Gustav und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach mit ihrem Sohn Alfried, 1910 (Jacob Hilsdorf)Bilder mit Symbolcharakter und gezielte Öffentlichkeitsarbeit – seit der Frühzeit des Mediums prägen Fotografien das Bild von Krupp. Die Essener Ausstellung „Krupp. Fotografien aus zwei Jahrhunderten“ zeigt die Unternehmens- und Familiengeschichte – und die Macht der Bilder:

 
 
 
 
 

Gustav und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach mit ihrem Sohn Alfried, 1910 (Jacob Hilsdorf)

Gustav und Bertha Krupp von Bohlen und Halbach mit ihrem Sohn Alfried, 1910 (Jacob Hilsdorf)

 
Information der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung:

Krupp. Fotografien aus zwei Jahrhunderten

18. Juni bis 11. Dezember 2011 in der Villa Hügel Essen

Eine Ausstellung der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung

Essen. Herr Krupp im Gehrock. Arbeiter vor glühendem Stahl. Die riesige Schmiedepresse im Einsatz. Das surreale Bild eines fliegenden Geschützwagens. Ernstblickende Direktoren beim Treffen auf Hügel. Bertha, die begehrteste Erbin im Kaiserreich im opulenten Abendkleid und der letzte Krupp auf Reisen. Fotografische Schätze aus zwei Jahrhunderten werden ab dem 18. Juni 2011 in der Villa Hügel Essen gezeigt. Im einstigen Wohnhaus der Familie Krupp ist damit erstmals eine Ausstellung zu sehen, die eng mit dem Ort selbst verbunden ist: „Krupp. Fotografien aus zwei Jahrhunderten“. Es ist eine Entdeckungsreise in die Geschichte der Fotografie mit mehr als 400 Aufnahmen und Objekten. Sie spiegeln Unternehmens- und Familiengeschichte, werfen Streiflichter auf industriellen Aufschwung und das Weltgeschehen. Aufwändige fotografische Inszenierungen und private Schnappschüsse ergänzen sich und dokumentieren eindrucksvoll die Macht der Bilder von den Anfängen der Fotografie bis zur zeitgenössischen Fotokunst.
 

Gussstahlfabrik, 1864, Hugo van Werden

Gussstahlfabrik, 1864, Hugo van Werden
 
 
Familie Krupp von Bohlen und Halbach, 1930

Familie Krupp von Bohlen und Halbach, 1930
 
 
„Letzte Schicht des Hammers Fritz“, Essen, 4. März 1911

„Letzte Schicht des Hammers Fritz“, Essen, 4. März 1911

 
„Vor 200 Jahren, am 20. November 1811, gründete Friedrich Krupp in Essen seine Gussstahlfabrik. Das ist ein guter Grund in diesem Jahr einen Blick zurück in die Geschichte zu werfen“, erklärt Prof. Dr. h.c. mult. Berthold Beitz, Kuratoriumsvorsitzender der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung. „Wir tun das, indem wir zum ersten Mal wertvolle Originale aus der fotografischen Sammlung des Historischen Archivs Krupp ausstellen. Es bewahrt mehr als zwei Millionen Fotografien auf. Von keinem Unternehmen, keiner Industriellenfamilie sind wohl so viele Bilder erhalten. Mit der Sonderausstellung stellen wir einen repräsentativen Querschnitt dieses besonderen historischen Schatzes vor.“

Pioniergeist, Bildikonen und zielsichere Öffentlichkeitsarbeit
Seit der Frühzeit des Mediums prägen Fotografien mit Symbolcharakter das Image von Krupp. Nahtlose Radreifen für die Eisenbahnen des 19. Jahrhundert beispielsweise – sie wurden zum Markenzeichen des aufstrebenden Stahlunternehmens und zum Firmenlogo. Mit großem Aufwand setzte man legendäre Produkte in Szene, fertigte Panoramabilder von den gewaltigen Produktionsstätten an, zeigte den Firmenchef mit gekrönten Häuptern und die Familie demonstrierte großbürgerliches Selbstverständnis. Alfred Krupp, der 1826 als 14jähriger die kleine, väterliche Fabrik übernahm, war nicht nur ein erfolgreicher Unternehmer, sondern auch ein begeisterter Pionier in Sachen Fotografie. Bereits 1861 gründete er eine „Photographische Anstalt“ und ließ den technischen Zeichner Hugo van Werden zum Fotografen ausbilden. Als einer der ersten erkannte Alfred Krupp den Wert und Nutzen der neuen Technik und setzte sie konsequent ein: zur Dokumentation, zur Öffentlichkeitsarbeit und zur wissenschaftlichen Forschung. Seine Werksfotografen wandten sich allen Bereichen des Unternehmens zu.

