Beispiel LensTrueMit LensTrue (990 Euro) bietet Jobo eine Lösung zur automatischen Perspektiv- und Verzeichnungskorrektur, die besser als ein Shiftobjektiv funktionieren soll – mit jedem (vermessenen) Objektiv:

Bei LensTrue erfasst ein Sensor die Lage der Kamera während der Aufnahme, Software führt anschließend im Stapelbetrieb Perspektiv- und Verzeichnungskorrekturen durch und beseitigt dabei nicht nur gekrümmte oder stürzende Linien, sondern stellt die Proportionen wieder her.

Perspektivkorrekturen lassen sich mittels Shiftobjektiven und Fachkameras schon während der Aufnahme vornehmen – eine zumeist teure und inflexible Lösung, die Verstellwege der Shiftobjektive sind begrenzt und in vielen Fällen ist ein Stativ erforderlich. Preiswerter geht es nachträglich per Software, häufig fehlen jedoch die Bezugspunkte im Bild, wenn keine senkrechten Linien oder rechten Winkel abgebildet sind. Stürzende Linien beseitigt gängige Bildbearbeitung, aber die passenden Proportionen lassen sich nur sehr aufwändig wiederherstellen.
 

Beispiel LensTrue

 
Die Idee hinter LensTrue von der im Februar 2014 gegründeten Gummersbacher LensTRUE GmbH beschreibt die Patentschrift eines Verfahrens zur Korrektur perspektivischer Verzerrungen eines Linsensystems. „Perspektivkorrektur auf Knopfdruck“ fasst Jobo kürzer zusammen. LensTrue besteht aus dem LensTrue-Meter – einer 15 Millimeter dicken Metallbox – und einer Konvertierungssoftware, in der die Profile verschiedener Objektiv-Kamera-Kombinationen hinterlegt sind. Entwickelt wird es durch ein Team um den Profifotografen Detlef Großpietsch, um Bildsignalverarbeitungsspezialist Prof. Dr. Christian Wöhler von der TU Dortmund und um den Software-Entwickler Thorsten Lemke, bekannt für die Bildbearbeitung und den Bildbrowser GraphicConverter. Die Produktentwicklung (Gehäuse, Platine, etc.) übernahm Jobo, die mit den anderen drei Gesellschaftern in gleichem Maße an der LensTRUE GmbH beteiligt ist und zudem der exklusive Partner für den weltweiten Vertrieb ist.

Foto LensTrue

Das LensTrue-Meter schraubt der Fotograf unter die Kamera bzw. zwischen Kamera und Stativ(-Platte) und verkabelt sie mit der Synchronbuchse, sie zeichnet – ausgelöst durch die Kamera – zu jeder Aufnahme die aktuellen Winkellagedaten auf, die anschließend über die Zeitinformationen in den Exif-Daten den Bildern zugeordnet werden. Die LensTrue-Software – momentan nur unter Mac OS X lauffähig – weiß also zu jeder Aufnahme, wie stark die Kamera gegenüber der Horizontalen gedreht oder gekippt wurde. Anhand der Exif-Daten erkennt die Software auch die benutzte Kamera, das Objektiv und die eingestellte Brennweite.

In einem ersten Schritt beseitigt die Software aus den RAW-Daten die Distorsion der Objektive, also die geometrischen Abbildungsfehler. Anschließend entzerrt die Software die gestauchten Bildbereiche und stellt sie proportionsgerecht und ohne Beeinflussung der Perspektive wieder her. Die Entwickler legen Wert darauf, dass hier noch korrigierend eingegriffen werden kann. Am Ende exportiert die Software eine Tiff-Datei, die sich zur Weiterverarbeitung mit der gewohnten Bildbearbeitungssoftware eignet.

Vorraussetzung ist, dass LensTrue Objektiv und Kamera (genauer: den jeweiligen Bildsensor) kennt. Bisher haben die Entwickler 25 Canon- und fünf Zeiss-Objektive an Canon-Kleinbildkameras vermessen. Die Liste der profilierten Objektive und Kameras soll zügig erweitert und als nächstes um Nikon-Objektive ergänzt werden.

Die Lösung bietet sich nicht nur für Architektur- oder Innenraumfotografie an, sondern empfiehlt sich auch für Portrait- und Gruppenfotos, bei denen gestauchte Körper oder verzerrte Köpfe beseitigt werden. Im Vergleich zum Shiftobjektiv gefallen die Freihand-Tauglichkeit und die Möglichkeit, auch Zoom- und Autofokusobjektive einsetzen zu können, sofern die die Software bereits kennt. Die Entwickler empfehlen LensTrue für Perspektivkorrekturen bis 35°, die Verstellwege von Shiftobjektiven sind geringer (typischerweise um 11° ohne überproportionale chromatische Aberrationen).

Beispielsweise in der Produktfotografie kann sich der Batch-Betrieb lohnen, wenn hunderte Katalogfotos automatisch entzerrt werden können.

Anzumerken ist, dass sich Shift-Objektive demgegenüber in der Regel auch verschwenken lassen (Scheimpflug), und dass sich das Hin- und Herschieben von Pixeln (Interpolation) durch eine Bildbearbeitung immer negativ auf Schärfe und Detailwiedergabe auswirkt. Andererseits merkt Jobo an, dass auch Shiftobjektive die beste optische Leistung im unverstellten Zustand zeigen und dass auch beim mechanischen Shift die Bildqualität sinkt.
 

Beispiel LensTrue

 
LensTrue ist für 990 Euro inkl. Mehrwertsteuer über Jobo erhältlich: www.lenstrue.com.
 

(mts)