Foto-Ausschnitt James Klosty, Merce Cunningham Dance Company in: Walkaround Time, Paris 1970Eine Salzburger Ausstellung widmet sich einerseits der Merce Cunningham Dance Company im Foto-Dokument und präsentiert andererseits drei individuelle fotografische Positionen dazu:

 
 
 
 

Foto James Klosty, Merce Cunningham, Westbeth, Januar 1972

James Klosty, Merce Cunningham, Westbeth, Januar 1972
© James Klosty

Das Das Museum der Moderne Salzburg informiert:

Merce Cunningham Dance Company. Fotografien einer Tanzbewegung

Ausstellung im MdM RUPERTINUM

28.7. – 11.11.2012

Parallel zur großen John Cage-Ausstellung im MdM MÖNCHSBERG zeigt das MdM SALZBURG im MdM RUPERTINUM die erste Foto-Ausstellung zu seinem Weggefährten und Lebenspartner Merce Cunningham und dessen Dance Company.

Kaum ein Künstler hat den internationalen Tanz so verändert wie der amerikanische Tänzer und Choreograf Merce Cunningham (1919-2009) mit seiner Dance Company. In enger Verbindung mit bildenden Künstlern, Komponisten, Philosophen und Literaten entwickelte er eine Gesamtsicht auf den Menschen und sein Bewegungsvokabular, das nicht mehr die virtuose Einzelleistung in den Fokus seiner Produktionen stellte, sondern die Dezentralisierung der Bewegung im Raum und die Abstraktion von erzählerischen Inhalten.
 

Foto James Klosty, Merce Cunningham in: How to pass, kick, fall and run, 1970

James Klosty, Merce Cunningham in: How to pass, kick, fall and run, 1970
© James Klosty

 
Seine Dance Company (gegründet 1953) entwickelte Merce Cunningham aus der Idee heraus, Tänzer zur Verfügung haben zu wollen, die nicht (nur) die klassische Ballettausbildung absolviert haben. Er offerierte seinen Tänzern und Tänzerinnen, besonders in den frühen Produktionen durch sein eigenes Mitwirken als Tänzer, eine neue Welt und ein neues Verständnis von körperlicher Bewegung, jenseits des klischeehaften Tanztheaterrepertoires. Auch das Verhältnis von Musik zu Performance, Bewegung und Interpretation wurde neu definiert: fast ausschließlich zu neuen, zeitgenössischen Musikstücken, oft in Zusammenarbeit mit seinem Freund und Partner John Cage, wurde der Tanz als eine parallel ablaufende und nur punktuell an die begleitende Musik geknüpfte Kunstform gesehen. Daraus entwickelten sich eine Schule und eine Auffassung, die sich in einem immens aktiven Tourneebetrieb wie auch in dem stimmungsvollen Stammhaus der Company, dem Westbeth-Gebäude im Meatpacking District in Lower Manhattan manifestierte.

Die Ausstellung zeigt anhand von rund 100 fotografischen Werken einerseits ein Panorama der tänzerischen Produktion der Merce Cunningham Dance Company in einer Art Bild-Mosaik mit Leihgaben aus dem Deutschen Tanzarchiv der SK-Stiftung in Köln. Andererseits werden drei individuelle fotografische Positionen präsentiert:
 

Foto James Klosty, Merce Cunningham Dance Company in: Walkaround Time, Paris 1970

James Klosty, Merce Cunningham Dance Company in: Walkaround Time, Paris 1970
© James Klosty

 
James Klosty begleitete als Partner von Merce Cunninghams Tanzprotagonistin Carolyn Brown die Company in den Jahren 1968 bis 1972. Ein ganz individueller Stil prägt das fotografische Arbeiten von James Klosty, der gleichsam eine „Sicht von innen“ wiedergibt: kaum eine Performance wird gezeigt, fast ausschließlich Probensituationen, zufällige Positionen, Arbeitsatmosphären und immer wieder zahlreiche stimmungsvolle Porträts, Einzelfotos von Merce, seine Silhouette auf der Bühne, Merce als nachdenklicher Beobachter, Merce bei der Arbeit in Westbeth und auf Tournee. Klosty arbeitet fast ausschließlich in einer prononcierten schwarz- weiß-Technik, die ihm alle Möglichkeiten, explizit mit Licht und Schatten zu arbeiten, an die Hand gibt. Er agiert wie ein Magier, der Helles aus dem Dunkel des Bühnenraumes hervorholt oder der tiefste Schwärze im Gegenlicht zu einer unverwechselbaren Kontur zusammenfasst.

