Foto: Ralf JannkeAuch wenn der Nutzen hoher Sensorempfindlichkeiten oft in Frage gestellt oder gar ins Lächerliche gezogen wird – die Möglichkeiten faszinieren, wenn man’s denn mal ausprobiert. Hier Anschauungsmaterial zu den bis zu ISO 102.400 in Schwarzweiß der Nikon D5100:

Ich erinnere mich an Analogzeiten, wo darüber berichtet wurde, dass bestimmte Nachtaufnahmen Hamburgs aus einem Hubschrauber trotz höchstempfindlichen Films nur durch den zusätzlichen Einsatz des legendären 1,0/50 mm USM L von Canon möglich wurden. Oder an ein Schwarzweißfoto aus einem 24-Stunden-Autotest, zu dem mit Begeisterung vermerkt wurde, dass der Fahrer während der Nachtfahrt nur dank der eingeschalteten Innenbeleuchtung noch auf dem Foto zu erkennen war. Aufnahmematerial war der Kodak Recording 2475, dessen Nennempfindlichkeit von ISO 1000 durch Spezialentwicklung entsprechend gesteigert werden konnte.

Solche Situationen gelingen heute mit Einsteiger-DSLRs samt lichtstarkem Normalobjektiv, sofern der Bildsensor bis ISO 12800 zulässt. Wenn es ganz extrem werden soll, werden für den Preis einer Nikon D5100 (ca. 650 Euro) „magische“ ISO Ein-Hundert-Tausend in Schwarzweiß geboten. In Farbe wird es teurer, da braucht es Boliden wie Canons EOS 1D MK IV (ca. 4500 Euro) oder Nikons D3s (ca. 5000 Euro), die beide farbige ISO 102.400 erlauben (siehe Nikon D3s bei ISO 102.400/51° und Nikons D3s schwelgt in höchsten ISO-Dimensionen).

Auch wenn man in diesen Extrembereichen zumindest bei der Nikon D5100 den Begriff „Qualität“ nicht mehr verwenden sollte: allein das Vorhandensein der Möglichkeit lässt aufhorchen. Und wenn schon ISO 102400 geboten werden, will ich die auch mal testen und gelegentlich nutzen. Hier eine kleine Bilderauswahl, die die Möglichkeiten erkennen lässt:
 

Foto: Ralf Jannke

Aufnahme mit ISO 102.400
(Klick aufs Bild!)

 
 
Foto: Ralf Jannke

Keine „erkennungsdienstlichen” Probleme. Im Beispiel bis auf den einen Buchstaben unkenntlich gemacht.
 
 
Foto: Ralf Jannke

Aufnahme mit ISO 40.000
(Klick aufs Bild!)

 
 
Foto: Ralf Jannke

1:1-Ausschnitt aus einer ISO-40000-Aufnahme.

 
Die Bilder haben etwas Investigatives, ja Verbotenes. Wobei die Möglichkeit, (unbemerkt) Aufnahmen in der Dunkelheit zu fabrizieren, nicht neu ist. Arthur Felling, besser bekannt als „Weegee“ fotografierte in den 40er Jahren Liebespärchen oder im dunklen Kino auf Infrarotmaterial – siehe Weegee – Movie Theatres. Auch der Nightshot-Modus ist nichts Neues. Sony hat dieses Verfahren eingeführt, das Aufnahmen mit Foto- und Videokameras bei Dunkelheit ermöglicht. Siehe unter anderem: Nightshot. Beide Verfahren benötigen aber eine – natürlich unsichtbare – IR-Lichtquelle, was dann auch Aufnahmen bei absoluter Dunkelheit gestattet. Bei sogenannten Nachtsichtgeräten muss noch ein Rest von Licht vorhanden sein. Nicht ohne Grund spricht man ja auch von Restlichtverstärkern. Entsprechend braucht auch die Nikon D5100 einen Rest an Licht.

Ist der Nachtsicht-Modus aktiviert, nimmt die D5100 in Schwarzweiß auf und verstärkt die Sensorempfindlichkeit in Drittelstufen auf bis zu ISO 102.400. Wobei die ISO-Zahlen nirgendwo als Direktwert auftauchen. Bei der Bildwiedergabe auf dem Kameramonitor wird zum Beispiel angezeigt: EXP. MODE, ISO Hi 3.7 oder 2.7. Unter Nikon ViewNX2 ist zu lesen: ISO Sensivity: Auto (3,7 EV over 6400):
 

Screenshot D5100-Monitor

D5100-Monitor

 
Das trifft übrigens für alle „irregulären“ ISO-Werte jenseits der Nenn-Höchstempfindlichkeit von ISO 6400 zu. Hier die Gegenüberstellung von ISO-Werten und Anzeige:
 

ISO Anzeige
6400 6400
8000 Hi 0.3
10000 Hi 0.7
12800 Hi 1
16000 Hi 1.3
20000 Hi 1.7
25600 Hi 2
32000 Hi 2.3
40000 Hi 2.7
51200 Hi 3
64000 Hi 3.3
80000 Hi 3.7
102400 Hi 4

 
Dass ich die 4928×3264 Bildpunkte einer ISO-102400-SW-Aufnahme als 42×28 cm großen 300-ppi-Druck präsentiere, kann ich mir weniger vorstellen. Aber auf 1800×1200 Pixel runtergerechnet ergibt sich im 40er Raster (ca. 100 ppi) eines Tageszeitungsfotos, das mit 200 ppi kalkuliert wird, eine Druckgröße von 23×15 cm. Bei 150 ppi ließe sich für den Hausgebrauch 30×20 cm (A4) groß drucken oder belichten. Nehmen wir einen kleinen „Zweispalter“, der ca. 11 cm breit ist, genügen sogar rund 900 Pixel Bildbreite für den Paparazzo-Schuss. Hauptsache, es ist zu erkennen, worum es geht!

Der Nachtsicht- / Night-Vision-Modus der Nikon D5100 funktioniert übrigens nur in Verbindung mit Live-View und nicht besonders schnellem Autofokus. Außerdem ist P-Automatik fest eingestellt, die zudem selbst bei Einsatz des 1,8/35-AF-S-Nikkors trotz der hohen Lichtstärke nur ganz zögerlich über f/5,6 hinaus öffnet. Nur bei den Bildern in extremer Dunkelheit „quälte“ sich die Automatik auf f/3,2. Warum wird in diesen speziellen Fällen die hohe Lichtstärke nicht ausgenutzt? Die simple Zeitautomatik würde in diesem Fall alles richten … Vielleicht mal ein Firmware-Update?

Die hier gezeigten Bilder sollen der Anschauung dienen; sind keinesfalls von großem fotografischen Wert, doch in der Kürze der Zeit … Umso mehr freue ich mich auf den Urlaub. Und auf den Spaziergang nach Sonnenuntergang am Waldrand entlang zum Meer – immer auf der (meist vergeblichen) Jagd nach dem skandinavischen Elch.

(Ralf Jannke)