Foto: Pepa HristovaDie DGPh vergibt den Otto-Steinert-Preis 2009 an die Fotografin Pepa Hristova für ihre Serie „Sworn Virgins“ – sie zeigt uns albanische Frauen, die nach einem uralten Ritus unwiderruflich Keuschheit gelobt haben, um als „geschworene Jungfrau“, als Burrnesha, in einer männlichen Identität zu leben:

Pressemitteilung der DGPh:

August 2009

DGPh vergibt Otto-Steinert-Preis 2009 an Pepa Hristova

Der Otto-Steinert-Preis 2009 der Deutschen Gesellschaft für Photographie (DGPh) wird an die 1977 in Bulgarien geborene und in Hamburg lebende Photographin Pepa Hristova vergeben.
 

Foto: Pepa Hristova

 
Benannt nach dem großen Deutschen Photographen und Lehrer, wird der Otto-Steinert-Preis als Stipendium für eine zu erstellende, zeitlich begrenzte photographische Arbeit alle zwei Jahre vergeben. Berücksichtigt werden eine Projektskizze und bisherige eigenständige photographische Bildleistungen, unabhängig von ihrer stilistischen Ausrichtung oder ihrem Anwendungsgebiet. Dieser Preis richtet sich besonders an junge, talentierte Photographen/innen. Der Otto-Steinert-Preis gilt als einer der wichtigsten photographischen Förderpreise in Deutschland und ist mit 5000 Euro dotiert. Außerdem werden die prämierten Arbeiten in einer Ausstellung der Öffentlichkeit vorgestellt.

Mit 210 Bewerbungen war die Teilnahme am diesjährigen Otto-Steinert-Preis rekordverdächtig hoch. Zum Vergleich: im Jahr 2007 wurden rund 160 Arbeiten eingereicht.

Fast neun Stunden dauerte die Sichtung der zugelassenen Portfolios im Kölner Kunsthaus Rhenania. Bemerkenswert war, dass wiederum viele der Teilnehmer einen Migrationshintergrund hatten, und das auch in ihren Arbeiten thematisierten. In diesem Jahr war die Anzahl weiblicher und männlicher Teilnehmer ungefähr gleich. Erfreulich war das durchweg hohe Niveau der Einsendungen.

Nach eingehender Diskussion und unter besonderer Berücksichtigung der bewegenden Thematik, beschloss die Jury einstimmig den Otto-Steinert-Preis 2009 an die 1977 in Bulgarien geborene und in Hamburg lebende Photographin Pepa Hristova zu vergeben.
 

Foto: Pepa Hristova

 
Ihre Arbeit „Sworn Virgins“ überzeugte vor allem durch ihre Wahrhaftigkeit und die ungewöhnliche Thematik sowie die sensible und stille Umsetzung. Das bewegende Photo-Essay handelt von albanischen Frauen, die aufgrund eines uralten Ritus in einer männlichen Identität leben, als geschworene Jungfrauen. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Einige nehmen die Position verstorbener Brüder oder Väter ein. Andere entscheiden sich in einer archaischen Gesellschaft, in der Frauen traditionell eine untergeordnete Rolle spielen, bewusst für das privilegierte Leben in einer männlichen Rolle.

Solange der Schwur der ewigen Jungfrauenschaft eingehalten wird, akzeptiert die Gesellschaft dies. Diese so genannten Schwur-Jungfrauen, in der Landessprache „Burrnesha“ genannt, werden in den Familien geachtet und erhalten den Status von Männern. Sie leisten Männerarbeit, kleiden und verhalten sich wie Männer. Die „Sworn Virgins“ füllen ihre Rolle so perfekt aus, dass sie im Laufe der Zeit außerhalb der Familie nicht mehr als Frauen erkannt werden. Nicht nur ihre innere Einstellung ändert sich, auch ihre Physiognomie. Mit den Jahren geht die Frau in ihnen verloren. Diese Tradition ist das einzig bekannte Beispiel für einen institutionalisierten Geschlechter-Rollenwechsel in Europa. Von der Forschung wurde sie lange Zeit ignoriert.
 

Foto: Pepa Hristova

 
Pepa Hristova sagt über ihre Arbeit und das Projekt: „Für mich ist diese Arbeit eine Fortsetzung meiner Beschäftigung mit den Wertvorstellungen und dem Identitätsbegriff in mir fremden, unbekannten Kulturen. In meiner künstlerischen Arbeit setze ich mich durchgängig mit Fragen der Identität auseinander. Als in Deutschland lebende Bulgarin beschäftigt mich insbesondere das Thema Identitätsverlust. Meine Arbeit konzentriert sich auf das Wesen und die Gefühlswelt der Abgebildeten, deren Befindlichkeit ich in meinen Bildern so darzustellen versuche, wie ich sie ganz subjektiv erlebe. Bewusst bewege ich mich mit meiner Photographie zwischen unterschiedlichen Genres. Momentaufnahmen wechseln sich ab mit lyrischen Inszenierungen. Beides aber findet statt vor einem politisch-sozialen Kontext, mit dem ich mich emotional auseinandersetze.“

Pepa Hritova wurde 1977 in Sevlievo, Bulgarien geboren. Von 1999 bis 2006 studierte sie an der HWA Hamburg Kommunikationsdesign. Seit 2006 ist sie Junior-Mitglied der Berliner Photographen-Agentur Ostkreuz. Das Preisgeld wird Pepa Hristova für die Fortführung ihres Projektes verwenden.
 

Foto: Pepa Hristova  Foto: Pepa Hristova

 
Außer Pepa Hristova erhielten vier weitere Teilnehmer eine lobende Erwähnung. Es sind: Johanna Leister (Kassel), Georg Parthen (Berlin), Birthe Piontek (Erftstadt) und Christina Lux (Bielefeld).

Es war für die Jury hochinteressant, alle Arbeiten anzuschauen und so auch einen umfassenden Überblick über den Stand und Trends der derzeitigen Photographie in Deutschland zu erhalten. Traditionell setzt sich die Jury aus dem Vorstand der Sektion Bild, dem letzten Preisträger und einer renommierten Persönlichkeit der Photoszene zusammen. In diesem Jahr unterstützten Andrea Holzherr, Kuratorin der legendären Photographenagentur Magnum, und Maziar Moradi, der letzte Otto-Steinert-Preisträger, den Vorstand Michael Ebert und seine beiden Stellvertreter Bernd Rodrian und Rudolf Wichert.
 

(thoMas)