Alexander Rodtschenko: Umschlag für Wladimir Majakowskis Buch Pro Eto (Darüber), 1923Ungewöhnliche Perspektiven, harte Kontraste; abstrakte Wirkung – Alexander Michailowitsch Rodtschenko (1891–1956), Maler, Grafiker, Architekt und Fotograf, „stürmte“ in den 1920er Jahren die Fotografie. Damals wurde Fotografie neu gedacht, denn: „Experimentieren ist unsere Pflicht!“:

 

Foto Mikhail Kaufman: Alexander Rodtschenko in Arbeitskleidung, 1923

Mikhail Kaufman: Alexander Rodtschenko in Arbeitskleidung, 1923
Silbergelatine-Abzug, Neuabzug 40 x 30 cm, Privatsammlung
© Archiv Rodtschenko / 2011, ProLitteris, Zürich

 
 
Pressetext vom Fotomuseum Winterthur:

Alexander Rodtschenko – Revolution der Fotografie

28. Mai bis 14. August 2011
Fotomuseum Winterthur (Sammlungsräume)

Die Moderne hat die Fotografie zu sich selbst gebracht. Sie hat sie selbstbewusst gemacht und ihr Selbstvertrauen gegeben. Selbstbewusst, weil die Fotografie in den 1920er Jahren ihre eigenen Möglichkeiten und Qualitäten erkannte und entwickelte: ein forschendes Sehen der Welt, ein Erkunden der sichtbaren Wirklichkeit aus verschiedenen Perspektiven, direkt, klar, von oben, unten, hinten, vorne, aber ohne die Verweise auf den Fundus der Kunstgeschichte. Der russische Konstruktivismus ist wesentlicher Teil dieses großen Wandels. Im Jahre 1924 stürmte Alexander Rodtschenko (1891–1956), bereits bekannt als Maler, Bildhauer und Grafiker, die traditionelle Fotografie mit dem Wahlspruch „Experimentieren ist unsere Pflicht!“ Das Ergebnis dieser Eroberung war ein Neudenken des Begriffs Fotografie und der Rolle des Fotografen. Konzeptuelle Arbeiten hielten Einzug. Statt ein Abbild der Realität zu sein, wurde Fotografie ein Mittel der visuellen Darstellung geistiger Konstrukte und der Künstler wurde zum „Künstler-Ingenieur“.

Rodtschenko war weit mehr als ein dynamischer Bildermacher, mit immer neuen Manifesten versuchte er seine Ideen des russischen Konstruktivismus in die Welt hinauszutragen. Stürzende Bilddiagonalen, harte Kontraste, schräge Aufsichten sowie Bild- und Textcollagen sind gestaltende Elemente seiner Fotografie. Gemeinsam mit Alexander Rodtschenkos Texten bilden diese einen einzigartigen Beleg einer ungebrochenen künstlerischen Energie, die sich auch im typografischen Werk, seinen Plakaten, Einladungskarten und Publikationen manifestiert.
 

Foto Alexander Rodtschenko: Radiohörer, 1929

Alexander Rodtschenko: Radiohörer, 1929
Silbergelatine-Abzug, Vintage, 23,8 x 29,5 cm, Privatsammlung
© Archiv Rodtschenko / 2011, ProLitteris, Zürich
 
 
Foto Alexander Rodtschenko: Sucharewski-Boulevard, 1928

Alexander Rodtschenko: Sucharewski-Boulevard, 1928
Silbergelatine-Abzug, Vintage, 23,7 x 29 cm, Privatsammlung
© Archiv Rodtschenko / 2011, ProLitteris, Zürich
 
 
Foto Alexander Rodtschenko: Morgengymnastik auf dem Dach des Studentenwohnheims in Lefortowo, 1932

Alexander Rodtschenko: Morgengymnastik auf dem Dach des Studentenwohnheims in Lefortowo, 1932
Silbergelatine-Abzug, Vintage, 22,8 x 29,5 cm, Privatsammlung
© Archiv Rodtschenko / 2011, ProLitteris, Zürich

 
So arbeitete Rodtschenko Anfang der 1920 Jahre mit dem befreundeten Dichter Wladimir Majakowski an kühnen fotografischen Illustrationen für dessen Gedichtband „Pro Eto“, war bei der von Majakowski herausgegebenen Zeitschrift LEV (Linke Front der Künste) schon bald Mit- herausgeber und in den Jahren 1923/1924 für die Titelgestaltung verantwortlich. Er entwarf Plakatentwürfe zu Sergej Eisensteins Film „Panzerkreuzer Potemkin“ und wird 1925 beauftragt, für die Weltausstellung in Paris den sowjetischen Pavillon zu gestalten. In ganz Europa wird das experimentelle und innovative „Neue Sehen“ gefeiert, 1929 nimmt Rodtschenko an der bahn- brechenden Ausstellung des Stuttgarter Werkbunds „Film und Foto“ teil. Doch schon Anfang der 1930er Jahre wendet sich die Stimmung in Russland, Fotografie wird vom Staat zunehmend für dessen sozialistische Interessen instrumentalisiert. Rodtschenko muss sich für seine Fotografie „Trompetender Pionier“ wiederholt wegen „Formalismus-Verdacht“ rechtfertigen und weigerte sich dem Druck nachzugeben und seinen fotografischen Arbeitsstil den neuen Zeiten anzupassen.

Die Ausstellung wurde vom Moscow House of Photography Museum organisiert und von der Direktorin, Olga Sviblova kuratiert.
 
 
Ausstellung:
Alexander Rodtschenko – Revolution der Fotografie
28. Mai bis 14. August 2011

Fotomuseum Winterthur (Sammlungsräume)
Grüzenstrasse 44 + 45
CH-8400 Winterthur (Zürich)

Katalog:
Alexander Rodchenko – Revolution in Photography
Multimedia Complex of Actual Arts
Moscow House of Photography Museum
englischsprachig, mit deutschem Beiheft
224 Seiten, gebunden, 240 x 300 mm, Abbildungen in s/w und in Farbe
Preis: CHF 69.-
 

Alexander Rodtschenko: Umschlag für Wladimir Majakowskis Buch Pro Eto (Darüber), 1923

Alexander Rodtschenko: Umschlag für Wladimir Majakowskis Buch Pro Eto (Darüber), 1923
Tiefdruck, 22,9 x 15,2 cm, Privatsammlung
© Archiv Rodtschenko / 2011, ProLitteris, Zürich

 
Die vom Moscow House of Photography Museum organisierte und von dessen Direktorin Olga Sviblova kuratierte Rodtschenko-Ausstellung war vor gut zwei Jahren auch in Berlin zu sehen. Siehe dazu „Die Zukunft ist unser einziges Ziel“ – Alexander Rodtschenko in Berlin.
 

(thoMas)