Stanley Kubrick, How the Circus gets set – Balancing act with trapeze artists, 1948Als Regisseur ist er weltbekannt, als Fotografen kennt ihn kaum jemand: Stanley Kubrick. Eine Wiener Ausstellung zeigt jetzt die bildgestalterischen Anfänge Kubricks, seine fotografischen Arbeiten für die Zeitschrift Look:

 
 
 
 
 

Foto Stanley Kubrick, Rocky Graziano – Portrait, 1947

Stanley Kubrick, Rocky Graziano – Portrait, 1947
Courtesy Museum of the City of New York, Geschenk von Cowles Communications, Inc.
© SK Film Archives, LLC

 
Pressetext von Bank Austria Kunstforum Wien:

Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf

Stanley Kubrick (1928–1999) gilt als einer der wichtigsten Regisseure des 20. Jahrhunderts. Seine perfekt inszenierten filmischen Meisterwerke, darunter 2001: A Space Odyssey, A Clockwork Orange, The Shining oder Eyes Wide Shut, wirken zeitlos und haben unser (Film-)Sehen maßgeblich geprägt. Die Frühjahrs-Ausstellung Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf im Bank Austria Kunstforum Wien schlägt ein bis dato zu wenig bekanntes, frühes Kapitel von Kubricks bildgestalterischer Karriere auf: Ab Mitte der 1940er-Jahre entstehen im Auftrag der Zeitschrift Look über 300 Fotoessays, die es Kubrick ermöglichen, sich detailliert mit Komposition, Atmosphäre und Timing zu beschäftigen und so eine ganz eigene visuelle Erzähltechnik und Bildsprache auszubilden.
 

Foto Stanley Kubrick, Shoe Shine Boy – Mickey with pigeons, 1947

Stanley Kubrick, Shoe Shine Boy – Mickey with pigeons, 1947
Courtesy Museum of the City of New York, Geschenk von Cowles Communications, Inc.
© SK Film Archives, LLC
 
 
Stanley Kubrick, How the Circus gets set – Balancing act with trapeze artists, 1948

Stanley Kubrick, How the Circus gets set – Balancing act with trapeze artists, 1948
Courtesy Museum of the City of New York, Geschenk von Cowles Communications, Inc.
© SK Film Archives, LLC

 
Alles beginnt damit, dass Kubrick als 16-jähriger Hobbyfotograf im April 1945 ein Foto macht, das einen alten Zeitungsverkäufer in seinem Kiosk zeigt. Deprimiert blickt dieser auf die feilgebotenen Zeitungen, die mit den Schlagzeilen „Roosevelt Dead!“ und „F.D.R. DEAD!“ den Tod des US-amerikanischen Präsidenten verkünden. Kubrick stellt sich mit der Aufnahme, die das nationale Gefühl von Trauer und Zukunftsangst auf den Punkt bringt, und dabei angeblich alles andere als ein Schnappschuss, sondern das Ergebnis intensiver „Regiearbeit“ mit dem Zeitungsverkäufer ist, bei mehreren New Yorker Zeitungen vor. Das Look-Magazine kauft Kubrick das Bild meistbietend ab und veröffentlicht es etliche Wochen später. Als Kubrick 1946 die Highschool verlässt, heuert er als staff photographer bei Look an und wird von der Zeitschrift ab diesem Zeitpunkt mit zahlreichen, höchst unterschiedlichen assignments beauftragt. Im Mittelpunkt von Kubricks Fotoessays steht zumeist, wie auch später in seinen Filmen, ein außergewöhnliches, oft einsames, menschliches Schicksal. Kubrick beobachtet einen kleinen Schuhputz-Jungen auf den Straßen New Yorks, verbringt einen Wettkampf-Tag an der Seite des Boxers Rocky Graziano, besucht Betsy von Fürstenberg, eine aufstrebende Jung-Schauspielerin, oder fotografiert einen riesigen Zirkus hinter den Kulissen. Kubricks Fotos sind auch ein Abbild der US-amerikanischen Metropole: New York wird in den späten 1940er-Jahren, in denen Europa in Schutt und Asche liegt, endgültig zur „neuen Hauptstadt der Welt“. Das urbane Spektakel wird im Kleinen wie im Großen festgehalten, individuelle Geschichten verbinden sich zu einer groß(städtisch)en Erzählung.

Zeitschriften wie Look oder LIFE lösen bereits ab Ende der 1930er-Jahre in der US-amerikanischen Gesellschaft einen regelrechten Hunger nach neuen Bildern und Geschichten aus. Während sich LIFE dem American Century verschreibt, nimmt Look sich der Hintergrundgeschichten, oft auch mit New York-Bezug, an. Kubrick macht in viereinhalb Jahren für Look kolportierte 27.000 Fotografien von denen an die 1.000 Aufnahmen auch publiziert werden. Die Lehrjahre bei Look erlauben es Kubrick, seine Leidenschaft, visuelle Geschichten zu inszenieren nach und nach zu perfektionieren. In der Redaktion lernt er, wie kreative Prozesse im Team funktionieren, eine nicht unwesentliche Erfahrung für seine spätere Arbeit als Filmemacher. Die Entscheidung, nicht bei der Fotografie zu bleiben, sondern 1951 seinen ersten Dokumentarfilm zu drehen – Day of the Fight, der um den Boxer Walter Cartier konzipiert ist, den er auch für Look fotografiert hat – wirkt rückblickend als logische Konsequenz.
 

Foto Stanley Kubrick, Showgirl – Kubrick photographing Rosemary Williams, 1949

Stanley Kubrick, Showgirl – Kubrick photographing Rosemary Williams, 1949
Courtesy Museum of the City of New York, Geschenk von Cowles Communications, Inc.
© SK Film Archives, LLC

 
Die Ausstellung Eyes Wide Open. Stanley Kubrick als Fotograf im Bank Austria Kunstforum Wien versammelt zwanzig ausgewählte Fotoessays, jeder einzelne Fotoessay bildet dabei einen eigenen erzählerischen Kosmos. Dem Publikum wird damit die Entdeckung von Kubricks fotografischem Frühwerk, das zahlreiche Rückschlüsse auf sein späteres filmisches Werk erlaubt und gewissermaßen die Keimzelle seiner bildgewaltigen und durchkomponierten Filmästhetik bildet, ermöglicht. Neben den Fotografien, die sich im Besitz des Museum of the City of New York befinden, mit dem das Bank Austria Kunstforum Wien für die Ausstellung kooperiert hat, werden auch Original-Ausgaben des Look-Magazines, in denen Kubricks Fotoessays erschienen sind, gezeigt, die verdeutlichen, dass Kubricks Fotos ursprünglich für ein Zusammenspiel von Bild und Text angelegt waren.
 
 
Ausstellung:
Eyes Wide Open
Stanley Kubrick als Fotograf
8. Mai bis 13. Juli 2014

Bank Austria Kunstforum Wien
1010 Wien
Freyung 8

Öffnungszeiten täglich 10 bis 19 Uhr, Freitag 10 bis 21 Uhr
 

Foto Stanley Kubrick, Street Conversations – Woman walking down the street, 1946

Stanley Kubrick, Street Conversations – Woman walking down the street, 1946
Courtesy Museum of the City of New York, Geschenk von Cowles Communications, Inc.
© SK Film Archives, LLC

 
(thoMas)