Der weltberühmte Tänzer und Choreograf Mikhail Baryshnikov fotografierte 2006/2007 einige der aktuellen Cunningham-Performances. Elf großformatige Prints seiner farbigen Bewegungsaufnahmen sind in der Ausstellung zu sehen. Diese fotografische Position zeigt einen emotionalen Zugang zu den Bewegungen der Tänzer. Baryshnikov ist nicht daran interessiert, Tanzpositionen oder Charakteristika der Choreografie zu schildern, sondern ein situatives Stimmungsbild mit barocker Farbgebung und heftig verwischten Bewegungslinien zu übermitteln. Hier ist es die Sprache des Tänzers, die den aktiven Körpern, den raschen Abläufen mit der Kamera nachspürt.
 

Foto Anna Finke, Melissa Toogood, Brandon Collwes and Dylan Crossman in: Nearly 902, September 24, 2009

Anna Finke, Melissa Toogood, Brandon Collwes and Dylan Crossman in: Nearly 902, September 24, 2009
© Anna Fink
 
 
Foto Anna Finke, Jennifer Goggans and John Hinrichs in: Duets, February 4, 2011

Anna Finke, Jennifer Goggans and John Hinrichs in: Duets, February 4, 2011
© Anna Finke

 
Anna Finke arbeitete als junge Fotografin in der Kostümabteilung der Company und fotografierte die letzten Produktionen von 2007 bis zum Ende der Company im Jahr 2011. Die 1981 geborene Anna Finke bemüht sich um eine distanzierte Sicht auf das Geschehen rund um die Company. Sie folgt einer eher dokumentarischen Rhetorik, die das Spezifische der physischen Präsenz in der jeweiligen Raum-Situation thematisiert. Ihr brillantes Kolorit moduliert diese Dualität von Körper und Ambiente bei gleichzeitiger asketischer Sparsamkeit der Mittel.

Anders sind die Fotografien von zahlreichen fotografischen Autoren aus dem Bestand des Deutschen Tanzarchivs Köln einzustufen: die Fotografen wurden im Laufe vieler Jahre für die jeweilige Produktion von der Company beauftragt. Sie lieferten Fotos, die für die Dokumentation, die Archivierung, für Marketing und Promotion, für Presse und Ankündigung der Tanzproduktionen gedacht waren. Vielfach sind hier spezielle Situationen und Ausschnitte aus dem jeweiligen Tanz für die Kamera inszeniert worden, oft sind die einzelnen Tänzerpersönlichkeiten geradezu Träger dieser Information; sie werden individuell gezeigt und genannt, die besonders symptomatische Pose, das kennzeichnende Kostüm, der imponierende Sprung werden in perfekter Beleuchtung und in kalkulierter Perspektive wiedergegeben. Die Vielzahl der fotografischen Stile und die unterschiedlichen Intentionen ergeben ein breites Spektrum an Tanzfotografie, wie es dem abwechslungsreichen und differenzierten Erscheinungsbild der Company entspricht.

Eine ganz einzigartige Stellung nehmen die drei Porträts von Imogen Cunningham ein, die diese bei einer Begegnung mit Merce anfertigte: die große Porträtistin und Fotografin von Stillleben widmet sich ihrem Gegenüber wie einem Objekt, dem sie feinsinnig nachspürt, es gleichsam umkreist.

In dieser Ausstellung wird die Vielschichtigkeit des Phänomens „Merce“ und seiner Dance Company aus den verschiedensten Blickwinkeln ansichtig – ein Phänomen, das schwer in Bildern zu fassen ist, aber unendlich reich in seiner Bildhaftigkeit erscheint.

Kuratorinnen: Margit Zuckriegl und Katja Mittendorfer-Oppolzer
 
 
Ausstellung:
Merce Cunningham Dance Company. Fotografien einer Tanzbewegung
28.7. – 11.11.2012

Museum der Moderne Rupertinum
Wiener Philharmoniker Gasse 9
5020 Salzburg
 

(thoMas)