Vor rund zwei Jahren ist der große Fotojournalist Robert Lebeck gestorben. Nun ist mit „Face the Camera“ ein Buch erschienen, das die eindrucksvollsten Porträts des Fotografen aus den 50er, 60er und 70er Jahren noch einmal Revue passieren lässt. Robert Lebeck selbst hatte die Auswahl der jetzt veröffentlichten Werke noch zu Lebzeiten begonnen.

„Ein gutes Photo macht unsterblich“, hat Robert Lebeck einmal gesagt. Das klingt pathetisch, aber der Fotograf stammt noch aus einer Zeit, in der es nichts Aufregenderes gab, als Fotojournalist zu sein. Das fotografische Zeitungs- und Magazinbild war eine Metapher für Wahrheit damals, heute abgelöst durch das so übermächtige Fernsehen – und im Zeitalter digitaler Bildmanipulation immer stärker in Zweifel gezogen.

Deutschland, Hamburg 1961. © 2016 Archiv Robert Lebeck

Deutschland, Hamburg 1961. © 2016 Archiv Robert Lebeck
 

In einem jetzt bei Steidl erschienenen neuen Buch hat Cordula Lebeck, die Frau des 2014 verstorbenen Fotografen, Bilder zusammengestellt, die Lebeck noch zu Lebzeiten unter dem Titel „Face the Camera“ angefangen hatte, zusammenzustellen. Die hier versammelten Porträts aus den 50er, 60er und 70er Jahren verbindet die direkte Beziehung zwischen dem Porträtierten und dem Fotograf im Augenblick der Aufnahme.

Lebeck hatte ein gewinnendes Lächeln. Er schaffte es, die Menschen, die er fotografierte, zu öffnen. Stets, so betont Cordula Lebeck, könne man in den Porträts ihres Mannes auch ihn selbst erkennen. In der Tat ist die Unbefangenheit, mit der sich die Menschen ihm zeigen, überraschend. Deutlich wird das etwa in einer Fotografie, die 1963 in Rom entstanden ist. Das Bild zeigt eine Großfamilie beim gemeinsamen Abendessen unter freiem Himmel auf einem Platz. Ein Tisch und ein paar Bänke – mehr braucht es nicht. Brot und Wein und einfache Speisen sind bereits aufgetischt. Wirklich faszinierend ist aber, wie unterschiedlich und wie individuell die Menschen auf die Kamera reagieren: Jeder der Gezeigten scheint binnen Sekunden eine ganz eigene, von den anderen so verschiedene Beziehung zu dem Fotografen aufgebaut zu haben. Ein Bild, das ungemein viel über die Menschen, über das Mensch-Sein, über die Möglichkeiten von Kommunikation die erzählt.

Ganz gleich an welchem Ort: Lebeck, dem großen Charismatiker, gelingen Bilder von Menschen so gut, weil er selbst ohne Befangenheit war. Lebeck, sagt seine Frau, sei mit einem Lächeln zur Welt gekommen – und die, die er fotografierte, sei es Woody Allen oder ein unbekannter alter spanischer Bauer, alle mussten zurücklächeln.

Und wie einfach scheinen viele dieser hervorragenden Porträts gemacht! Wie einfach scheint Lebecks fotografische Methode: Seine unverschlüsselte, direkte Schwarzweißfotografie meidet die allzu bemühte schöne Kunst genauso wie zu viel Inszenierung, gewagte Perspektiven oder Geschwätzigkeit. Im Zentrum stehen immer die handelnden Personen.

Deutschland,  Berlin 1976. © 2016 Archiv Robert Lebeck

Deutschland, Berlin 1976. © 2016 Archiv Robert Lebeck
 

Die so besondere Erkenntnis dieses Buchs hat Kerstin Stremmel aber in dem letzten Satz ihres kurzen Essays formuliert: „Aus den fragenden, forschenden und flirtenden Blicken der Porträtierten ergibt sich auch das facettenreiche Porträt von Robert Lebeck.“ Der jetzt erschienene, von Cordula Beck zusammengestellte und gestaltete Band, zeichnet in hohem Maße auch das Bild des Fotografen. Ein ganz schlichtes, schön gestaltetes Buch – womöglich ein Fotobuch-Klassiker von morgen.

Robert Lebeck: Face the Camera

 

Robert Lebeck
Face the Camera

208 Seiten
Gebunden
Steidl Verlag, 2016
ISBN 978-3-95829-143-0
38 Euro

 

 

(Marc Peschke)