Foto der Nikon 1 V1Foto EOS 100DSeit ein paar Tagen ist es amtlich: die Canon EOS 100D ist die gegenwärtig kleinste digitale Spiegelreflexkamera (mit APS-C-großem Bildsensor) der Welt. Ob das nun eine Meisterleistung in Sachen Miniaturisierung darstellt und ob der Trend dazu überhaupt begrüßenswert ist, wollen wir hier diskutieren:

Tatsache ist, dass die EOS 100D mit ihren Außenmaßen von 116,8 x 90,7 x 69,4 Millimetern und ihrem Gewicht von 407 Gramm sogar kleiner und leichter ist als so manche spiegellose Systemkamera. Dabei war gerade die ausgesprochene Kompaktheit lange Zeit das Hauptverkaufsargument letzterer! Stellt also Canon die ganzen Micro-FourThirds-, Sony-NEX- und Nikon-Serie-1-Kameras und Konsorten mit der EOS 100D bloß?

Wie weit man trotz Spiegels und verhältnismäßig großen Bildsensors die Miniaturisierung treiben kann, hat Canon mit der EOS 100D doch recht eindrucksvoll bewiesen, das muss man dem altgedienten Kamerakonstrukteur schon zugestehen. Und hätte Canon diese Kamera zu den Anfängen der Systemkamera-„Revolution“ vorgestellt und eingeführt, so hätte das den Aufstand der Spiegellosen vielleicht sogar im Keim erstickt – oder zumindest ernsthaft gefährdet. Denn die EOS 100D besitzt alles, was man von einer Kamera ihrer Klasse erwarten darf und was bei den Spiegellosen anfangs nicht immer eine Selbstverständlichkeit war: einen schnellen Autofokus, eine voraussichtlich beeindruckende Bildqualität (auch wenn das Tests erst noch bestätigen müssen), ein großes Aufgebot an diversem Systemzubehör (Objektive, Blitzgeräte, etc.), kurze Einschalt- und Reaktionszeiten, uvm.

Foto NEX-3N

Sogar Ausstattungsmerkmale, die anfangs den Vorreitern der spiegellosen Fraktion vorbehalten waren (wie z. B. Live-View, Videoaufnahme, automatische Sensorreinigung etc.), zählen zum Repertoire der EOS 100D. Fehlt ihr eigentlich nur noch ein dreh- und schwenkbarer bzw. hochklapp- und neigbarer LC-Bildschirm – damit hätte sie einstmalen den Spiegellosen möglicherweise den Todesstoß versetzen können …

Doch seitdem hat sich die Situation auf dem (System-)Kameramarkt verändert. Denn eigentlich ist die Miniaturisierungs-Schlacht schon entschieden. Die Spiegellosen waren so lange Vorreiter auf diesem ganz spezifischen Gebiet, dass sie für den Konsumenten quasi als Synonym für Kompaktheit stehen. Es hat sich im Laufe der Jahre herumgesprochen, dass man bei diesen „kleinen Dingern“, die so ganz praktisch in jede Handtasche passen, auch die Objektive wechseln und sehr gute Bilder damit machen kann. Der Anteil an Touristen, Frauen, älteren Personen etc. (die vom Klischee her technisch eher uninteressiert sind), denen man auf der Straße mit einer CSC (alias „Compact System Camera“) um den Hals begegnet, ist in den Jahren überproportional gestiegen; dieser Anblick ist keine Seltenheit mehr.

Foto Lumix GH3

Man kann sogar schon im Ansatz einen Gegentrend feststellen: viele Kameras sind so klein geworden, dass der Trend zur Miniaturisierung von immer mehr Menschen wegen der darunter leidenden Handlichkeit sowie der akuteren Verwacklungsgefahr als unangenehm wahrgenommen wird. Und so werden die spiegellosen Kameras (zumindest die im semi-professionellen Bereich) von Generation zu Generation größer. Ein prominentes Beispiel dafür ist die noch ganz junge Panasonic Lumix DMC-GH3, die von ihren Dimensionen her bereits in DSLR-Sphären vorstößt.

Foto Pentax Q

Einen – vielleicht entscheidenden – Miniaturisierungsvorteil besitzen diverse Spiegellos-Systeme aber doch noch. Denn die Objektive kleinerer Aufnahmeformate sind konstruktions- und systembedingt meist noch ein gutes Stück kompakter als die kompaktesten Objektive für Systemkameras mit größerem Bildsensor. Was nützt also die kleinste APS-C-DSLR, wenn dann verhältnismäßig große Objektive darauf montiert werden? Hier kann die EOS 100D nur unter Vorbehalt punkten. Und mit der Leistung, der Ausstattung und dem Funktionsumfang sowieso nicht. In Sachen Autofokusgeschwindigkeit und -präzision, Suchertechnik, Blitztechnik (u. a. drahtlose Blitzsteuerung), Einstellmöglichkeiten etc. stehen die Spiegellosen den DSLRs in nichts mehr nach und haben sie z. T. sogar überholt.

Als Bedrohung für die Spiegellosen dürfte sich die EOS 100D also nicht entpuppen. Man sollte sie eher als Bereicherung des Marktes ansehen. Der Kameramarkt lebt von seiner Vielfalt – „Monokulturen“ sind nicht wirklich wünschenswert –  und da ist auch Platz für ausgesprochen kleine Systemkameras mit optischem Sucher und Schwingspiegel. Das Motto lautet demnach „Diversität statt Rivalität“. Begrüßen wir also die EOS 100D in den Reihen der „Zwergenliga“. Im Märchen waren es sieben Zwerge an der Zahl und in der Kamerawelt sollen es nun auch sieben sein: Micro-FourThirds, Samsung NX, Sony NEX, Nikon-1, Pentax K-01, Fujifilm X … und nun auch Canon EOS 100D.

(Jürgen B. Beckmesser)