 

Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, 1910 (Jacob Hilsdorf)    Maßprüfer, 1961

Bertha Krupp von Bohlen und Halbach, 1910 (Jacob Hilsdorf) / Maßprüfer, 1961

 
Fotos zeigen Größe und ebnen den Weg zum Mythos
Kleine, silbern schimmernde Daguerreotypien zeigen Porträts von Alfred Krupp und seiner späteren Ehefrau Bertha Eichhoff mit ihren Eltern. Diese, in den Kindertagen der Fotografie entstandenen Bilder, gehören zu den ersten fotografischen Zeugnissen aus der Stahlindustrie. Großformatige Glasplattennegative aus den 1860er-Jahren lassen erahnen, wie viel technische und körperliche Anstrengung erforderlich war, um die ersten Bilder von Werksanlagen herzustellen. Zu den Höhepunkten der Ausstellung zählt ein acht Meter langes, weltweit einzigartiges 360°-Panorama der Essener Gussstahlfabrik aus dem Jahr 1867. Es wird zusammen mit einer Medienstation präsentiert, die verschiedenste Hintergrundinformationen liefert. Auf solchen Panoramen waren die Arbeiter zunächst nur belebende Staffage. Doch es gab auch schon früh Fotografien, auf denen sie voller Stolz ihre Werkzeuge und ihre Arbeit präsentierten, wie eine besonders eindrucksvolle Serie aus dem Jahr 1899 zeigt. Später, nach dem Zweiten Weltkrieg, rückten die Arbeiter als Charaktere in den Mittelpunkt der Bilder. Kantige Männer, geschickte Frauen, aufgeweckt blickende Lehrlinge verkörperten den Mythos Krupp. Während die Werksfotografie den Blick auf den „Kruppianer“ richtete, eröffneten in den 1950er-Jahren bekannte, externe Fotografen ganz neue Einblicke in das Unternehmen Krupp. Zu ihnen gehörten prominente Bildjournalisten wie Erich Lessing oder René Burri und seit den 1970er-Jahren Timm Rautert.

Familienbilder: Repräsentation und Schnappschuss
Auch die Familie Krupp ließ sich von renommierten Fotografen ablichten. Dabei wurde nichts dem Zufall überlassen, denn die Aufnahmen dienten der Repräsentation der Firma und der Inhaberfamilie. Sie wurden als Geschenke an Geschäftsfreunde und Verwandte weitergegeben, in Zeitschriften oder als Postkarten gedruckt. Doch die Ausstellung bietet auch den Gegenentwurf zur offiziellen Bildsprache: Schnappschüsse aus den Familienalben. Die Aufnahmen zeigen das Heranwachsen der Kinder, sportliche Ereignisse oder Reiseerlebnisse. Besonders Margarete Krupp und ihr Enkel Alfried Krupp von Bohlen und Halbach waren begeisterte Amateurfotografen.

 

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach mit Lehrlingen in der Radsatzwerkstatt, Essen, 1961

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach mit Lehrlingen in der Radsatzwerkstatt, Essen, 1961
 
 
Alfried Krupp von Bohlen und Halbach mit Lehrlingen, 1961

Alfried Krupp von Bohlen und Halbach mit Lehrlingen, 1961
 
 
28,8t-Dampfturbinenläufer, Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation, 1961

28,8t-Dampfturbinenläufer, Bochumer Verein für Gussstahlfabrikation, 1961

 
Weltbilder für den Salon
Fotografien waren lange Zeit eine der wenigen Möglichkeiten, sich ein Bild von der Welt zu machen. Die Familie Krupp sammelte in höchst ungewöhnlicher Breite Reisebilder. Vielfach überreichten ausländische Besucher ihr solche Schätze. Schon im 19. Jahrhundert besaß man Alben, die den Betrachter nach Japan und China entführten, nach Ägypten oder Kanada. Und so sind auch asiatische Teeverkäufer und kanadische Elchjäger in der Ausstellung zu sehen.

Fördern, bewahren, präsentieren
Heute setzt die gemeinnützige Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung die lange Fotografietradition des Hauses Krupp auf ganz neue Weise fort. Sie vergibt beispielsweise Stipendien für Fotografen und Museumskuratoren.

Dauerausstellung im Kleinen Haus der Villa Hügel
Einen umfassenden Überblick zur Geschichte der Firma und der Familie Krupp gibt die Historische Ausstellung Krupp im Kleinen Haus der Villa Hügel. Sie widmet sich auch den Aktivitäten der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.

Die Bilder und ihre Geschichte(n) – Begleitprogramm
Ein Begleitprogramm, bestehend aus vier Vorträgen, greift die Hauptthemen der Ausstellung auf und vertieft sie. Die Referenten sprechen über Porträtfotografie und frühe Herstellungsverfahren, über die Inszenierung von Industrie und die Blickweisen eines Künstlers mit der Kamera. Die Veranstaltungen am 5. Juli, 2. August, 4. Oktober und 8. November beginnen jeweils um 19 Uhr im Großen Haus der Villa Hügel Essen. Der Eintritt ist frei.

Das Buch zur Ausstellung: Das Begleitbuch zur Ausstellung „Krupp. Fotografien aus zwei Jahrhunderten“ ist im Deutschen Kunstverlag erschienen. Mit dem umfangreichen Band wird ein Querschnitt der Sammlung vorgestellt, der sowohl die Familie Krupp als auch die industrielle Welt der Firma einbezieht. Hardcover mit Schutzumschlag, 232 Seiten, rund 200 Abbildungen, 24,90€, ISBN 978-3-422-02308-6

Öffnungszeiten: 18. Juni – 11. Dezember 2011, Dienstag bis Sonntag 10.00 – 18.00 Uhr

Eintrittspreise für die Villa Hügel inklusive Park, Historische Ausstellung Krupp und Fotografieausstellung: Erwachsene 3 €, Kinder (bis zum 14. Lebensjahr) frei, Schulkassen in Lehrerbegleitung ebenfalls frei.
 
 
Ausstellung:
Krupp. Fotografien aus zwei Jahrhunderten
18. Juni bis 11. Dezember 2011

Villa Hügel
Haraldstraße
45133 Essen
 

(thoMas)
 

Versuchsanlage, 1962

Versuchsanlage, 1962