Oder auch: „Nicht der Rezipient ist dein Kontrahent, sondern der Verleger“

Zunächst einmal: die Urheberschaft ist unveräußerlich, soweit sie überhaupt eine Rolle in der Gesellschaft spielt (das war die längste Zeit nicht der Fall). Urheber an meinen Werken bin und bleibe ich auf alle Zeiten, das kann mir nicht genommen werden. Veräußerlich sind nur die Verwertungsrechte und darum letztlich geht es in der aktuellen Debatte: wer darf wann was publizieren und wer muss wann was dafür bezahlen? Das reflektiert sich im angelsächsischen „Copyright“ – dem Kopierrecht (bzw. eben dem Kopierverbot), das schon in der Namensgebung deutlich macht, dass nicht der Künstler, der Schaffende hier Rechte hat oder erhält, sondern der Vervielfältiger, der Verleger. Und dieses Kopierrecht ist ohne weiteres handelbar.

Just jetzt entdecken vor allem die Vermarkter die Rechte der Urheber und machen sich für sie stark, sehr stark – bzw. schieben sie vor: Internet, Gratiskultur – die „Kreativen“ müssen unbedingt geschützt werden, es braucht ein Leistungsschutzrecht!

Noch so ein Missverständnis.

Das ist ein „Leistungsschutzrecht für Presseverleger“ – nicht eines für Kreative, Schaffende, Künstler. Mir völlig unverständlich, dass sich die Kreativen vor diesen Karren spannen lassen. Und im Fall der 51 Tatort-Drehbuchautoren ausgerechnet die, die schon jetzt quasi per „Flatrate“ (Rundfunkgebührenpflicht) fürstlich entlohnt werden.

Hier ein paar Punkte, zum Nach- und Weiterdenken und -lesen:

  • Wie oft haben Sie, online wie offline, in den „Qualitätsmedien“ (Spiegel, Bild, FAZ, …), und auch bei den Öffentlich-Rechtlichen und bei den Privaten, schon die Quellenangabe: „Quelle: Internet“ bei Bild und Film gesehen? Da hat sich jeweils ganz offensichtlich einer an fremden Werken bedient, hat aber weder den Urheber ausfindig gemacht, noch dessen Rechte geachtet, und hat sich auch nicht, so darf man mit Fug und Recht vermuten, das Veröffentlichungsrecht eingeholt, geschweige denn ein Honorar bezahlt.
     
  • Screenshot: Youtube-Video bei Spiegel Online

    „Quelle: Youtube“,
    aber durch das doppelte Signet „Spiegel online“ (oben groß, darunter kleiner) erscheint eher SpOn als Urheber / Rechteinhaber. Außerdem verzichtet SpOn darauf, das Youtube-Video verlinkt einzubinden, und behindert so den Weg zum Original auf Youtube und zum eigentlichen Urheber.
     

  • Immer wieder versuchen die Verleger, den Kreativen sämtliche Rechte möglichst billig abzukaufen – durch sogenannte Buy-Out-Verträge, die gerne auch mal nachträglich für früheres Schaffen unterzeichnet werden sollen (hier nur eines von vielen Beispielen der vergangenen Monate und Jahre: Wie das Handelsblatt mit Autoren umgeht).
  • Interessant sind auch diese Ausführungen zum Urheberrecht, wo Eckhard Höffner die These vertritt, dass dieses Recht den meisten Schaffenden und auch der Allgemeinheit sogar eher schadet; ein paar Spitzenverdiener ausgenommen: Wem nutzt das Urheberrecht? Höffner: „… dass das Urheberrecht im 18. und 19. Jahrhundert sich ausschließlich nachteilig auf die Autoreneinkommen, Anzahl der Titel, Bücherpreise etc. auswirkte. Nur der Interessensgruppe der führenden Verleger und einer Handvoll Bestsellerautoren nutzte es.“

Foto Matthias Kabel, Venus von Willendorf

Noch eine Einlassung: In einem Streitgespräch zwischen dem Musiker Jan Delay und dem Berliner Piratenpartei-Abgeordneten Christopher Lauer, das kürzlich im Spiegel zu lesen war (hier die englische Fassung), sagt Jan Delay: „… aber von den 99 Cent, die ein Song dort im Schnitt kostet, gehen gerade mal 15 Prozent an mich, davon muss ich noch die Produktion und die Musiker bezahlen. Das ist ein Witz.“ Wenn stimmt, was Jan Delay da sagt, bekommt er nur knapp 15 Cent pro Song, muss aber die gesamte Produktion bezahlen. Bleibt die Frage, wer die anderen 55 Cent wofür bekommt (Apple schüttet 70 % an die Rechteinhaber aus und behält 30 %).

Das Vermarktungsmodell scheint also doch aufzugehen – für die Verleger.

Zurück zum Bild.

Eine meiner Ansicht nach ganz vernünftige Position zur Urheberrechtsdebatte vertritt der Fotografenverband Freelens: „Wir legen Wert auf eine deutliche Unterscheidung vom Zugang zu Werken und der Nutzung von Werken. Eine faire Honorierung fordern wir für die Nutzung, also Publizierung, unserer Bilder.“ (mehr hier: Freelens-Positionspapier zur Urheberdebatte).

Halten wir fest: Das Urheberrecht, das Copyright, was auch immer, sie werden in unserer Gesellschaft letztlich als Verwertungsrechte genutzt, sie regeln, wer wie warum wie viel Geld mit schöpferischen Leistungen verdienen kann. Es geht um Monetarisierungsmodelle. Das ist beileibe nicht verwerflich, aber es ist nicht ehrenwert, diesem Ansinnen mit der Drohgebärde vom Untergang der Kultur des Abendlandes Geltung verschaffen zu wollen.

Der Streit dreht sich um die Tröge, nicht um die Kultur. Sie gab es schon lange vorher, und sie wird es noch lange hinterher geben.

Die Venus von Willendorf lässt schön grüßen.

(thoMas)
 
 
Foto:
Matthias Kabel, Venus von Willendorf
CC BY-SA 3.0