Foto Sony NEX-6Mit der Nex-6 komplettiert Sony sein Sortiment kompakter Systemkameras. Auf Einladung des Herstellers haben wir ein Vorserienmodell des E-Bajonett-Neulings mit 16 Megapixeln, elektronischem Sucher, Klappdisplay, WLAN und Systemblitzanschluss samt dem neuen 3,5-5,6/16-50 ausprobieren können:


Man habe auf die Wünsche vieler Kunden reagiert, die nach einer Kamera mit dem elektronischen Sucher der Nex-7 und dem 16-Megapixel-Sensor der Nex-5 gefragt hätten (Will wohl heißen: Die nicht so viel kostet wie die 24-Megapixel-Nex-7). Herausgekommen ist eine Kamera, die sich von der Nex-7 durch deutlich mehr als nur die um acht Millionen Bildpunkte geringere Auflösung unterscheidet. Auffällige Neuigkeiten sind der neue, „mi“ bzw. „Multi Interface Shoe“ getaufte Blitz- bzw. Zubehörschuh und das Modusrad auf der Oberseite, das der Hersteller auf praktische Weise mit einem Einstellrad kombiniert hat. WLAN und die Funktionserweiterungen über Play-Memories-Apps hat die Kamera von der Nex-5R geerbt.

Im Rahmen der Produktvorstellung von Sony Europe in Reykjavik haben wir ein wenig mit der Nex-6 fotografieren können. Unsere ersten Eindrücke und Erfahrungen möchten wir mit Ihnen teilen:

Äußerliches
Die Nex-6 fällt geringfügig kleiner und – da weniger kantig – ein wenig gefälliger als die Nex-7, aber natürlich angesichts des elektronischen Suchers und des integrierten Blitzgerätes ein Stück höher aus als die Nex-3, C3, F3, 5, 5N und 5R. Mit ihrem ausgeprägtem, gummierten Griffstück lässt sie sich gut halten, gemeinsam mit dem dem neuen „Power-Zoom“ 3,5-5,6/16-50 OSS ist sie zwar nicht Hemd-, aber doch Jackentaschen-tauglich. Die Verarbeitungsqualität des Metallgehäuses der Kamera macht einen sehr guten Eindruck und wirkt hochwertiger als die des neuen Objektivs.
 
 

Foto Sony NEX-6

 
 
Bedienkonzept
Der Funktionsumfang der Nex-6 steht dem so mancher Spiegelreflexkamera in nichts nach, für den Hersteller keine leichte Aufgabe, die Kamera trotz des kompakten Gehäuses leicht bedienbar zu halten, nachdem nicht all zu viel Platz für Knöpfe und Taster zur Verfügung steht. Mit den zwei Einstellrädern, eines wie erwähnt unterm Modus-Rad, das andere auf der Rückseite, mit der Fn-Taster neben dem Auslöser, der Vier-Wege-Wippe, der Belichtungsspeichertaste und drei weiteren Daumentastern hat der Hersteller im Großen und Ganzen einen guten Kompromiss gefunden. Heißt: Ein deutlicher Fortschritt gegenüber der Nex-3 und Nex-5, wie sie im Mai 2012 vorgestellt wurden, aber an manchen stellen etwas unlogischer oder aufwändiger als nötig und natürlich keinesfalls vergleichbar mit den großen SLT-Modellen Sonys oder teuren SLR anderer Hersteller.
 
 

Foto Sony NEX-6

 

 
Sucher und Display
Größe und Auflösung von Sucher und Display lassen kaum zu wünschen übrig. Praktisch ist der Klappmechanisms des 3-Zoll-Displays, der sich mit einem Handgriff um 90 Grad nach oben oder für Überkopfaufnahmen ausreichend weit nach unten schwenken lässt – Selbstportraits wie bei der Nex-5N gehen allerdings nicht, da ist der elektronische Sucher im Weg. Dieser Sucher ist schon von der Alpha 77 und Nex-7 bekannt und aus meiner Sicht den optischen vieler preiswerter Spiegelreflexkameras deutlich überlegen. Ich musste schon nach sehr feinen Strukturen suchen, um bei Schwenks ein leichtes Flimmern feststellen zu können. 
 

Foto Sony NEX-6

 
 
Die Helligkeit von Sucher und Display lassen sich anpassen, der Kontrastumfang ist ordentlich, so dass auch in der isländischen Spätsommersonne die Schatten im Display nicht absoffen und das Motiv übers Klappdisplay gut zu beurteilen war. Schön ist die Fülle an Informationen, die sich – auf Wunsch – einblenden lassen. Gitterlinien und „Wasserwaage“ erleichtern die Ausrichtung der Kamera, die farbige Hervorhebung der Kanten – fein individuell einstellbar – das manuelle Fokussieren.

