließ mich meine Frau. Statt Alkoholiker wurde ich Kriegsfotograf“, so hat Stanley Greene einmal seine Karriere zusammengefasst. Und weiter: „Das Leben eines Künstlers gleicht dem eines Schmetterlings. Wenn er Glück hat, überlebt er acht Monate. Und ich sage über das Leben eines Kriegsfotografen: Wenn er Glück hat, hält er es acht Jahre lang aus. Ich sage nicht, dass man es nicht auch länger ertragen könnte. Aber in der Zeit von acht Jahren kann man sich noch das Positive bewahren. Bleibt man länger, beginnt die Verwandlung. Aber nicht die in einen schönen Schmetterling. Man verändert sich von Grund auf. Man wird zur Motte. Und die zieht es irgendwann immer zur Flamme“.
 

Foto Sheryl Nields: Brett Easton Ellis, Los Angeles, 2010

Sheryl Nields: Brett Easton Ellis, Los Angeles, 2010
© Sheryl Nields

 
Und schließlich noch eine Ausstellung im Haus der Photographie in den Hamburger Deichtorhallen. „Traummänner“ ist eine Schau, die womöglich besonders Frauen ins Museum locken wird, wie schon der Titel andeutet. „50 Starfotografen zeigen ihre Vision vom Ideal“ – und zwar vom 11. März bis zum 22. Mai. Die Kuratoren Nadine Barth und Ingo Taubhorn haben etwa 100 Werke ausgesucht, die Männer aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln beleuchten. Das Projekt wird von einem Buch des Dumont-Verlags begleitet.

Und noch ein Aufruf. Die Fotodesignerin Nadine Preiß und der freie Fotograf und Journalist Damian Zimmermann (spannend auch sein Blog zum Thema Fotografie: www.damianzimmermann.de/blog) reisen für Ihr Paareprojekt in diesem Jahr durch ganz Deutschland, um Paare zu fotografieren. Dafür benötigen sie Kontakte vor Ort, suchen Paare, die sich fotografieren lassen möchten, aber auch Plätze mit Tageslicht zum Fotografieren – wie etwa Ateliers, Turnhallen, Autohäuser und Foyers.
 

Arbeit von Yoshiaki Kaihatsu

Arbeit von Yoshiaki Kaihatsu

 
Zum Abschluss wollen wir etwas über den fotografischen Tellerrand schauen. Die Ausstellung von Yoshiaki Kaihatsu in der Hamburger Mikiko Sato Gallery – günstig gelegen am Klosterwall zwischen Hauptbahnhof und Deichtorhallen – ist etwas ganz Besonderes: Der japanische Künstler hat hier aus Styropor-Verpackungsmodulen eine phantasievolle, futuristische Installation geschaffen. Eine Weltrauminsel, die von Fotoarbeiten und einem Videofilm begleitet wird. „Mich interessiert die Diskrepanz in der Bedeutung des Materials. Denn zuerst schützt das Styropor Dinge, die den Leuten wichtig sind, und dann wird dieses Schutzmaterial zu Müll entwertet. Dabei sind das gute Formen in einem perfekten Weiß“, so der Künstler. Vor allem seinen Film muss man gesehen haben: Hier federt ein vermeintlich schwereloser Astronaut mit Hilfe zweier Begleiter durch Hamburgs Innenstadt, um dann am Ende, irgendwo im Vorort Rothenburgsort, die japanische Flagge zu hissen.

Am Ende von Foto-Frisch steht eine Empfehlung, Fotokunst käuflich zu erwerben. Man kann in Onlinegalerien fündig werden, bei Fotokunst-Galerien, auf Kunstmessen, in Auktionshäusern, bei Kunsthändlern – oder auch in den Ateliers der Künstler selbst. Wir möchten Ihnen in Zukunft Arbeiten vorstellen, die wir für sammlungswürdig halten – angeboten von seriösen Galerien, Verlagen oder Händlern.
 

Foto Pieter Hugo

Foto: Pieter Hugo; Motiv für die Collector’s Edition „Nollywood“

 
Diesmal empfehlen wir eine Collector’s Edition des Buchs „Nollywood“ des südafrikanischen Fotografen Pieter Hugo. Wir haben schon mehrmals ausführlich über Hugo berichtet (siehe: Zivilisation und Wildnis: The Hyena & Other Men“ und Große Kunst aus Nollywood) und halten ihn für einen der wichtigsten zeitgenössischen Fotografen seiner Heimat. Das Buch im schwarzen Schuber mit beigelegter, handsignierter Farbfotografie kostet 290 Euro – in einer Auflage von 150 Exemplaren. Der Abzug hat die Größe 20×20 cm, das Motiv selbst 16×16 cm.

Übrigens: Wir freuen uns immer über Anregungen in Sachen Fotokunst. Bitte an: redaktion@photoscala.de oder info@marcpeschke.de.

(Marc Peschke)