Objektiv und Fokussierung
Angesichts dieses „Focus Peaking“ macht das manuelle Scharfstellen wieder Spaß. Am Besten geht’s im „Direct-Manual-Focus“-Modus: Die Kamera schlägt vor, der Nutzer kann anschließend Nachregeln, wozu er beim neuen 16-50 zum Ring greift, der ansonsten die motorische Brennweitenverstellung übernimmt. In den allermeisten Situationen ist das manuelle Fokussieren nicht notwendig (solange man keine Fremdobjektive ohne AF einsetzt): Die AF-Felder decken einen ausreichend großen Motivbereich ab, die Motivverfolgung und Gesichtserkennung funktionierten auch mit dem Vorserienmodell zuverlässig. Während sich bei manchen Modellen die Scharfstellung per Touch-Display auf jede beliebige Stelle legen lässt, kommt man mit der Sony mit dem zentralen AF-Feld und einem Schwenk am Schnellsten zum Ziel – oder eben gleich mit der Fokussierung von Hand.

Mit der Nex-5R und jetzt der Nex-6 hat Sony neben dem Kontrast-AF einen unterstützenden Phasenvergleichs-Autofokus in den Bildsensor integriert und dazu einige Pixel zu Autofokussensoren umgewidmet. Damit reagiert der Hersteller auf einen der Kritikpunkte an den Vorgängermodellen: Der oftmals zu zögerlichen Scharfstellung, kann doch der Phasenvergleichs-AF die korrekte Scharfstellung berechnen und ansteuern, während der Kontrast-AF die korrekte Fokussierung suchen muss, dann aber exakter arbeiten kann. Die Kombination aus Nex-6 und PZ 3,5-5,6/16-50, auch das Power-Zoom noch nicht mit der finalen Firmware, arbeitete sehr flott und präzise, allerdings ergaben sich keine Vergleichsmöglichkeiten mit anderen Kameras und Objektiven mit längeren Brennweiten.

Im ausgeschalteten Zustand fährt das Objektiv auf drei Zentimeter Länge ein. Ein Filtergewinde ist vorhanden, ein Bajonettanschluss für eine Streulichtblende fehlt. Die Brennweite lässt sich sowohl am Ring des Objektivs als auch mit einer Zoomwippe am Objektiv einstellen, nicht jedoch an der Kamera. (Intuitiv sucht der Zeigefinger bei der einhändigen Bedienung der Kamera wie von der Kompakten gewohnt nach dem Zoomhebel, nachdem Nex und Objektiv so leicht ausfallen.)

Mit dem Superweitwinkel 4/10-18 und dem Normalobjektiv 1,8/35 wächst das Objektivsortiment auf nun immerhin fünf Zooms und Festbrennweiten.

Blitzgerät und Blitzsystem
Ein Mini-Blitz mit Leitzahl 6 (in Metern bei Iso 100) ist integriert, für mehr Leistung müssen Aufsteckblitze her. Bisher gibt es mit dem HVL-F60M einen Blitz mit Sonys neuem Zubehöranschluss, einer Art Mittenkontakt-Blitzfuß, den Sony um eine Leiste von Kontakten für Blitzgeräte, Suchersysteme oder Mikrophone erweitert hat. Angesichts des Spielraums bei den Iso-Werten reicht der Blitz für viele Situationen bereits aus. Eine drahtlose Blitzsteuerung fehlt der Kamera, der eingebaute Blitz fällt dazu zu schwach aus, und auch aufgesteckte Steuergeräte werden nicht unterstützt.

Bildqualität
Die Ingenieure in Japan arbeiten offenbar fieberhaft weiter an der Firmware, sehr wahrscheinlich wird auf den Ausstellungsstücken zur photokina bereits neue Software installiert sein. An der Bildqualität könnte sich deshalb bis zum Erscheinungstermin im November noch etwas tun. Auffällige Schwächen zeigte unsere Vorserien-Kamera und unser 3,5-5,6/16-50 nicht.
 
 

Foto Sony NEX-6

 
 

Foto Sony NEX-6

 
 

Foto Sony NEX-6

 
 
Fazit
Sony gelingt mit der Nex-6 eine Fast-immer-dabei-Kamera, die die Bildqualität und dank Wechselobjektiv- und Blitzsystem viel der Flexibilität einer „Großen“ bietet – allerdings auch zu einem vergleichbaren Preis. Die Kamera macht Spaß: Sie arbeitet flott und ist dank des neuen Powerzoom-Objektivs erheblich kompakter als mit Sonys älterem Setobjektiv 3,5-5,6/18-55. Die Bildqualität bei wenig Licht zeigt sich deutlich verbessert gegenüber älteren Nex-Modellen.

Wer auf den elektronischen Sucher verzichten kann oder etwas noch Kleineres sucht, ist mit der in vielen Punkten sehr ähnlichen Nex-5R ähnlich gut bedient, bleibt hier aber auf den mitgelieferten Blitz für den Smart-Accessory-Terminal der kleinen Nex-Modelle beschränkt. Der Nex-7 bleiben, außer ihrer sehr hohen nominellen Auflösung, wenige Alleinstellungsmerkmale. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft, auch wenn es hausinterne ist, wobei sich Sony bisher über die Absatzzahlen seiner Nex-Modelle kaum beschweren kann.

(mts)